Kapitel 27
Melody
Sie erwacht mit dem selben Zwiespalt, mit dem sie bereits eingeschlafen war. Sie hasste es, dass Elija sich ihren Wünschen auf so absolut unverschämte Weise widersetzte und dennoch war sie irgendwie froh, dass er da war. Als sie von den Sonnenstrahlen durch ihr Fenster geweckt wurde, war sogar das Gefühl der Überforderung verschwunden, das sie noch in der vergangenen Nacht verspürt hatte. Stattdessen machte sich Leiche Euphorie breit.
Er war hier. Er war so besorgt um sie gewesen, dass er bei ihr geblieben war und obwohl sie nicht wirklich damit gerechnet hatte, hatte er sie nicht zurück ins Noir geschleift.
Das war ihr wichtig gewesen und erst nachdem sie ihren Augen aufgeschlagen und festgestellt hatte, dass sie tatsächlich immer noch in ihrem eigenen Bett lag, war ihr bewusst gewesen, wie wichtig. Sie liebte das Noir und fühlte sich dort wie Zuhause, daran bestand kein Zweifel. Aber es war SEIN Rückzugsort und das er nun hier war, verschob die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten. Auch, dass er ihre Wünsche respektiert hatte, verschaffte ihm weitere Pluspunkte.
Als sie sich aufrappelte und zu dem Sessel sah, wo er den Rest der Nacht verbracht hatte, schmunzelte sie in sich hinein.
Sie hatte kein Zweifel daran, dass er noch immer hier war. Es schien, als könnte sie ihn spüren. Das leichte Kribbeln in ihrem Nacken, ihr rasendes Herz, als sie eine Spur von seinem Aftershave in ihrem Schlafzimmer wahrnahm und natürlich das Klappern in ihrer Küche.
Mit einem Blick auf die Uhr stellte Melody fest, dass sie eigentlich viel zu wenig geschlafen hatte. Dennoch fühlte sie sich wach genug, um aufzustehen und ins angrenzende Bad zu gehen, um ihm nicht mit zerzausten Haaren, verschmierten Make-up und zerknitterten Kleid gegenüberzutreten. Mist.
Sie hatte sich nicht mal abgeschminkt, als sie in ihr Bett gefallen war und sich auch das Kleid nicht ausgezogen. Sie musste aussehen wie eine Vogelscheuche! Eine Vermutung, die ihr im Badezimmer auch bestätigt wurde.
Leise fluchend wusch sich Melody das Gesicht, zog das Kleid aus, trauerte ihren Strümpfen hinterher, die eine Laufmasche bekommen hatten, und kämmte sich die Haare, die sie nicht einmal an guten Tagen wirklich bändigen konnte. Dann schlüpfte sie in ein weites T-Shirt, dass ihre etwas zu breiten Hüften kaschierte und durch den tiefen V-Ausschnitt ihre Brüste betonte. Dazu eine einfache Leggins, sie wollte schließlich nicht, dass Elija dachte, sie hätte sich für ihn aufgehübscht. Sein Ego musste weiß Gott nicht gepuscht werden.
Im Allgemeinen nahm sie sich vor, sich ihre Freude darüber, dass er hier war, nicht anmerken zu lassen und das war auch wesentlich einfacher als gedacht.
Als sie die Küche betrat und dabei zusah, wie Elija sich einfach an ihrem Kaffeevorrat zu schaffen machte, sank ihre Laune zunehmend. Er führte sich auf, als wäre das hier tatsächlich seine Wohnung. Ihr sonst stets ungenutzter Küchentisch war über und über mit Lebensmitteln versehen. Von Croissants bis hin zu Eiern mit Speck. Davon abgesehen stand ihr Tisch in einer anderen Ecke.
Er hatte umgeräumt! Dieser arrogante Mistkerl marschierte doch tatsächlich ungeladen in ihre Wohnung und räumte einfach um. Wie anmaßend konnte man bitte sein?
Melodys Laune sank auf einen Tiefpunkt und sie verschränkte ablehnend die Arme vor der Brust. Woher hatte er überhaupt das ganze Essen? Sie war sich sicher, dass sie abgesehen von Eis und Wein nichts im Kühlschrank gehabt hatte. War er etwa auch noch einkaufen gegangen?
Die Frage erübrigte sich, als ihr Pflanzkübel auf dem Fenstersims auffielen, die frische Kräuterpflanzen beherbergten. Als würden sie die hier brauchen. Sie kochte nie und länger als eine Woche überlebten sie eh nicht! Zu allem Überfluss sah Elija, im Gegensatz zu ihr, absolut nicht so aus, als wäre es eine zu lange Nacht gewesen. Sein Hemd war knitterfrei, seine Hose besaß diese Bügelfalte, die sie immer hatte und seine Haare waren ordentlich nach hinten gekämmt. Toll. Konnte der Morgen noch Schlimmer werden?
„Hast du ein Diner ausgeraubt?", fragte sie gereizt und versucht sich zumindest so weit zu beherrschen, um ihn nicht sofort die Augen auszukratzen.
„Ich wusste nicht, was du isst", gab er zurück, als wäre die logische Schlussfolgerung aus seiner Unwissenheit tatsächlich die, einfach alles zu kaufen, was irgendwie nach Frühstück aussah.
„Oh. Du weißt, wo ich wohne und hast sogar einen Schlüssel, aber dein Stalkerverhalten reicht nicht aus, um herauszufinden, was ich Morgens esse?"
„Gar nichts", erwiderte er prompt. Zu prompt. Und er hatte recht. Sie aß am morgen nie etwas. Sie trank einen Kaffee und ging zur Arbeit. Das war es auch schon. Und während er weiter redete, erdolchte Melody ihn mit ihrem Blick.
„Du isst nichts am Morgen, was extrem ungesund ist und eine schlechte Angewohnheit, die du ablegen solltest. Du fängst heute an." WAS. FÄLLT. IHM. EIN? Melody presste die Zähne aufeinander und zählte langsam bis zehn. Ja, sie liebte ihn, deswegen würde sie ihn dennoch umbringen, wenn er sich weiter benahm wie das selbstgefällige Arschloch, dass er war! Es hieß ja nicht umsonst: „Verbrechen aus Leidenschaft" und aktuell war sie sehr „leidenschaftlich"!
„Und natürlich gehst du davon aus, dass ich diesen Befehl befolge."
„Es ist zu deinem Besten, also iss." Dreiundzwanzig, vierundzwanzig ... vielleicht sollte sie bis einhundert zählen.
„Und du weißt natürlich was für mich am besten ist." Fünfundzwanzig, sechsundzwanzig ... Er schwieg und Melody stoppte mit dem Zählen. Glück gehabt. Noch ein anmaßender Kommentar und sie hätte ihn mit diesem Croissant erschlagen!
„Wenn du so ein verdammter Kontrollfreak bist, warum bin ich dann noch hier? Du hättest warten können, bis ich im Tiefschlaf bin und mich einfach mitnehmen können." Das er es nicht getan hatte, hatte ihm einen Pluspunkt verschafft. Einen.
„Wenn du aufgewacht währst, hättest du deine Drohung wahr gemacht und geschrien", erklärte er ganz sachlich. Und Melody war sich sicher, dass sie genau das getan hätte. Aber sie könnte auch jetzt noch anfangen loszuschreien. Lust dazu hätte sie. Unter anderem auch, ihn danach mit einem Tritt vor die Tür zu setzen.
„Wirklich? Die Androhung, dass ich schreien würde, hat dich davon abgehalten mich einfach mitzunehmen?", fragte sie zickig weiter.
„Nein. Sondern die Tatsache, dass du zwar einen gut bestückten Werkzeugkoffer hast, aber kein Klebeband." Ja, schien sie zu brauchen. Das und eine Menge Plastiktüten und am besten auch noch eine Knochensäge. Sie musste nämlich bald einen Mord vertuschen, wenn das so weiter ging.
„Du hättest einen Knebel nehmen können." Gab sie zurück um zu sehen, ob er einen Scherz machte.
„Du hast nichts da, was dir nicht nach ein paar Minuten in den Mundwinkeln wehgetan hätte. Ich bin kein Monster." Dieser ... Er hatte nicht nur darüber nachgedacht sie zu fesseln und zu knebeln, es scheiterte lediglich am Werkzeug? DIESES. ARSCHLOCH!
Soviel zu ihrer Freude darüber, dass er sie nicht einfach verschleppt hatte. Das er ihre Wünsche respektierte, einen Schritt auf sie zumachte ... Nein, er hatte nie vorgehabt, ihr irgendwie entgegenzukommen! Es musste alles so laufen, wie er das wollte und das brachte das Fass zum Überlaufen!
Beta: Geany
DU LIEST GERADE
Hurt me deep, Darling - Seven Sins
RomanceSeit zwei Jahren arbeitet Melody bereits als Mädchen für alles, in Eijas Erotik-Club Noir und hätte niemals damit gerechnet rausgeschmissen zu werden. Doch er hat es getan. Ihr Boss hatte sie entlassen, aber das ist kein Grund aufzugeben, weder den...