Ärgerlich

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Kapitel 24

Melody

Dieser Mistkerl wusste ganz genau, dass sie jetzt keinen Aufstand machen konnte ohne die Aufmerksamkeit seiner verfluchten Familie auf sich zu ziehen und das war wahrhaftig etwas, auf das sie verzichten wollte. Ob es aber tatsächlich besser war, Elija damit durchkommen zu lassen, dass er sich einfach über ihre Wünsche hinwegsetzte, konnte Melody nicht recht sagen. Die Analyse würde auch noch einige Stunden warten müssen. Sie war müde, hungrig und emotional am Ende. Sie wusste nicht recht, was sie über die Situation und Elija halten sollte, der so absolut gnadenlos den Kopf von Taylor Deloucci gepackt und auf den Tisch geschlagen hatte.

Das war nicht der erste Gewaltausbruch, den sie bei Elija erlebt hatte, aber keiner hatte sich bisher so intensiv angefühlt. Vielleicht lag es daran, dass es nicht im Noir geschehen war, dass es in einer Umgebung geschah, die ihr sowieso bereits angst gemacht hatte und sie permanent unter Stress setzte. Vielleicht war sie durch die Müdigkeit auch einfach empfindlich gewesen. Doch egal woran es lag: Elija hatte sie in diesem Moment erschreckt und obwohl Melody nie jemand gewesen war, der sich das hätte ansehen lassen, wollte sie nun diese Schwäche offenbaren und sich vor ihm zurückziehen.

Sie wollte es. Sie ertrug seine Anwesenheit gerade überhaupt nicht. Musste erst einmal damit anfangen zu verarbeiten, was heute geschehen war und was sie erfahren hatte. Elija hatte Verbindungen zu der Gott verdammten Mafia und es schien nicht den Eindruck gemacht zu haben, als würde dieser Kontakt bald einfach abbrechen. Wenn einem das nicht nervös machte, wäre die dumm.

„Geht es dir gut?", fragte Elija, während er sie in den Wagen schob und sie bis zum äußersten Rand ihres Sitzes rutschte, um so viel Raum wie möglich zwischen sich und ihn zu bekommen, als er sich hinter das Steuer setzte.

„Du solltest heute Nacht im Noir bleiben", meinte er nur, als sie auf seine erste Frage nicht antwortete und sie hatte auch nicht vor, dazu etwas zu sagen. Sobald Elija anhielt und sie absetzt würde sie nach Hause gehen und ganz sicher nicht im Noir bleiben. Aber das würde sie vorab sicherlich nicht mit ihm diskutieren. Es fehlte ihr Kraft dazu.

„Melody, bitte", knurrte er und auch das war ihr egal. Ihr Blick richtete sich auf einen kleinen Aufkleber an der Scheibe und erst dann fiel ihr auf, dass das hier keiner von Elijas Wagen war. Der Aufkleber war von einer 24- Stunden Vermietungsfirma. Als er erfahren hatte, wo sie war, musste er sich eines von da gemietet haben, weil dies schneller ging, als zurückzulaufen und sich seinen eigenen Wagen zu holen. Ein Taxi hätte es auch getan, aber Elija konnte nur schwer die Kontrolle abgeben, selbst bei so etwas simplem wie einer Autofahrt. Er musste es steuern. Er musste das sagen haben und er musste auch stets alles und jeden beherrschen können. Natürlich.

Ausgeschlafen, mit einem Gefühl der Sicherheit im Nacken und gesättigt, fand sie seine Attitüden immer eher sexy, jetzt nervte es sie extrem.

„Rede mit mir, verdammt", forderte er, als würde sie ihm das schuldig sein. Noch so etwas, was ihr gerade extrem gegen den Strich ging: Seine Arroganz.

„Worüber denn? Ich hab alles gesagt, was ich zu sagen habe. Ich bin hundemüde und mehr als nur ein bisschen gestresst, also tu mir ein gefallen und lass mich in Ruhe!", fauchte sie zurück und drückte darauf ihre Handfläche gegen ihre Schläfen.

Hervorragend, jetzt bekam sie auch noch Kopfschmerzen.

Elija schwieg mit einem verbissenen Ausdruck auf dem Gesicht, den sie unter anderen Umständen als Herausforderung betrachtet hätte. Sie mochte es gar nicht, wenn er so aussah. So ernst. Natürlich war das etwas, was ihn attraktiv machte, aber nur, weil sie immer hoffte, diese Falten auf seiner Stirn würden verschwinden, der kräftige Kiefer würde sich entspannen und er würde ihr ein Lächeln schenken. Wann hatte sie ihn überhaupt mal lächeln sehen? So richtig. Nicht spöttisch oder arrogant? Konnte dieser Mann das überhaupt?

Den Rest der Fahrt über schwiegen sie beide eisern und als der Mietwagen vor dem Noir hielt und Elija mit dem Türsteher redete und ihm den Schlüssel überreichte, ging Melody direkt auf eines der Taxis zu und ignorierte das bedrohlich Brummen hinter ihr //sich.

Sie sah in ihren Augenwinkeln, dass Elija ihr nachlief und sie wieder an dem Handgelenk packen wollte, aber diesmal war sie schneller und zog ihren Arm weg.

„Untersteh dich! Ich kann dich heute nicht mehr ertragen und nehme mir den Rest der Woche frei!", zischte sie und nannte dem Taxifahrer ihrer Adresse, der etwas überfordert zwischen ihr und Elija hin und her sah.

„Den Teufel wirst du!", gab er ebenso spitz und gebieterisch zurück und Melody schnaubte. Als könnte er ihr Vorschriften machen!

„Leck mich, Elija!", fuhr sie ihn an, stieg in das Taxi und war tatsächlich etwas erstaunt, dass Elija das zuließ und nicht so etwas dämlich tat wie die Tür aufzureißen und sie herauszuzerren oder sie sich über die Schulter zu werfen. Das hätte sie ihm zugetraut, aber er tat es nicht. Als das Taxi dann tatsächlich anfuhr und sie in Richtung ihres einsamen Appartements brachte, war sie weder erleichtert, dass er es nicht getan hatte, noch zufrieden. Warum hatte er sie gehen lassen? Und warum wollte sie, obwohl sie seine Anwesenheit kaum ertragen konnte, immer noch, dass er sie sich einfach über die Schulter warf wie ein Höhlenmensch und sie in sein Schlafzimmer trug? Warum nur liebte sie ihn, trotz allem was heute Abend war, immer noch?

Es war zum verrückt werden. Er beleidigte sie, ließ sie einfach auf der Bühne stehen und hatte sie in irgendeinen Mafiascheiß mit hineingezogen. Und sie saß hier, hatte sich mit Händen und Füßen gegen ihn gewehrt und hoffte dennoch, dass er sie packte und mit sich nahm? Als sie neben ihm im Wagen gesessen hatte, war Melody so genervt von ihm gewesen, dass sie ihm am liebsten eine Kugel verpasst hätte. Und jetzt?

Es hatte sich nichts verändert. Sie war müde, hungrig und bekam Kopfschmerzen. Dennoch: jetzt wo er nicht da war, vermisste sie ihn. Hätte er nicht etwas mehr versuchen können ihr seinen Willen aufzuzwingen? Dann könnte sie jetzt zumindest sauer auf ihn sein!

Beta:Geany

Hurt me deep, Darling - Seven SinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt