Teil 2

571 28 11
                                    

Erleichtert atme ich auf, als ich kurze Zeit später meinen Audi in der Tiefgarage meines Hauses parke. Mittlerweile lebe ich seit einem knappen halben Jahr hier, die Immobilie war ein absoluter Glücksgriff, auch wenn ich weiß, dass die Dorfbewohner sich das Maul über das architektonische Meisterwerk zerreißen. Ja, mein Haus fällt hier in der Niederbayrischen Pampa definitiv auf, würfelförmig, weiß, mit vielen Glasfronten, eigentlich viel zu modern und protzig für die Gegend. Ich hingegen mag die schlichte Kühle, alles ist aufgeräumt, geordnet, es gibt keinen unnötigen Tand und Plunder.

Als ich das Haus betrete werde ich von Stille begrüßt, Josefa, meine Haushälterin, hat schon längst Feierabend. Mein Blick gleitet durch das Wohnzimmer, kein Staubkörnchen liegt herum, man könnte sogar vom Fußboden essen, so sauber ist es hier, aber das fiele mir im Traum nicht ein. Die weißen Fliesen blitzen und blinken und auch die weiße Couch sieht aus wie neu. In der Küche öffne ich die Schublade in der ich die Speisekarten diverser Lieferdienste ausbewahre und blättere unentschlossen durch sie hindurch. Gekocht wurden in dieser Küche bislang allerhöchstens Wasser und Kaffee, kochen bereitet mir keine Freude und die Auswahl an Lieferdiensten ist trotz der Abgeschiedenheit hier beachtlich. Ich entscheide mich für indisch, gebe meine Bestellung auf und lasse mich auf das Sofa fallen. Gelangweilt zappe ich mich durch das Fernsehprogramm, beschließe dass mal wieder nur Mist kommt und suche gerade nach einem Film, als es an der Tür klingelt und mein Essen geliefert wird. Ich habe grade das dampfende Chicken Korma auf einen Teller gegeben, als mein Handy klingelt. Ich will den Anruf erst wegdrücken, sehe dann aber, dass es Johannes ist, der mich anruft. Ich schalte das Licht an und nehme den Videoanruf an.

„Hey Johannes, wie geht's?", begrüße ich meinen Freund. Seit wir uns bei Sing meinen Song kennengelernt haben halten wir losen Kontakt, tauschen uns manchmal musikalisch aus.

„Moin Paddy, ich wollte fragen, ob du morgen Abend Bock auf eine Tour durch die Münchner Clubs hast? Ich hab ein Gig in München und habe gedacht, dass es an der Zeit wäre uns mal wieder zu treffen."

Ich überlege nicht lange, sondern sage zu, in den letzten Wochen habe ich viel zu viel Zeit hier verbracht, so ein Abend in München kann nicht schaden.

„Hey Johnny, schön dich zu sehen!" Johannes und ich umarmen uns kurz und klopfen uns auf die Schulter.

„Ja, wir haben uns viel zu lange nicht gesehen, seitdem du in der bayrischen Einöde verschwunden bist bekommt man dich ja kaum noch zu Gesicht."

Ich verziehe kurz das Gesicht und bedeute ihm dann in die Wohnung zu kommen. „Mach es dir bequem, du kennst dich ja noch aus. Was willst du trinken?"

„Oh, wenn du so fragst, dann nehme ich gerne einen Whiskey mit Eis." Johannes lässt sich lässig auf die Ledercouch fallen und streckt mit einem Seufzen die Beine aus. Im vergangenen Jahr haben wir uns ab und an hier in München in meinem Loft getroffen, aber in den letzten Monaten habe ich mich bewusst zurückgezogen, der ganze Trubel ist mir ziemlich zu Kopf gestiegen und ich brauchte dringend eine Auszeit von der Schickimicki Szene. Ich reiche Johannes ein Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit und lasse mich neben ihn fallen. „Sollen wir uns was zu Essen bestellen bevor wir losziehen?", will ich wissen und habe bereits mein Handy gezückt.

Einige Stunden und etliche Drinks später stehen wir in einem der unzähligen Clubs an der Bar und fachsimpeln grade über Johannes neues Album, als mir schwungvoll auf die Schulter geklopft werde, so dass ich mich fast an meinem Bier verschlucke.

„Na, hast du es doch nicht mehr auf dem platten Land ausgehalten? Ich habe doch gewusst, dass du ein Großstadtmensch bist."

„Max? Was machst du hier?", frage ich und grinse ihn an.

Music my saviourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt