Kapitel 23
Elija
Er war abgelenkt, dass konnte er kaum leugnen, aber er hatte gelernt, diese Tatsache, wenn nötig, vor dem Rest der Welt zu verbergen. Als Melody sich an ihn lehnte und ihm dieser leichte Duft, den er von Anfang an nur mit ihr identifizierte, wahrnahm, rumorte es in seinem Inneren und irgendwo in seinem Hinterkopf wusste er, dass er diesem nicht mehr lange widerstehen konnte. Melody war verführerisch. Eine verbotene Frucht, die ein Mistkerl wie er einer war, unbedingt haben musste. Aber damit konnte er sich jetzt nicht befassen und sie sorgte selbst dafür, dass er sich wieder auf das wesentliche konzentrieren konnte.
Melodys Worte waren wie ein Kübel Eiswasser für seinen Verstand und plötzlich funktionierte seine Beobachtungsgabe wieder einwandfrei. Etwas, was seit dem Eintreten hier nicht mehr richtig hingehauen hatte. Zorn, Sorge und das Gefühl der Machtlosigkeit hatten sich in einem Strudel aus Emotionen immer wieder gegenseitig befeuert. Elija hasste es so sehr die Kontrolle zu verlieren! Selbst, wenn er dazu in der Lage war es vor anderen zu verbergen. Niemand durfte je erfahren, wie es in seinem Inneren wirklich aussah, deswegen hatte er sich immer vorgenommen, Melody nicht zu nahe an sich heranzulassen. Sie wühlte zu viel in ihm auf und nun stellte er fest, dass das nicht nur daran lag, dass sie ihn an seine Schwester erinnerte. Melody war wie ein Sturm vor zwei Jahren über ihn aufgezogen und brachte seitdem die Mauern ständig zum Schwanken, die er so stolz und mit eisernen Willen um sich herum erbaut hatte.
Aber es ging auch anders herum, wie sie gerade bewies. Kaum war er einmal wegen etwas anderem aufgewühlt, war sie es auch, die ihn zu erden schien. Als würde sie es nicht zulassen, das etwas anderes, als sie selbst, ihn verwirrte und an seinen Mauern rüttelte. Als wäre es ein Privileg, das sie nur sich selbst zugestand und alles andere bekämpfte. Als würde sie ihr Revier markieren.
Elija hasste es, das er auf diese Weise von ihr beherrscht wurde und dabei war es ihm egal, ob sie das bewusst tat oder nicht: Niemand besaß ihn, niemand kontrollierte ihn! Er war es, der seine Umgebung kontrollierte und nicht umgekehrt!
Dennoch zeigten ihre Worte Wirkung.
>>Waffe. Linke Hand.<< hatte sie gesagt und sein Verstand setzte in diesem Moment auf einen schlag alle Puzzleteile an den richtigen Platz und er lächelte. Sein Onkel wollte ihn also umringen, wenn sein Sohn Mischa versagte? Vor den Augen seines Großvaters? Markurio mochte ein mieser Bastard sein, aber er verteidigte die Traditionen mit eiserner Faust und Verwandte wurden nicht getötet.
Zwar könnte man anbringen, dass Elijas Onkel Nikolaus ziemlichen Ärger bekommen würde, wenn er Elija einfach erschoss, aber das würde nichts an der Tatsache ändern, das Elija tot wäre und sein Sohn damit automatisch in die Nachfolge rutschte. Doch das klappte nur so lange, wie Nikolaus den Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte und das hatte er nicht mehr. Weil Melody die Waffe gesehen hatte.
„Ich merke schon, es macht kaum einen Unterschied, ob deine dämliche Aktion mit der Schmuggelware Erfolg hatte oder nicht. Dein Vater wird dafür sorgen, dass du diesen absolut dämlich Test, der hier veranstaltet wird, bestehst. Oder warum hältst du in einer absolut kontrollierten Umgebung eine Waffe in der Hand, Onkel Nikolaus?", fragte er und kaum hatte er das gesagt, richtete sich der Blick seines Großvaters auf seinen Sohn, der für eine Sekunde zu überrascht war, um zu realisieren, dass er entdeckt wurde. Melody sei Dank.
Mischa starrte seinen Vater an, wollte etwas sagen, doch da hatte sich Markurio bereits erhoben, nach dem Arm seines Sohnes gegriffen und seine Hand samt Waffe aus der Verborgenheit des Tisches geholt. Dann holte er aus und der alte Mann schlug Nikolaus kräftig mit dem Handrücken ins Gesicht. Dennoch verletzte es Nicolas Stolz mehr als sein Gesicht.
Elija lachte leise und ziemlich humorlos auf, erhob sich und richtete seinen Anzug, als hätte er alles erledigt, was es zu erledigen galt.
„Du wagst es? Hast du den Verstand verloren? Wir treffen hier Familie! FAMILIE! Bedeutet dir das überhaupt etwas Nikolaus? Eine Schande ist das!", fauchte Markurio und war so damit beschäftigt seinen Sohn anzuschreien, dass Elija beschloss die Gelegenheit zu nutzen. Er hielt Melody seine Hand hin, ohne Mischa aus den Augen zu lassen und war froh, dass diese sonst so störrische Frau danach griff, als wäre es das normalste der Welt, und sich von ihm auf die Füße ziehen ließ.
„Danke für deine Gastfreundschaft, Großvater. Tu mir doch einen Gefallen und lade mich erst wieder zu deinen Spielchen ein, nachdem du sichergestellt hast, dass auch die anderen Mitspieler die Regeln verstanden haben. Bis dahin ... fahr zur Hölle.", meinte er und legte eine Hand auf Melodys Hüfte, um sie an seine Seite zu ziehen. Es musste unmissverständlich klar werden, dass niemand sie anzufassen hatte!
Dann nickte er Mischa mit einem leicht herablassenden Blick zu und verabschiedete sich damit. Sein Großvater beobachtete das, konnte aber nichts mehr sagen.
Das unsichere Umfeld, das trotz Markurios Zusicherung nun entstanden war, gab Elija nun jedes Recht zu gehen. Markurio hatte sein Wort nicht gehalten und nun konnte er ihn auch nicht aufhalten. Elija ging, ohne aufgehalten zu werden an den Tischen vorbei in Richtung Ausgang, doch als er wieder diesen Cop sah, konnte er nicht anders. Er machte sich von Melody los und beschloss diesem Dreckskerl eine Lektion zu erteilen.
Er ging auf ihn zu, packten seinen Kopf und schlug den selbigen einmal so hart auf die Tischplatte vor ihm, dass ein unschönes Knirschen durch den Raum ging und das Blut nur so aus der Nase des gekauften Mistkerls spritzte. Der Cop heulte auf und fiel fast über seinen Stuhl, als er zu Boden ging. Elija verzog nicht einmal eine Miene. Er sagte auch nichts, ging nur zurück zu Melody, die etwas blass um die Nase war und ihn erschrocken anblickte, bevor sie sich fing und sich von ihm nach draußen bringen ließ.
Draußen schwieg sie immer noch und Elija hatte jetzt auch nicht vor ein Gespräch anzufangen, selbst wenn er sich – wie bereits seit zwei Jahren – fragte, was in ihrem hübschen Kopf vor sich ging. Sie würde ihn zweifellos selbst ansprechen, sobald sie dazu bereit war dieses Gespräch zu führen. Stattdessen machte sie sich von ihm los, wandte sich aus seinen Griff und zog ihr Handy aus ihrer Handtasche.
„Was machst du da?", fragte er und sie wollte ihm offensichtlich nicht antworten. Sah ihn nur mit finsterer Miene an, als könnte ihn das zum Schweigen bringen. Dann kam sie von selbst zu dem Schluss, dass sie ihm antworten musste.
„Mir ein Taxi rufen. Ich bin müde und will nach Hause", gab sie dann nach einer Weile widerwillig von sich. Elija griff nach ihrem Telefon und ließ es in die Innenseite seiner Jacketttasche gleiten.
„Ich stehe da vorne mit dem Wagen. Nicht nötig, dass du ..."
„Ich fahre nicht ins Noir, Elija! Ich will zu meinem Appartement und bin immer noch sauer auf dich, wegen dem Mist den du diesen Abend mit mir abgezogen hast. Das hier", sie machte eine Geste Richtung des Restaurants, „Ändert nichts daran.", sagte sie und hielt Elija die offene Handfläche hin, als erwartete sie tatsächlich, das er ihr das Handy zurückgab.
Das würde er nicht. Diese Nacht war nicht nur für sie absolut aufwühlend gewesen. Ihm ging es nicht anders und alleine der Gedanke, sie alleine in ihr Apartment in der Innenstadt zu lassen, sorgte dafür, dass sich ihm der Magen umdrehte.
Ohne wieder herumzudiskutieren, ergriff er – vielleicht etwas zu fest – ihr Handgelenk und zog sie mit sich zu seinem Wagen. Sie knurrte etwas was er nicht verstand, ließ es aber ohne große Gegenwehr mit sich machen. Elija war klug genug um zu wissen, dass sie das nicht tat, weil sie tatsächlich freiwillig mit ihm mitkam, sondern nur, weil sie den Männern im Restaurant hinter ihnen, die sie sicherlich beobachteten, keine Szene liefern wollte. Dennoch war Elija Arschloch genug das für sich zu nutzen. Vielleicht hätte er einfach dafür sorgen sollen, dass sie in ein verdammtes Taxi stieg, aber er konnte nicht. Er konnte sie nicht noch einmal gehen lassen, sodass sie ihm noch einmal gestohlen werden konnte.
Beta: Geany
DU LIEST GERADE
Hurt me deep, Darling - Seven Sins
RomanceSeit zwei Jahren arbeitet Melody bereits als Mädchen für alles, in Eijas Erotik-Club Noir und hätte niemals damit gerechnet rausgeschmissen zu werden. Doch er hat es getan. Ihr Boss hatte sie entlassen, aber das ist kein Grund aufzugeben, weder den...