Patrick
Besorgt fällt mein Blick auf Ellie, die eingerollt auf dem Sofa liegt. Obwohl es draußen mindestens 30 Grad hat, hat sie sich in die dicke Wolldecke eingemummelt. Die letzten vier Tage waren der pure Horror, noch immer gibt es kein Lebenszeichen von Pippa und Louis und langsam schwindet auch mein anfänglicher Optimismus. Max hat ein Bild von den Beiden in den sozialen Medien geteilt, aber auch das ist bislang ohne Erfolg geblieben. Niemand hat die zwei gesehen, niemand erinnert sich an sie. Von Max weiß ich, dass es Jasmin ähnlich wie Ellie geht, beide haben seit dem Anruf aus dem Zeltlager kaum geschlafen, nichts gegessen und die meiste Zeit mit Weinen verbracht. Erst vor wenigen Minuten ist Ellie vollkommen erschöpft eingeschlafen und ich bewege mich auf Zehenspitzen durch das Haus, um sie nicht aufzuwecken und ihr zumindest einige Momente der Erholung zu schenken. Im ersten Stock sammele ich die dreckige Wäsche der letzten Tage zusammen, stocke kurz vor Pippas Zimmertür und gehe dann doch weiter, alles, was dort liegt, kann warten, die Waschmaschine bekomme ich locker voll. Es ist Wahnsinn wieviel Dreck zwei so kleine Wesen verursachen können und erst jetzt wird mir bewusst, wie viel Ellie an einem Tag so stemmt und dabei fehlt aktuell der dauernörgelnde Teenager. Ich stopfe die dreckige Wäsche in die Waschmaschine und stelle den Timer, so dass Ellie nicht geweckt wird, irgendwann in den letzten Tagen habe ich mich gemeinsam mit Maite und dem Internet zu so etwas wie einem Hausmann entwickelt. Während ich möglichst leise die Spielsachen der Zwillinge einräume, meldet sich mein Magen mit einem unangenehmen Ziehen, kein Wunder, auch ich habe heute noch nichts gegessen. Der Blick in den Kühlschrank offenbart mir, dass dringend eingekauft werden müsste. Meine Kochkünste beschränken sich immer noch auf das absolut Wesentliche, aber da Ellies Hunger sich in Grenzen hält, wird sie mit den Basics zufrieden sein. Ich schreibe ihr eine kurze Notiz, dass ich unterwegs bin, verfrachte die Zwillinge in den Kinderwagen und mache mich mit ihnen und Bowie auf den Weg zu dem kleinen Supermarkt. Natürlich hat sich im Dorf mittlerweile herumgesprochen, was passiert ist und so ernte ich unzählige fragende und mitleidige Blicke, mich direkt anzusprechen traut sich aber niemand. So schnell wie möglich packe ich die nötigsten Dinge ein und atme erleichtert auf, als ich wieder vor der Tür stehe. Der nächste unangenehme Punkt auf meiner To Do Liste wird der Anruf bei Pino sein, ich muss ihn bitten die Termine in den nächsten Tagen abzusagen, so kann und will ich Ellie nicht allein lassen. Wie zu erwarten ist Pino alles andere als begeistert über meine Absage.
„Was soll das heißen, du kannst nicht? Du hast doch nun wirklich ausreichend freie Zeit für dich und deine kleine Freundin gehabt, da wird sie dich doch wohl mal ein paar Tage entbehren können."
Ich knirsche mit den Zähnen, Pinos Ton gefällt mir überhaupt nicht. Gut, er kennt es von mir nicht, dass ich Termine absage oder verschiebe, Joelle habe ich einige Male allein gelassen, obwohl sie krank war oder mich angebettelt hat zu bleiben. Das ist etwas, was jetzt anders läuft, das habe ich mir geschworen, meine persönlichen Belange haben Vorrang vor allen TV Shows und Interviews. „Wieso ich nicht kann, ist ganz und gar meine Angelegenheit, sag, dass mich die Sommergrippe erwischt hat und ich die Interviews nachhole, sobald ich wieder gesund bin. Lass dir irgendwas Plausibles einfallen, dafür bezahle ich dich schließlich."
Scharf atmet Pino ein. „Du solltest ganz vorsichtig sein, man ist schneller weg vom Fenster, als man denkt. Über das Album, an dem du nun schon seit Jahren arbeitest, machts sich mittlerweile schon die gesamte Musikszene lustig und Termine so kurzfristig platzen zu lassen ist mehr als unprofessionell. Überleg dir also gut, ob du die paar Termine wirklich absagen willst."
„Du weißt, dass ich einen Scheiß auf so ein Gerede gebe. Mein Album ist dann fertig, wenn ich zufrieden damit bin, nicht einen Tag eher. Mach einfach deinen Job und sieh zu, dass die Termine verschoben werden. Danke!" Entnervt drücke ich Pino weg und will mein Handy grade wegpacken, als es zu klingeln beginnt. Kurz denke ich, dass es Pino ist, der mich nun wutentbrannt zurückruft, doch als ich Ellies Namen auf dem Display sehe, stockt mir kurz der Atem.
DU LIEST GERADE
Music my saviour
FanfictionPerfektionist trifft Chaotin, aber was tut man nicht alles um an Hilfe zu kommen. Ein Bestatter im tiefsten Niederbayern, der eigentlich keiner ist und eine junge Frau, die sich nur zu gerne um den Finger wickeln lässt. Ganz nebenbei soll sich ein C...