Hilfe

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Ich bin immer noch ein wenig erschüttert das ich beim träumen manchmal auch schreie. Daniel hat mich gefragt warum ich keine hilfe annehmen will und ich werde ihm jetzt auch sagen warum ich das nicht mache und niemals tun werde. "Ich war für kurze Zeit bei einem in Behandlung aber ich blieb nicht lange, ich konnte keine Beziehung zu ihm aufbauen, was ja für eine längere Zeit der Behandlung nötig gewesen wäre. Also kam ich zum nächsten, es lief etwa auf das gleiche heraus wie mit dem ersten. Danach wurde ich von einem Therapeuten zum nächsten geschickt."

Ich schlucke und verusche weiter zu erzählen als Daniel kommt und mich umarmt. Abweisend drücke ich ihn kurz an mich und schiebe ihn dann bis zu einer gewissen Distanz zurück. Ein entschuldigendes lächeln werfe ich ihm zu als ich ihn anschaue und versuche zu sehen ob er es versteht das ich nicht in den Arm genommen werden will. Er nickt um mir die gewünschte bestätigung zu geben.

"Wie ein neues Objekt bin ich mir manchmal vorgekommen, sie haben sich vorgestellt und sich auf ihren Stuhl gesetzt, den Block und den Stift bereit gemacht und mich angestarrt. Minuten lang haben sie mich einfach angeschaut ohne ein Wort zu sagen. Dann haben sie irgendetwas aufgeschrieben und mich anschliessend gefragt wie es mir gehen würde. Meistens habe ich gesagt es würde mir gut gehen aber sie haben immer weiter nachgefragt. Sie haben genickt und okay gesagt uns sich ständig irgendwelche Dinge notiert. Es ist ja nicht so das ich nicht reden wollte aber ich konnte einfach nicht. Ich konnte es nicht erzählen weil ich es selber nicht ertragen konnte die Geschichte zu erzählen, es wieder erleben zu müssen. Das ich davon Alpträume und viele schlaflose Nächte hatte, zusammen mit den Angstzuständen reichte mir.

Das es mir besser gehen würde wenn ich jemandem erzähle was ich erlebt habe kann gut sein, aber ich brauchte jemanden der mich verstand. Keinen Psychologen der sagt er würde mich verstehen. Viellcheicht konnte er sich ein Bild davon machen wie es sein musste, aber er würde es niemals verstehen können, nicht einmal annähernd. Auch wenn sie sagten das sie es verstehen würden habe ich ihnen kein einziges mal geglaubt. In ihren Augen war kein Schmerz zu sehen, nicht einmal Mitleid. Es war die Wissensgier, die sie antrieb. Das Verlangen nach Wissen.

Wenn sie selbst erleben würden wie es ist mit so etwas leben zu müssen. Sich beherrschen müssen die Gedanken und Erinnerungen wegzusperren damit sie dich nicht verschlingen...du nicht untergehst. Ob sie jeden Morgen aufstehen könnten und der Welt vorzuspielen das es ihnen gut gehen würde, jedem ein müdes lächeln zu schenken obwohl man sich am liebsten in einer Ecke verkriechen möchte. Niemanden zu sehen, einfach nur alleine zu sein. Musik zu hören und die Welt um sich herum zu vergessen, zu vergessen was geschehen ist. Du findest den frieden darin und lässt dich von ihr treiben aber dann reisst dich jemand heraus.

Du merkst das es das Leben ist das dich zurück ruft, du willst nicht aber hast keine andere Wahl. Wenn du morgens wenn du aufstehst und am liebsten im Bett liegen bleiben würdest und dich den ganzen tag darin verkriechen willst, dich danach sehnst das es Abend ist und du wieder in dein Bett kannst, du keinen Sinn in dem Tag siehst, abends erschöpft nachhause kommst aber nicht schlafen willst, weisst du wie mein Morgen beginnt. Der Tag zieht an einem vorbei, einer wie der andere, später erinnern wir uns dann an die Zeit die wir verpasst haben, all die Chancen, all die Möglichkeiten. Aber wenn es dir wie mir geht fragst du dich was du eigentlich noch hier machst. Nichts hält dich hier fest aber trotzdem bleibt man.

Ohne wirklich beschreiben zu können warum. Selbst wenn man das Leben mit einer geliebten Person teilt fühlt man sich nicht in der Lage bleiben zu wollen. Die Gefühle für die Person werden schwächer, aber man behält es für sich weil man die andere Person nicht verletzen will. Man schweigt über Dinge die man nicht für sich behalten sollte. Noch etwas das einem den ganzen tag im Kopf herum schwirrt aber man nicht los wird. Man fühlt sich schlecht und versucht irgendwie damit umzugehen, sucht verzweifelt eine Lösung, einen Ausweg.

Meiner war es mich zu verletzten. Anfangs nur leicht, ich habe mich selber gebissen oder gekratzt. Es hat eine Weile geholfen aber die Erinnerungen kam immer wieder zurück also habe ich es stärker versucht. Ich nahm einen Gegenstand und habe mich manchmal so lange selber damit geschlagen bis ich blaue Flecken hatte. Ich erinnere mich an eine Nacht, die mich auf einen neuen Tiefpunkt gebracht hat und ich mich so lange geschlagen habe bis der Knochen gebrochen war.

Das mit den schläge habe ich aber nach einiger Zeit aufgegeben, es war zu auffällig. Sie haben gefragt von wo ich die Brüche und blauen Flecke hatte. Wie immer wenn ich die Antwort verweigerte wurde ich geschlagen, der Schmerz als sie mich auf die gebrochenen Knochen schlugen waren unerträglich, aber eben das wasich brauchte, sie zeigten mir das ich immer noch am Leben war. Es war meine Methode mit all dem umzugehen. Mit allem was mir wiederfahren war und noch kommen wird. Nach einer gewissen Zeit haben sie es heraus gefunden, sie haben mich in einen Raum gesperrt der nur ein kleines, vergittertes Fenster hatte und eine Matratze auf der ich schlafen konnte.

Jeden Abend habe ich in das Fenster geschlagen, eines Nachts zerbrach das Fenster und meine Hand klemmte in der Scheibe fest. ich spürte die kälte an meinen Fingern der finsteren Nacht draussen. Als ich meine Hand wieder heraus zog blieben kleine Glasstücke in meinem Arm stecken. Es schmerzte höllisch als ich die Splitter heraus zog. Im Mondschein bewunderte ich mein Blut das auf den Boden tropfte, ich schaute die Scherbe in meiner Hand an und schnitt über meinen Arm. Durch das bereits vorhandene Blut war nicht zu erkennen welches von dem Schnitt her kam und welches von der zerschlagenen Scheibe.

Aber ich spürte es, das Leben. Wie es aus meinem Arm heraus läuft. Dieses brennen wenn das Blut aus deinem Körper läuft, du spürst wie es an dir herunter rinnt und auf den Boden prallt. Dieser angenehme Schmerz den du dabei verspürst, ich wurde süchtig nach dem Gefühl. Nach dem Gefühl frei zu sein, wenigstens einen kleinen Augenblick."

Ohne GnadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt