Music my saviour

Teil 75

Ellie

„Sag mal, willst du einen neuen Rekord aufstellen oder werden wir verfolgt?" Schnaufend versucht Jasmin zu mir aufzuschließen, doch ich setze stoisch einen Fuß vor den anderen, obwohl ich merke, dass meine Kräfte bereits nachlassen. „Hallo! Erde an Ellie! Kannst du mir mal bitte erklären, warum du vollkommen aufgelöst bei mir auftauchst und mich dann, ohne ein Wort, auf diesen Berg schleifst?" Verbissen wandere ich weiter, ich muss mich erst sortieren, bevor ich ihr mein Herz ausschütte. „Wie du willst. Ich gehe aber keinen Schritt mehr weiter, wenn du mir nicht sofort erzählst, was los ist."

Seufzend drehe ich mich zu Jasmin um und muss doch kurz losprusten, sie sieht aus wie Pippa, mit wütendem Gesichtsausdruck und verschränkten Armen steht sie mitten auf dem Weg und klopft mit dem Fuß auf den Boden. „Patrick will ein neues Auto kaufen.", murmele ich. Das ist nicht gelogen, aber im Moment wahrlich mein kleinstes Problem.

Jasmin runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. „Ja? Und? Max ist auch auf der Suche nach was Neuem, du kennst das doch, Technik und Autos sind schneller veraltet als wir gucken können. Ich würde unser Auto auch noch länger fahren, aber Max sagt..."

„Er hat einfach bestimmt, dass wir ein neues Auto brauchen.", maule ich und weiß selbst, dass mein Problem eigentlich gar keins ist. Jasmin sieht es anscheinend genauso, denn außer einem Schulterzucken kommt nichts von ihr. „Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn man über meinen Kopf hinweg Dinge für mich kauft."

„Hä? Ich denke, er kauft sich ein neues Auto und nicht dir."

Trotzig schnaube ich und setze meine Wanderung fort. „Aber nur, weil wir jetzt ein größeres brauchen. Also weil mein Kind ein Kind bekommen hat und wir nicht alle in sein altes Auto passen."

„Es tut mir leid Ellie, aber ich verstehe dein Problem nicht, wirklich nicht. Er entscheidet, sich von seinem Geld ein neues Auto zu kaufen, dass ihm gehört. Warum er das macht, kann dir noch wirklich egal sein."

Ich brumme etwas und stapfe missmutig weiter den Berg hinauf, es hätte mir klar sein müssen, dass Jasmin sich nicht mit diesem vorgeschobenen Problem zufriedengeben wird.

„Wir haben noch zehn Minuten bis zur Alm, lass und was essen und in Ruhe reden.", murmele ich. Die Begebenheiten der letzten Nacht drängen sich wieder vor mein geistiges Auge, ich spüre Patricks Hände auf meinem Körper, seine Küsse auf meiner nackten Schulter, seinen heißen Atem an meinem Ohr und dann die Worte, die alles verändert haben. „Ellie, ich will ein Baby mit dir." Meine gestammelten Entschuldigungen, die Enttäuschung in seinem Gesicht und dann die Kälte, als sein Körper von meinem abgerückt ist, die schier unüberbrückbare Entfernung zwischen uns.

„So, und nun raus mit der Sprache, was ist wirklich los?" Jasmin stellt ein Tablett mit frischem Brot, Käse, Speck und zwei Gläsern Milch auf unserem Tisch ab und sieht mich erwartungsvoll an.

„Patrick hat gefragt, ob... Er... Also..." Verlegen stammele ich herum und knibbele nervös an meinen Fingernägeln. „Patrick möchte ein Baby mit mir." Stoße ich aus und traue mich nicht, Jasmin anzuschauen.

„Oooooooh! Das ist großartig! Ihr werdet so ein wunderhübsches Baby miteinander bekommen, stell dir mal vor, wenn es Patricks rote Wangen und diese süße Stupsnase bekommt." Begeistert klatscht sie in die Hände, doch als sie meinen Gesichtsausdruck sieht, wird sie ruhiger, nachdenklich sieht sie mich an. „Du willst nicht, oder? Warum nicht Ellie, ihr seid seit einem Jahr zusammen, ihr liebt euch. Der Platz ist doch auch kein Problem mehr, sobald ihr umziehen könnt habt ihr davon mehr als genug. Also, wo ist dein Problem?"

Um nicht sofort antworten zu müssen schiebe ich mir ein Stück Käse in den Mund und kaue gedankenverloren darauf herum. Jasmin hat Recht, alle ihre Argumente klingen logisch und vielleicht, ganz vielleicht hätte ich mich sogar auf dieses Wagnis eingelassen, wenn... Wenn es dieses kleine Problem nicht geben würde. „Es ist nicht so einfach, wie du denkst.", murmele ich und ignoriere Jasmins Schnauben. „Patrick... Er kann auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen. Wenn wir uns wirklich dazu entscheiden würden gemeinsam ein Kind zu bekommen, dann würde uns der Weg unweigerlich in eine Kinderwunschklinik führen. Ich bin 40 Jahre alt, die Schwangerschaft mit den Zwillingen war nicht ohne und alleine der Gedanke daran, jetzt in eine Klinik zu müssen, eventuell mit Hormonen vollgepumpt zu werden, nein! Ohne mich!"