bad news and good news

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Weihnachten war schon vorbei, Vanessa hatte die ganze Zeit bei uns verbracht, ihre Eltern vermissten sie nichtmal.
Emma war am 23.12. wieder nach Hause gefahren und blieb dort bis heute. Heute war Silvester. Mama war einkaufen, es gab später Raclette. Vanessa war mitgegangen um zu helfen. Ich hoffte inzwischen inständig, dass Emma und ich nochmal in Ruhe reden könnten. Seitdem sie mir erzählt hatte, dass sie öfter bei Frau Missall gewesen war, bin ich auf Distanz gegangen. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Es ist und war illegal.
Seufzend ziehe ich mich an. Ich wollte Emma gleich am Auto abholen, wenn sie geparkt hat. Sie war bereits auf dem Weg, ich hoffte, es ging ihr gut. Sie hatte mir nichts über zuhause erzählt. Also entweder war nichts mehr geschehen oder sie hatte es nicht erwähnt.
Ich ziehe meine Mütze auf und gehe langsam die Treppen runter. Es war kalt draußen, aber es lag kein Schnee mehr.
Die Bäume waren kahl, die Büsche durchsichtig, so ohne Blätter.
Ich starre auf die Straße, es glitzerte an manchen Stellen.
Nachdenklich stecke ich meine Hände in die Taschen und senke meinen Kopf. Ich lausche, woher ein Auto kommen könnte. Es war so still, nur der Wind wehte manchmal kurz.
Da höre ich den Porsche-Motor gröhlen. Elegant und fix parkte Emma den wunderschönen Wagen in der Parklücke.
Motor aus - Tür auf - Gustav sprang mir entgegen. Ich begrüßte ihn liebevoll.
Emma stieg aus, sie sah nicht so glücklich aus.
"Hey!"
Ich versuche ihr gut gelaunt entgegen zu treten, um sie möglichst abzulenken.
"Wir müssen reden.", sagt sie und schaut mich traurig an.
Ich merke wie ernst ihr das ist und schlucke.
"Okay. Willst du spazieren gehen?", biete ich an.
Sie nickt und holt Gustavs Leine aus dem Wagen. Dann gehen wir in Richtung Stadtgarten.
Emma ist sichtlich nervös, sie weiß nicht wohin sie ihre Hände tun soll oder wohin sie schauen soll.

Im Stadtgarten angekommen seufzte sie leise auf.
"Emma, was ist denn los?", frage ich schließlich, nachdem ich mir bereits den Kopf zerbrochen habe.
"Leo-, ich-, also-", stotterte sie. Emma bekam keinen richtigen Satz hin.
Ich griff nach ihrer Hand und drückte sie.
Der in mir angestaute Chaos war wie weggeblasen. Alles was ich wollte, war Emma. Ich wollte sie nicht verlieren. Niemals.
"Egal was es ist, du kannst mit mir reden. Über alles.", sage ich bestärkend.
Emma nickt. Sie sah aber nicht glücklich aus.
Wir sitzen eine Weile nebeneinander und schauen Gustav zu, wie er über die Wiese tollt.
"Okay, Leo? Meine Eltern werden sich trennen und ich weiß nicht was ich tun soll. Ich habe Weihnachten in meinem Zimmer verbracht und war an den Feiertagen bei Frau Missall, sie hat mich aufgenommen, um mich abzulenken."
Als sie meinen Blick sieht, fährt sie fort.
"Jana, also Frau Missall, sie lenkt mich gut ab und mit ihr konnte ich reden, sie versteht mich so gut. Du brauchst nicht eifersüchtig oder sonstwas sein, nur rede ich gerne mit ihr über diese Dinge. Sie kann mir Tipps geben und mich ablenken."
"Und ich lenke dich nicht gut ab?", frage ich leise.
"Doch doch, nur über solche Dinge, diese Probleme, da rede ich lieber mit Jana drüber. Ich weiß nicht, das fühlt sich besser an. Du redest doch auch mit Vanessa lieber über manche Sachen als mit mir, oder?"
Verständnisvoll nicke ich.
"Aber es ist doch für Frau Missall illegal, oder nicht?", frage ich vorsichtig.
"Ja, aber wir haben ja keine körperliche Beziehung. Sie unterstützt mich ja nur und versucht zu vermitteln.", weicht Emma aus.
Ich nicke langsam. Vielleicht hatte sie ja Recht.
"Ich würde es schön finden, wenn du vielleicht mal mitkommst.", bietet Emma an.
"Du, nettes Angebot, aber macht das mal alleine. Solang es dir gut tut und da nichts weiter passiert, ist es für mich okay.", sage ich und drücke ihre Hand.

Wir bleiben noch eine Weile im Park, ehe wir zurück gehen. Gustav ist ganz schön ausgepowert, nachdem wir noch Stöcke geworfen haben, die er zurück gebracht hatte.
Es fühlte sich zwar immernoch komisch an, zu wissen dass Emma lieber mit Frau Missall über gewisse Dinge redete als mit mir, ihrer Freundin, aber damit musste ich leben.

Mama und Vanessa sind bereits wieder da, sie stellen schon den Raclette-Stein auf den Tisch.
"Heyo! Emma! Alles gut?", fragt Vanessa gut gelaunt. Mama grinst uns alle an.
"Hey Vanessa. Bei mir ist alles gut, bei dir?"
Emma stellt sich glücklich. Ich merke es ihr an.
Mama begrüßt Gustav, nimmt ihm das Halsband ab und stellt eine Schüssel mit Wasser auf den Boden. Sofort schleckt Gustav etwas Wasser auf.

Ich helfe die Einkäufe auszuräumen und höre den anderen zu. Alle reden miteinander, keiner ist unglücklich oder hat, in diesem Moment, Probleme. Ich lächel vor mich hin, gebe Gustav eine Rolle Kochschinken. Nach und nach wird diese 'Küchenparty' ins Wohnzimmer verlegt, Mama und Vanessa stießen mit Weißwein an, ich und Emma hingegen mit Cola.
Kurz bevor der schöne entspannte Abend losgehen sollte, ergriff meine Mutter das Wort.

"So, Mädchen. Eigentlich alle meine Mädchen, nicht wahr? Zu aller erst möchte ich mich für das schöne letzte Jahr bedanken, Vanessa und Leo, der Roadtrip mit euch im Juni war wirklich perfekt. Emma, du bist erst seit dem Herbst in unserer Mitte, aber du gehörst dazu. Ich bin so froh, dass ihr euch um euch gegenseitig kümmert. Wenn in der Schule was passiert, stärkt ihr gegenseitig den Rücken des anderen. Ich finde es wirklich schön, wie eure Freundschaft sich entwickelt hat."
Mamas Augen strahlen, nein, sie funkeln regelrecht.
"Und ich und Vanessa wollen euch verkünden, dass ich Vanessa adoptieren werde."
Gespannt schaut sie erst mich, dann Emma an.
"Hä warte was? Das ist ja klasse!", sage ich als erste und falle um Vanessas Hals. Diese hat angefangen zu weinen.
"Glückwunsch!", stammelt Emma sprachlos.
Mama umarmt mich und Emma und schließlich auch Vanessa, diese wischt sich die Tränen weg.
"Das heißt aber auch, dass wir bald umziehen. Damit jeder von euch ein eigenes Zimmer hat. Weil ich wurde nämlich befördert und verdiene endlich mehr!", sagt Mama mit glänzenden Augen.
"Mama! Wann ist das alles geschehen?", frage ich total baff.
"Manchmal gibt es doch Weihmachtswunder.", flüstert Emma.
"Naja, es wurde eine neue Stelle frei, in der Verwaltung, ich habe mich einfach beworben. Beim Vorstellungsgespräch habe ich den Herr Kunz kennengelernt, und er fand mich anscheinend so gut, dass ich befördert wurde. Ab jetzt arbeite ich Montags bis Freitags von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Ich habe eine einstündige Mittagspause und 10 Tage mehr Urlaub pro Jahr. Dazu natürlich der viele Lohn mehr pro Monat.", erzählt meine Mutter überglücklich.
"Und der Herr Kunz hat deine Mutter ganz schön gut gefunden!", wirft Vanessa ein und zwinkert mir zu.
"Was? Wie meinst du?", frage ich sofort nach.
Emma sitzt dazwischen und hört zu.
"Er hat sie zu einem Date eingeladen.", sagt Vanessa zu mir gewandt, im Hintergrund kichert meine Mutter und läuft rot an.
"Wann? Wo?"
Es war ein richtiger Mädelsabend. Wir tranken alle ab einem Punkt Wein, begannen den Raclette-Stein zu nutzen und aßen, während wir diverse Filme sahen.
Um 23:50 Uhr gingen wir raus auf die Straße, mit Sektgläsern in den Händen und Silvesterraketen. An den Raketen waren Zettel, mit unseren Wünschen für das kommende Jahr. Auf meinem Stand nur ein Name; Emma.

Und da war der Moment. Alle zählten runter. Überall hörte man bereits Raketen hochfliegenden und explodieren, Autos Hupen, Menschen jubeln.

0:00 Uhr

"FROHES NEUES JAHR!"
Mama und Vanessa jubelten, stießen an und tranken den Sekt. Ich sah Emma an, sie sah nachdenklich aus.
"Frohes neues Jahr, Emma. Auf ein neues und besseres. Ich liebe dich.", flüsterte ich ihr ins Ohr.
Sie lächelte kurz und nickte. Dann stießen wir mit meiner Mutter und Vanessa an, zündeten unsere Raketen an und schauten ihnen zu, wie sie in die Höhe schnellten.

Dieses Jahr musste gut werden. Emma sollte es besser gehen und mir auch. Vanessa würde es jetzt auch besser haben und meine Mutter doch auch. Oder nicht?

Ocean EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt