...i shouldn't have to

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Noch immer verwirrt von Vanessas Kuss, musste ich mir eingestehen, dass es mir gefallen hatte.
Ich sitze nun in meinem Zimmer in meinem Sessel und wollte eigentlich lesen, aber Vanessas Kuss schwebte durch meinen Kopf.
Diese lag schlafend in ihrem Bett und war im Land der Träume verschwunden.
Ich klappe Whitmans Grashalme zu und gehe zu meinen Wandspiegel. Ich starre mein Spiegelbild an und fahre über meine Lippen.
Mochte ich Emmas oder Vanessas Lippen mehr?
Emmas Lippen waren mir vertrauter, Vanessa war mir als Person eher wie eine Schwester.
Verdammt, ich musste Emma das erzählen. Aber dann würde Vanessa mich hassen.
Ich müsste erstmal mit ihr reden, dann mit Emma.
Aber ich will keine von beiden verlieren, was sollte ich bloß tun?

Nach einigem Anstarren meines Spiegelbildes lege ich mich ins Bett. Emma hatte jemanden verdient, der sie aufrichtig liebt. Und ich liebe sie. Aber Vanessa. Und der Kuss, irgendwie fühlte er sich richtig und irgendwie falsch an. Was sollte ich tun?

Vanessas P.O.V.

Mein Kopf drückte. Als ob mein Gehirn gleich platzen würde. Ich linse auf meinen Wecker, 2:26 Uhr. Ach du scheiße. Ich drehe mich auf den Rücken und starre zur Decke.
Ich hatte Leo geküsst. Und obwohl es so kurz gewesen ist, wusste ich, dass ich mehr wollte. Aber das durfte sie nicht wissen. Ich sollte lieber sagen dass ich das nicht wollte und es mir Leid tat. Ja genau, das würde ich ihr sagen.
Ob sie wohl darüber nachdachte?
Oder war ihr der Kuss egal?
Inständig hoffte ich, dass sie durch den Kuss nun gemerkt hatte, dass sie mich liebte und dann Emma verließ, aber das würde niemals passieren.
Mir liefen einige Tränen die Wange runter. Ich fühlte wieder diesen stummen Schmerz. Genau wie damals, als mein Vater mich schlug. Diesen Schmerz gegen den keine Tablette ankam sondern nur die Umarmung einer Person, die diesen Schmerz auslöste. Eigentlich schon verrückt, dass dir Menschen die uns am meisten bedeuten, uns am meisten verletzen können.
Ich schließe meine Augen und fühle weitere Tränen über meine Wange rollen, bis ich wieder einschlafe.

Das Gefühl von einer Hand an meiner Schulter weckt mich erneut.
Ich öffne langsam meine verheulten Augen. Leo stand vor mir, es war noch immer dunkel.
"Vanessa, rutsch mal.", sagt sie leise.
Ich komme ihrer Bitte nach und rutsche weiter zur Wand.
Leo legt sich vor mich und schaut mich liebevoll an. Ich versuche zu verstehen was sie wollte.
"Vanessa, wie geht es dir?", fragt sie nun und legt ihre Hand auf meinen Oberarm.
Ich ziehe meine Rotze hoch und schaue dann weg.
"Hey, Vanessa. Lass uns reden. Bitte."
Leo klingt so liebevoll, doch trotzdem habe ich Angst was jetzt folgt.
Ich schaue ihr wieder ins Gesicht. Wartend.
"Erinnerst du dich was gestern passiert ist?", fragt sie mich dann.
Ich nicke vorsichtig.
"Wieso hast du mich geküsst? Was wolltest du bezwecken?"
Das war die Frage, dessen Antwort sie gar nicht hören wollte.
"Ich weiß es nicht. Ich war betrunken und hab dumme Sachen gesagt und getan. Es tut mir Leid.", flüstere ich kraftlos.
Leo greift nach meiner Hand und drückt sie.
"Ich weiß nicht wieso, aber auf eine schräge Art und Weise hat es mir gefallen. Ich weiß aber gar nicht, was ich fühle.", sagt sie dann nach einer langen Pause.
Ich sah in Leos Augen.
Log sie? Nein. Sie war verwirrt. Das erkannte ich sofort. Gott, wie gerne will ich sie wieder küssen. Aber ohne ihr Einverständnis mache ich gar nichts mehr.
"Was willst du jetzt machen? Hast du es Emma gesagt?", erkundige ich mich vorsichtig.
"Nein, ich hab es ihr noch nicht gesagt. Ich weiß aber auch gar nicht wie ich ihr das beibringen soll."
Jetzt klang sie zerbrochen.
Ich schluckte. Mein Puls stieg, ihre Hand die meine drückte löste in mir den Drang aus. Den Drang sie zu packen und sie zu küssen. Ich wollte sie an mir spüren.
"Was soll ich tun?", frsge ich dann.
Leo zögert wieder. Sie lässt meine Hand los und streicht mir stattdessen über das Gesicht.
"Wenn ich das bloß wüsste.", haucht sie.
Leo war so attraktiv. Wieso habe ich es nie früher bemerkt? Wieso erst dann, wenn sie vergeben ist?
Leo starrt auf meine Lippen und streicht über die Konturen.
Dann beugt sie sich vor und küsst mich sanft. Sofort ziehe ich sie zu mir. Ihre weichen Lippen auf meinen, ein kleines Feuerwerk in mir explodierte. Leo packt mein Gesicht und küsst mich intensiver. Als würde sie es ausprobieren wie ich schmeckte und wie ich mich anfühlte. Aber das war mir egal. Sie durfte alles ausprobieren was sie wollte. Solang sie es jetzt tat.
Ich hatte meine Hände auf ihren Hüften und wusste nicht, was ich mit ihnen anstellen sollte. Leo hörte langsam auf und verharrte noch einen Moment, ehe sie sich wieder zurücklehnte und mich ansah. Ich ließ meine Augen geschlossen, ich wollte diesen Moment nicht loslassen. Ich wollte ihn für immer so festhalten.

"Du küsst gut.", bemerkt sie leise.
Ich lächle.
"Du fühlst dich wundervoll an.", gebe ich genauso leise zurück. Schüchtern sah ich sie an. Sie grinste und lehnte ihren Kopf an meinen.
"Ach Vanessa.", murmelt sie dann.
Ich lege meine Hand auf ihre Wange. Langsam fahre ich mit dem Zeigefinger über ihre Gesichtshälfte. Zum Schluss umkreise ich ihre Lippen und küsse dann ihre Stirn.
"Ach Leo.", murmel ich ebenfalls.
Und dann schlafen wir ein. Aber nicht lang. Um 6:45 Uhr klingelt mein Wecker.

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Soo, ich spreche euch nochmal an, die Geschichte neigt sich dem Ende.

Was denkt ihr, Emma oder Vanessa?

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