Mauern

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Kapitel 16

Melody

Sie lehnte sich zu Elija vor und konnte förmlich dabei zusehen, wie seine Selbstbeherrschung langsam aber sicher in die Brüche ging. Dennoch hatte er die Nerven, sie mit diesem teuflisch, sexy Lächeln anzusehen, dass immer etwas spöttisch wirkte, bevor er sich aus ihrem Bann befreite und sich einfach wieder auf die Sitzfläche fallen ließ.

„Ganz sicher nicht", sagte er, griff nach einem Glas und wollte es gerade austrinken, als Melody nach vorne schnellte und selbst danach griff. Der Mann hatte für heute genug getrunken und sie wollte, dass er halbwegs nüchtern war, wenn er über sie herfiel. Damit er sich danach nicht einreden konnte, es wäre nur der Alkohol gewesen. Der Schock, den er bekommen hatte, als er Trisha geküsst hatte, hatte bereits seinen Beitrag dazu geleistet. Aber es reichte nicht um den Rausch von seinem Verstand fernzuhalten. Leider, dabei hatte der Anblick sie selbst ganz kurz vollkommen aus dem Konzept gebracht. Elija dabei zuzusehen wie er eine andere Frau küsste, schmerzte, egal ob er dachte, es wäre sie oder nicht. Gefühle waren eben irrational.

Aber das kam nun einmal davon, wenn man Hollows Warnungen missachtete. Sie hätte im Bett bleiben sollen, dann würde in diesen Moment nicht wieder dieser nagende Zweifel an ihr kauen, der ihr sagte, dass Elija sie vielleicht doch nicht wollte. Doch immer, wenn dieses unlogische Gefühl von ihr Besitz ergriff, schob sie es beiseite. Wobei sie merkte, dass es immer schwerer und schwerer wurde. Man konnte nicht immer nur etwas investieren, ohne etwas zurückzuerhalten und sie befürchtete ehrlich, dass ihr auf langer Sicht die Kraft fehlen würde, Elija zu halten. Würde sie ihn also letztendlich dennoch verlieren? Das er sich zu ihr hingezogen fühlte war klar, aber dieses „klar sein" war eben nichts, was sie fühlen konnte und das brauchte sie, das brauchte jeder. Momentan gab sie alles, was sie hatte und glaubte auch Fortschritte zu erkennen, dennoch war die Kälte seiner Ablehnung nie etwas, was spurlos an ihr vorüberging. Und wenn sie die Kraft verlor, bevor sie es schaffte seine Mauer einzureißen, würde sie nicht nur diesen Mann verlieren, in den sie sich verliebt hatte, sondern auch ihre Zukunft. Das wusste sie.

Als diese Gedanken ihre Stimmung immer weiter trübten, verlor sie den Faden und starrte blicklos auf dieses Alkoholglas in der Hand.

„Das ist billiger Fusel, ich glaube nicht, dass du den trinken willst", sagte Elija plötzlich und riss sie damit aus ihren Gedanken und warf sie zurück in die Situation. Sie war hier in seinem neunten Höllenkreis, fein säuberlich herausgeputzt in einem Kleid, das sie genau für so einen Moment gekauft hatte und er war nur eine Armlänge von ihr entfernt, saß wie ein König auf seinem Sofa und wartete darauf, unterhalten zu werden. Das Hemd zerknittert und seine Haare leicht durcheinander, starrte Elija sie erwartungsvoll aus kalten, blauen Augen an. In diesem Moment konnte man seine Gedanken in den Augen lesen. Er fragte sich, wie weit sie gehen würde und sie fragte sich, wie weit er sie gehen ließ, bevor er sie entweder an sich zog oder endgültig von sich wegstieß. Ein weiteres Tauziehen und selbst wenn Melodys Kraft letztendlich nicht reichen würde: Noch war sie zu stur um aufzugeben.

Sie schloss die Augen, versuchte ihr Gleichgewicht wiederzufinden, exte das Glas und stellte es auf die Tribüne für seine privaten Aufführungen. Dann ging sie auf ihn zu, so nahe, dass er zu ihr aufsehen musste und sie lächelte, bevor sie sich langsam zu ihm herunterbeugte und ihm wieder so nahe kam, dass sie seinen Atem in sich aufnehmen konnte. Er sollte //wollte sich zurückziehen, aber das hier war immer noch Elija und wenn dieser Mann eines war, dann stur. Er würde nie vor irgendetwas zurückweichen, nicht einmal vor ihr und das war gut so, denn dadurch hatte sie immer neue Versuche, seine Mauern zum Einsturz zu bringen.

„Du hast mir immer noch nicht gesagt, was passiert, wenn ich tanze", hauchte sie ihm entgegen und seine Augen wurden schmal. Sie beobachtete mit einer inneren Zufriedenheit, wie eine Ader an seiner Schläfe zuckte. Es störte ihn gewaltig wenn sie tanzte, sie wusste nicht warum, aber bei Gott, sie wollte wissen was passierte, wenn sie es doch tat.

Hurt me deep, Darling - Seven SinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt