love doesn't mean the same thing to everyone

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Dienstag Morgen. Müde schleppe ich mich runter ins Bad und mache mich fertig. Das kalte Wasser in meinem Gesicht lässt mich etwas wacher werden. Leo hat sich gestern Abend nur einmal kurz gemeldet, um mir eine Gute Nacht zu wünschen. Ich würde ihr so gerne helfen, aber konnte es nicht. Und Vanessa war auch keine so große Hilfe. Egal, heute würde Frau Missall Leo zu sich rufen und mit ihr reden. Hoffentlich würde das was ändern.
Und mit dieser Hoffnung machte ich mich fertig für die Schule, frühstückte etwas und fuhr dann los.
Vor dem Lehrerparkplatz stand Frau Missall, die sich gerade eine Zigarette ansteckte.
Ich parke meinen Wagen ein und gehe dann vollkommen entspannt zu der blonden Frau rüber.
"Guten Morgen Frau Missall!", begrüße ich sie.
"Oh, guten Morgen Emma, wie geht's dir?", fragt sie und pustet den Rauch aus ihren Lungen.
"Gut, danke der Nachfrage.", antworte ich und hole ebenfalls eine Zigarette aus meiner Jacke.
Frau Missall schaltet sofort und hält mir ein Feuerzeug hin. Dankbar grinse ich und ziehe an meiner Zigarette.
"Du weißt, dass Zigaretten schädlich für die Lunge sind und gerade in deinek Alter überhaupt nicht gut für die Entwicklung ist?", fragt sie dann.
"Ja, allerdings wissen Sie das genauso gut und ändern nichts, oder?", frage ich neckend.
"Okay. Erwischt. Lassen wir den Vorbildsfunktionsquatsch. Ich versage auf jeglicher Linie.", gibt sie zu und lächelt.
Ich grinse ebenfalls und rede noch mit ihr, bevor ich zum Unterricht gehe.

Leos P.O.V.
Es ging mir einfach miserabel. Ich wollte niemanden sehen, mit niemanden reden und einfach zuhause in meinem Bett liegen. Vielleicht Musik hören, aber mehr auch nicht. Ich war müde, aber schlafen konnte ich nicht.
Die ersten beiden Schulstunden verliefen ruhig, in der Pause schloss ich mich wieder auf dem Mädchenklo ein um niemanden sehen zu müssen.
In der dritten Stunde hatte ich Mathe. Meine Lehrerin hatte heute einen richtig schlechten Tag und rief nach einander einige Schüler auf, ohne Taschenrechner zu dividieren. Ich bekam langsam Angst. Ich war nicht die beste in Mathe und war froh, wenn ich die Formeln richtig anwenden konnte, aber ohne Taschenrechner 388 geteilt durch 13? Nie im Leben.
"Leonie! Weißt du die Antwort?", fragt man mich dann auch schon. Erschrocken zucke ich zusammen und schaue angsterfüllt in das grimmige Gesicht meiner Lehrerin.
"Leonie Krüger bitte einmal zur Vertrauenslehrerin im Erdgeschoss. Wiederhole, Leonie Krüger bitte einmal ins Erdgeschoss!", zetert die Stimme aus den Lautsprechern über der Tafel.
Schulterzuckend sah ich meine Mathelehrerin an und stand auf.
"Glück gehabt.", knurrt diese und wendet sich dem nächsten Opfer zu.
Möglichst leise schließe ich die Klassenzimmertür hinter mir und eile nach unten. Egal was jetzt kommt, es war besser als was gerade in Mathe stattfand.
Unten angekommen, suchte ich das Büro des Vetrauenslehrers, schwierig wenn man nicht wusste wo man suchen sollte. Doch mir kam die junge blonde Frau bereits entgegen.
"Leonie?", fragte sie mich und streckte mir ihre Hand entgegen.
"Nur Leo. Aber ja."
Freundlich schüttelte sie meine Hand und zeigte den Weg zu ihrem Büro an.
"Wie geht es dir Leo?", fragt sie und hält mir die Tür auf.
"Gut, danke der Nachfrage. Und Ihnen?"
"Auch gut, danke. Setz dich ruhig.", sagt sie und deutet auf den Ledersessel. Er sag wirklich bequem aus.
Seufzend lasse ich mich also nieder, in den wirklich sehr bequemen Sessel und schaue dann die blonde, sehr hübsche Frau, fragend an.
"Ich bin Frau Missall, du kannst mich aber in meinem Büro Jana nennen. Möchtest du mit mir über irgendwas reden, was dich eventuell bedrückt oder was dir nicht so zusagt wie du es dir gewünscht hättest?", fragt sie mich dann aus heiterem Himmel.
"Äh wie bitte?", frage ich komplett neben der Spur.
In meinem Kopf ratterte es, hatte Emma mir nicht von einer Vertrauenslehrerin erzählt?
"Naja, ob du zuhause Probleme hast, oder ob du eventuell Sorgen hast über die du mit niemandem reden willst?", fragt Frau Missall erneut.
Hatte Emma mit ihr über mich geredet?
"Wie kommen Sie denn darauf?", entgegne ich kalt.
"Naja, wenn man deine Art und dein Verhalten innerhalb der Schule studiert, fällt einer ausgelernten Psychologin so etwas auf.", erklärt sie.
"Achso. Was haben Sie denn so beobachtet?", frage ich weiter. Ich will wissen ob Emma diese Frau verschickt um mich auszufragen.
"In den Pausen gehst du nicht mehr raus, man hat mir schon mitgeteilt dass du eine von den Schülern bist, die sich auf den Klos einsperren. Dazu warst du vor kurzem erkrankt, obwohl du keinerlei Symptome hattest. Sowas fällt mir auf.", erläutert Frau Missall.
"Aha. Nur weil ich momentan lieber alleine meine Pausen verbringe, bin ich direkt bedrückt oder wie muss ich das verstehen?", langsam werde ich sauer. In mir fängt es an zu brodeln und mir wird ganz heiß.
"Leo, ich habe von deiner Freundin mitbekommen wie sie sich um dich Sorgt. Und ich möchte euch beiden nur helfen. Sie hat mir erzählt dass du sie teilweise ignorierst und ihr aus dem Weg gehst, nach der Schule nicht auf sie wartest und direkt nach Hause fährst. Wieso redest du nicht mit Emma?", fragt Frau Missall mich gerade heraus.
"Wieso redet Emma mit Ihnen über mich?", frage ich mit bebender Stimme. "Dazu hat sie kein Recht. Was hat sie erzählt?"
Ich wusste dass mein Gesicht jetzt hochrot anlief und mir Tränen in die Augen stiegen, das war mir jetzt aber egal.
"Leo, beruhigt dich. Ich habe Emma nach der Schule traurig angetroffen, daraufhin haben wir uns nett unterhalten und dann erzählte sie mir von euch. Und dir. Sie erzählte mir dass du depressiv bist und auch Suizidgefährdet bist, da muss ich nun mal handeln, als Schultherapeutin."
Das war genug. Ich stand hektisch auf und griff nach meinen Sachen.
"Nein. Ich will das nicht. Emma hätte das nie erzählen sollen! Ich habe ihr das im Vertrauen gesagt!"
"Leo! Beruhigen dich doch!", versucht Frau Missall mein Gemüt abzukühlen.
"Nein!", rief ich noch außer mir und verließ dann panisch den Raum. Ich rannte zum Ausgang und dann zum Bus. Erst als ich im Bus saß, flossen die Tränen über die Erkenntnis, dass Emma mein Vetrauen missbraucht hatte. Und viel schlimmer weinte ich über den Scham, den ich empfand. Ich schämte mich abgrundtief dafür, wie ich mich fühlte, als Frau Missall mir eben sagte dass ich Depressiv bin. Genau aus diesen Gründen war ich nie zu einer Therapie gegangen. Um dieses Gefühl nie wieder fühlen zu müssen.
Ich schaltete mein Handy aus und fuhr nach Hause. Dort legte ich mich ins Bett und alles um mich herum verschwomm in den Tränen, die aus meinen Augen kullerten.

Ocean EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt