Kapitel 2
Zwei Jahre zuvor
Elija
Das Eis im Glas war längst geschmolzen, während er sich die Frauen ansah, die sich als Tänzerinnen für das Erdgeschoss meldeten. Es waren viele gekommen, was angesichts des Festgehaltes was er zu zahlen bereit war, nicht weiter wunderte. Bianca, seine Clubmanagerin, hatte am Telefon bereits einige Frauen aussortiert. Ehemalige oder aktive Stripperinnen konnte er nicht gebrauchen. Es würde zu lange dauern bis sie sich an diese Umgebung gewöhnten und hatten die Angewohnheit, immer irgendwie billig zu wirken und das passte einfach nicht in das neue Konzept dieses Clubs.
Er hatte zu hart gearbeitet um den Ruf zu bekommen, den er heute hatte und den Kundenstamm anzuziehen, den er sich vorstellte. Wenn das Noir dieses Wochenende seine Neueröffnung feierte musste einfach alles perfekt sein. Jedes Detail musste stimmen, von der Beleuchtung bis hin zu den Damen, die sich sinnlich im schummrigen Licht auf kleinen Bühnen hin und her bewegen würden. Langsam und elegant. Keine Show, kein aufdringliches haschen nach Aufmerksamkeit. Sie mussten ein stimmiges Bild im Hintergrund sein, welches die Atmosphäre unterstrich. Aber sie waren keine direkte Unterhaltung für die Gäste, die sowieso eher miteinander interagierten. Und das schienen viele der Mädchen einfach nicht zu verstehen.
Jede einzelne von ihnen war ausnehmend hübsch anzusehen, aber keine von ihnen hatte bis jetzt diese sinnliche Zurückhaltung präsentiert, die er sich vorstellte und langsam wurde Elija wütend.
Gerade jetzt räkelte sich eine langhaarige Blondine zwar langsam an der Stange, schien aber verwirrt davon, dass die Scheinwerfer sie nie direkt ins Licht nahmen und sprang dem sanften Lichtkegel förmlich hinterher, wenn er mal die Bühne streifte. Und genau jetzt hatte er genug von dem Gehüpfe. Er hob die Hand, die Musik stoppte und das Licht an der Bühne ging an.
"Was genau ist nicht daran zu verstehen, wenn ich sage: Im Hintergrund bleiben und keine Show abziehen? Ihr tanzt um die Atmosphäre zu unterstützen und nicht, um irgendwen aufzugeilen oder jemanden dazu zu bringen euch anzusehen. Ich will Zurückhaltung!" donnerte seine kalte Stimme durch den Raum und die Blondine blinzelte etwas verwirrt bevor er Bianca mit einem arroganten schnippen deutete, dieses Mädchen von der Bühne zu holen.
Als das nächste Mädchen die Bühne betrat und ihre erste Drehung machte, musste er nichts sagen. Bianca zog sie gleich wieder zurück und verpackte es freundlicher als er es getan hätte, nachdem sie auf die Bühne gestampft war als wäre sie gerade von der Farm gekommen. Tanzen war ebenfalls etwas was er forderte, aber nicht mit in die Stellenanzeige geschrieben hatte. Er dachte, wenn man einen Job als Tänzerin anbot, wäre das klar, aber er hatte sich getäuscht. Auch das nächste Mädchen war alles andere als sinnlich. Sie war provokant und rieb sich an der Polestange als würde sie es mit ihr treiben wollen.
Genervt verdrehte Elija die Augen, aber sagen musste er nichts weil Bianca ihren Tanz selbst bereits beendete. Als ehemalige Athletin sah sie schneller als er, wer sich bewegen konnte und wer nicht. Eine Bedienung kam und brachte ihm einen Drink, was der einzige Grund war jetzt überhaupt noch sitzen zu bleiben, als das nächste Mädchen im schummrigen Licht die Bühne betrat und für einen kurzen Moment etwas auf den Absätzen wackelte.
Oh Mann. Er brauchte dringend mehr Alkohol, wenn er jetzt irgendeiner Frau dabei zusehen musste, wie sie sich nicht mal in ihren eigenen Schuhen auf der Bühne würde halten können. Aber die Silhouette, die dank des indirekten Lichtes sichtbar wurde, war definitiv einen Blick wert. Die hohen Schuhe hätte sie wahrscheinlich gar nicht nötig, so lang waren ihre Beine und die sanft gerundeten Hüften und die schmale Taille versprachen zumindest von der Figur her eine Frau, die tanzen konnte. Als die Musik begann, ein Stilles ruhiges Lied nur aus Melodie und angefüllten Noten voller Sinnlichkeit, bewies dieser Körper auch so etwas wie Taktgefühl. Die erste Drehung die sie machte, war so elegant, dass niemand geglaubt hätte, dass sie vorher den Eindruck gemacht hatte in den Schuhen nicht laufen zu können. Der Scheinwerfer glitt über die Bühne und berührte kurz ihr fliegendes Haar als sie dem Strahl auswich als wäre sie eine Fee, die im Schatten wandelte. Es schimmerte rot auf und Elija hielt den Atem an, als der Farbton seine Stimmung umschlagen ließ.
Ihr Tanz war elegant und genau das, was er hatte haben wollen, aber er konnte nur hoffen, dass dieses Mädchen nicht tatsächlich rothaarig war, denn das würde er nicht ertragen. Egal wie gut sie tanzte, egal wie wunderbar sie jede seiner Anforderungen erfüllte. Er könnte sie nicht einstellen. Wieder glitt der Strahl über die Bühne, streifte eine schlanke Schulter und berührte eine bleiche Wange. Ein Gesicht flammte für einen Moment auf. Reine Haut, volle Lippen, sanfte Gesichtszüge. Die Augen hatte sie geschlossen, als hätte sie vergessen, dass das hier ein Vortanzen war. Die Stange in der Mitte beachtete sie kaum, als bräuchte sie dieses Utensil nicht um zu wissen, was sie tun sollte. Stattdessen spielte sie mit dem Licht, als wäre dieses ihr Tanzpartner.
Sie blieb im Schatten, ließ sich nur ab und an streichen und verbreitete damit mehr Erotik, als es all ihre Vorgängerinnen vor ihr getan hatten, aber leider sah Elija wieder orte Haare und andere Bilder flammten in seinen Kopf auf.
Seine Schwester in ihrem eigenen Blut, geschändet und verstümmelt. Ihre goldenen Haare rot von ihrem Blut.
Er hob die Hand und das Licht wurde wieder heller. Die junge Frau auf der Bühne stoppte und versuchte seinen Blick einzufangen. Aber er wich diesem aus. Es lag Unschuld in ihren Zügen, so viel wie in seiner Schwester geschlummert hatte und auch wenn diese Frau auf der Bühne ihr sonst überhaupt nicht ähnlich sah: Er konnte sie nicht ansehen. Der kurze Blick, den er bereits riskiert hatte, war schon zu viel und es katapultierte ihn tiefer zurück in die Finsternis.
"Die nächste, Bianca!", sagte er nur und für einen Moment reagierte seine Clubmanagerin nicht, sie sah ihn sogar verwirrt an und Elija wusste genau warum: Sie war perfekt. Sie war absolut perfekt für diesen Job, aber es ging nicht. Er würde ihren Anblick nicht ertragen können, er würde immer seine süße, tote Schwester in ihr sehen, die immer lächelte, die immer höflich war, die nie jemanden etwas Böses getan hatte und dennoch so grausam gestorben war. Viel zu jung und ohne Grund.
"Was habe ich falsch gemacht?", fragte die Frau und Elija wollte ihr nicht antworten, denn er hatte keine Antwort darauf. Stattdessen blieb sein Blick starr auf sein Getränk kleben, während er sich wieder an Bianca wand.
"Die Nächste, bitte", ergriff wieder die Frau auf der Bühne das Wort
"Es gibt keine Nächste. Ich bin die Beste, das Wissen wir alle. Ich verdiene diesen Job und ich werde ihn bekommen!", sagte sie mit einer Selbstsicherheit, die an Arroganz grenzte. Aber Elija hörte den verzweifelten Unterton in ihrer Stimme, der jedem anderen zumindest ein schlechtes Gewissen gemacht hätte. Er riss sich zusammen und sah sie an. Lange. Sie war schön, aber er hatte ständig schöne Frauen um sich herum. Sie sah süß aus, fast unschuldig, wie seine Schwester. Aber ihr Blick war weder so verträumt noch so naiv wie der ihre. Das hier war auch kein Kind, sondern eine erwachsene Frau, sie wusste was sie konnte und verzweifelt genug war, um sich zu nehmen was ihr zustand. Doch ihm war das egal. Er war ein Arschloch, das war er immer gewesen und weder das leidende Zittern in ihrer Stimme noch ihr intensiver Blick änderten daran etwas. Etwas war mit seiner Schwester mit gestorben und nichts und niemand würde das je wieder lebendig werden lassen.
"Nein", sagte er schlicht, erhob sich und wollte gerade gehen als Bianca sich räusperte und vorsichtig näherte, wie sie es immer tat weil sie trotz ihrer Taffen Art immer etwas Angst vor ihm hatte. Zu Recht. Er war kein Mann, mit dem man Verhandeln konnte. Niemals.
"Boss, sie ist gut, geradezu unglaublich. Sie ist hübsch und selbstbewusst, sie würde gut in diesen Club hineinpassen und ..."
"Sie wird nicht tanzen!", beschied er ein weiteres Mal und bedachte Bianca mit einem Blick, der sie zurückzucken ließ. Dass sie es sich überhaupt wagte zu versuchen ihn von irgendetwas zu überzeugen, sagte ihm, dass er die Zügel bei seinen Mitarbeitern wieder straffer ziehen musste. Das hier war keine gottverdammte Demokratie: Er war der Boss und es wurde getan was er sagte, er war hier der verfickte König!
Die Frauen sahen ihn schweigend an. Gut so! Keiner hatte sich ihm zu widersetzen!Damit drehte er den Frauen den Rücken zu und verließ das Erdgeschoss, um Etage für Etage tiefer in das Herz seines Clubs vorzudringen, an einen Ort, wo nur Dunkelheit herrschte. Keine Lichter, keine Hoffnung, keine rothaarigen Nervensägen oder andere Frauen die schlechten Erinnerungen weckten. Dann steckte er sich eine Zigarette an und hörte noch beim Klicken des Feuerzeuges, den angeekelten Laut, den seine Schwester immer gemacht hatte, wenn er heimlich rauchte. Aber auch ein sanftes Lachen in seinem Kopf, weil irgendetwas ihn ahnen ließ, dass diese Diskussion mit Bianca um dieses rothaarigen Ding noch lange nicht vorbei war.war.
Beta: Geany
Und? was haltet ihr von der Ausgangssituation? Hinterlasst gerne ein Kommi.
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Hurt me deep, Darling - Seven Sins
Storie d'amoreSeit zwei Jahren arbeitet Melody bereits als Mädchen für alles, in Eijas Erotik-Club Noir und hätte niemals damit gerechnet rausgeschmissen zu werden. Doch er hat es getan. Ihr Boss hatte sie entlassen, aber das ist kein Grund aufzugeben, weder den...