Schuld

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Kapitel 17

Elija

Sie war eine Sirene, eine verdammte Göttin die ihn mit Witz, Charme und einer ganzen Menge unnatürliche Sexappeal in seinen Bann schlug und ihn dazu brachte, Dinge zu tun, von denen er wusste, dass sie selbstzerstörerisch waren. Eine Hexe, die ihn in einem Zauber gefangen hielt und an seinen Fäden zog, als wäre er eine Marionette. Ein Dämon, der um seine tiefsten Geheimnisse wusste und diese ausnutzte, um Besitz von ihm zu ergreifen.

Melody war gefährlich.

Niemals zuvor war ihm das so deutlich geworden, als in dem Moment, als sie angefangen hatte zu tanzen und er ihr dabei zugesehen hatte, als wäre er hypnotisiert worden. Sie hatte es ausgenutzt: sein tiefstes Geheimnis, seine ultimative Schwachstelle: Frauen die tanzten. Er hasste es, dass er so sehr darauf reagierte, besonders wenn sich die tanzenden Frauen nicht billig oder aufreizend bewegten, sondern elegant und verwegen, wie flüchtige, geisterhafte Erscheinungen, die einem das Gefühl gaben in einem Traum zu sein. So wie Melody es tat.

Zu behaupten, dass er darauf stand war gleichzeitig unter- und übertrieben. Übertrieben, weil es ihn nicht direkt anmachte, wie es ein süßes Seufzen einer willigen Spielgefährtin tat und untertrieben, weil es mehr war, als nur etwas Schönes, dass man beobachten konnte. Es war ... Er wusste es nicht. Es stellte etwas mit ihm an und wenn er genau darüber nachdachte, gefiel es ihm ganz und gar nicht, was genau der Anblick einer tanzenden Frau in ihm auslöste. Melody aber verstärkte diesen Effekt ums tausendfache. Während ihre spitze Zunge ihn dazu brachte sie über den Tisch beugen und ficken zu wollen, sorgten ihre Tänze dafür, dass er sie an sich ziehen und einfach festhalten wollte. Sie festhalten und gleichzeitig den Rest der Welt loslassen. Die Finsternis, die Wut, den Hass und die Erinnerungen, die eigentlich zu schrecklich waren, um sie vergessen zu dürfen.

Das wäre verrat. Verrat an dem Mädchen, das so viel durchlitten hatte und ermordet worden war. Verrat an sein damaliges selbst, dass unerreichbare Rache schwor und sich fest vorgenommen hatte es niemals zu vergessen, es nie zu vergeben. Verrat an allem, was er erreicht hatte. Deswegen hasste er Melody! Sie ließ ihn Verrat begehen und dass sie tanzte, ihn damit weiter einfing, ließ diesen Hass in Verachtung umschlagen.

Sie machte alles zunichte, sie machte alles so falsch, so sinnlos. Sie verdrehte ihn und die Welt um ihn herum, riss sie aus den Angeln und formte sie neu. Eine Welt wo nicht dieser Schmerz seine Sonne war, sondern sie selbst.

Und er hasste es. Er haste es, dass Melody sich so aufdrängte, sie einfach keine Ruhe gab und vor allem: mit Nichts auf Abstand gebracht werden konnte. Er wollte das nicht, er wollte sie nicht. Warum also hatte er sie geküsst und sich gewünscht mehr zu bekommen als nur diesen einen Kuss? Warum wünschte er sich, sie jeden Abend tanzen zu lassen, solange bis sie nicht mehr konnte und auf seinem Schoß zusammen sank. Den Kopf an seine Schulter legte und sich einfach von ihm festhalten ließ, als wäre sie der Leim, der sein Herz davon abhielt zu zerspringen. Wieso? Wieso verriet sein Geist ihn so, warum war er selbst so schwach?

Elija ließ sich im achten Höllenkreis auf eine private Couch nieder und bestellte sich etwas zu trinken während Nummer eins durch die gesamte Etage hinweg seinen Blick suchte und die Stirn runzelte, als wollte er fragen, was zum Teufel Elija hier trieb. Das hier war nicht Elijas Etage, seine war eine tiefer, aber er war daraus vertrieben worden. Von einer Frau, die ihn nicht mal halb so sehr berühren sollte, wie sie es tat.

Als Glenn Finnion sich erhob und mit seiner hochgewachsenen, schlaksigen Figur auf ihn zu kam, seufzte Elija einmal kurz ergeben, sagte aber nichts, als der Mann mit der tief schwarzen Haut, den dunklen Augen und kahl dem rasierten Kopf sich ihm gegenüber setzte.

"Nicht dein Stil", sagte er nur und kratzte sich gedankenverloren an seiner Schläfe, welche von einem komplizierten Geflecht aus Narben überseht war. Einige davon waren im Noir dazugekommen, viele hatte er schon vor seiner Zeit hier gehabt. Er war ein ruhiger Mann, eher wortkarg und mit einem ziemlich verstörenden Verhältnis zu Schmerz. Der achte Höllenkreis war diesen besonderen Trieb gewidmet und gehörte damit zu einem der am strengsten überwachten Etagen. Elija konnte Glenns Vorliebe für Schmerz bis zu einem gewissen Grad sogar nachvollziehen, auch er fügte gerne Schmerzen zu, aber bei ihm war es nicht die Regel, dass Blut floss und schon gar kein muss. Ganz davon abgesehen, dass er viel mehr ein Sadist war als ein Masochist.

Hurt me deep, Darling - Seven SinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt