Ellie
„Mooooooooooooooooooooom!" Unwillkürlich zucke ich bei Pippas Indianergebrüll zusammen, dieser Tonfall verspricht nichts Gutes.
„Was denn?", rufe ich zurück. Eigentlich müsste ich aufstehen und zu ihr gehen, denn normalerweise predige ich immer, dass wir nicht über den Flur schreien, sondern zu demjenigen hingehen, allerdings habe ich es mir grade auf dem Sofa gemütlich gemacht.
„Daddy will mit dir sprechen!" Auffordernd hält Pippa mir ihr Handy unter die Nase.
Der hat mir heute noch zu meinem Glück gefehlt, aber ihn wegzudrücken kommt gar nicht in Frage. „Steve, wie kann ich dir helfen?", frage ich so neutral wie möglich.
„Ich habe Ende Mai zwei Wochen Urlaub und ich will, dass Filippa zu mir kommt." Keine Begrüßung, kein Einstieg, sondern direkt das, was er will. Steve wie er leibt und lebt.
„Hallo Steve, schön von dir zu hören.", sage ich in meinem freundlichsten Ton. „Pippa kann leider nicht zu dir kommen."
„Warum nicht? Ich habe ein Recht sie zu sehen, sie ist meine Tochter und das Gericht hat mir zugesprochen, dass ich sie regelmäßig sehen darf." Seine Stimme klingt schneidend, von dem einst so liebevollen Tonfall ist nichts mehr übrig geblieben.
„Darf ich dich daran erinnern, dass Pippa zu dem Zeitpunkt noch Schule hat? Sie kann nicht mal eben so zwei Wochen frei machen, wie stellst du dir das vor?", auch mein Tonfall nimmt nun an Schärfe zu, das sollte ihm doch klar sein, dass Pippa nicht einfach so mitten im Schuljahr zwei Wochen frei machen kann.
„Sie hat gesagt, dass sie sowieso sitzen bleibt und es egal wäre. Vielleicht kannst du mir das erklären, das höre ich das erste Mal, sie war immer eine gute Schülerin und jetzt schafft sie das Klassenziel nicht?"
Nervös reibe ich mir über die Nasenwurzel, die wenigen Male, die wir in den letzten Wochen miteinander gesprochen haben, sind jedes Mal im Streit geendet und ich befürchte, heute wird es genauso sein.
„Steve...", seufze ich. „Sie hat einige Lücken und momentan wenig Elan etwas daran zu ändern, aber vielleicht könntest du da nochmal mit ihr sprechen, auf dich hört sie vielleicht."
„Wie denn, wenn sie nicht herkommen darf?"
Ich muss tief Luft holen, um angesichts dieser provozierenden Diskussionsstrategie nicht direkt mit einzusteigen. „Vielleicht magst du herkommen? Pippa würde dich sicherlich gerne sehen. Und sie kann dann ja in den Sommerferien zu dir kommen, sofern du dann zu Hause bist."
Am anderen herrscht Totenstille und ich rechne schon mit hunderten Ausreden, warum er nicht kommen kann. Umso überraschter bin ich, als er zustimmt. „Gut, ich komme. Kann ich bei euch unterkommen?"
„Steve... Das wäre keine gute Idee, wir haben hier schon zu viert kaum Platz, vielleicht nimmst du dir ein Hotelzimmer oder so. Ich kann mich auch gerne im Dorf umhören, ob dir jemand ein Zimmer vermietet."
„Gut, aber es darf nicht so viel kosten, mein Geld ist knapp, seitdem ich Unterhalt für Pippa zahlen muss." Seine Stimme klingt leidend und ich muss mich zusammenreißen, um ihm nicht vor den Latz zu knallen, dass das bisschen Geld, das er mir monatlich überweist, nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und ich gar nichts von ihm bekomme.
„Erklärst du ihr, dass sich eure Pläne geändert haben?" Ich schließe die Augen und forme ein lautloses „Bitte! Bitte! Bitte!", doch Steve macht mir einen Strich durch die Rechnung.
„Tut mir leid, ich muss jetzt los, Termine. Melde dich, wenn du eine Unterkunft hast."
Müde lege ich Pippas Handy zur Seite, Gespräche mit meinem noch Ehemann kosten mich immer unheimlich viel Kraft, sie sind so ermüdend und sein passiv aggressives Verhalten macht mich langsam aber sicher mürbe.
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Music my saviour
FanfictionPerfektionist trifft Chaotin, aber was tut man nicht alles um an Hilfe zu kommen. Ein Bestatter im tiefsten Niederbayern, der eigentlich keiner ist und eine junge Frau, die sich nur zu gerne um den Finger wickeln lässt. Ganz nebenbei soll sich ein C...