Die warmen Becher erfüllten seine Handflächen und versprühten einen angenehmen, aromatischen Schokoduft. Estefano saß auf dem Rand eines Brunnes, als Gavin zu ihm kam und dem Jungen einer der Becher reichte. Dankend nahm der Bursche ihn entgegen. Reed ließ sich neben ihm nieder.
Es war später Abend, die Sonne war bereits untergegangen und die Sterne schillerten am Firmament. Gavin bemerkte, wie Estefanos Augen vor Begeisterung glitzerten, als er in den Himmel blickte. Ein klarer, rabenschwarzer Himmel, der gespickt war mit unzähligen größeren und kleineren Diamanten.
„Haben Sie sich je gefragt was dort oben alles verborgen liegen könnte, Detective?", fragte Estefano freiheraus.
Gavin betrachtete nachdenklich den Sternenhimmel, ehe er wahrheitsgemäß antwortete: „Um ehrlich zu sein, ich habe genug damit zu tun, mich ständig zu fragen was hier unten auf der Erde alles abgeht und verborgen liegt. Da bleibt nicht viel Zeit mir auch noch darüber den Kopf zu zerbrechen, was dort oben vor sich gehen könnte."
Es kostete ihn genug Mühe seine eigenen Gedanken tagtäglich zu sortieren und sich mit etlichen Fällen auseinander zu setzen. Er hatte also nie wirklich aktiv über die Sterne oder das Universum nachgedacht, da er zu beschäftigt mit anderem Kram war.
Estefano lächelte ein wenig traurig – nicht sicher ob über die unbefriedigende Antwort oder allgemein.
„Ich meine, glauben Sie daran, dass da draußen noch andere sind?"
Gavin zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck heiße Schokolade. „Keine Ahnung. Vermutlich schon. Wer weiß."
„Ich glaube ganz fest daran, dass es da draußen noch mehr Lebensformen gibt, vielleicht sogar andere Menschen oder Wesen wie in den ganzen Sci-Fi-Filmen. Sehen Sie, wie viele Sterne es am Himmel gibt, so viele, dass ich sie nicht mal zählen kann. Wäre es nicht vollkommend abwegig, wenn kein einziger dieser Planeten bewohnbar wäre, nur die Erde? Das erscheint mir total bescheuert und unlogisch."
„Stimmt", pflichtete Reed bei, denn so gesehen hatte der Junge durchaus recht.
Es gab abertausende Planeten in ihrem Sonnensystem und ausschließlich ein einziger davon sollte von Lebensformen bewohnt sein? Dazu musste man nicht mal Ahnung von Wahrscheinlichkeitsberechnung haben, um sagen zu können, dass es recht unglaubwürdig erschien. Womöglich saßen auf einem weit entfernten Planeten, der Lichtjahre entlegen lag, ebenso zwei Lebensformen beisammen, die über genau dieselbe Thematik debattierten wie Estenfao und Gavin Reed.
„Eines Tages bau ich ein Raumschiff und reise zu all diesen Planeten", schwelgte Estefano euphorisch und schwärmend in Träumerei, was Gavin zum Schmunzeln brachte.
„Ich finde einen anderen Planeten und schließe Freundschaften. Wer weiß, möglicherweise finde ich sogar einen Ort an dem das Leben besser ist als auf der Erde....", führte er weiter aus und seine Hochstimmung driftete ab in Melancholie.
Gavins erheiterten Gesichtszüge klangen ebenfalls ab. Er wusste genau was Estefano meinte und wie er sich fühlte. Das Leben war oft fürchterlich hart und unfair. Die Schattenseiten überwogen ständig das Licht und andauernd musste man dagegen ankämpfen. Tagtäglich rangen so viele danach einen winzigen Lichtfunken in der Finsternis zu erhaschen. Man musste sich stets selbst aus dieser schlammigen, finsteren Teermasse der Ungerechtigkeit herausziehen, denn andernfalls ginge man unter. Eine helfende Hand bekam man nämlich nur selten gereicht. Das Schicksal spuckte auf die Menschen. Lediglich eine Handvoll, meist jene die es nicht mal verdienten, schienen das Glück mit dem Löffel gefressen zu haben, während andere niemals eine Chance darauf bekamen.
Worte wie: „Glaube versetzt Berge" waren Sätze, die in Gavin die pure Galle anstiegen ließen. Derartiges Geschwätz von Philosophen, Moralapostel, Psychologen, und vor allem der schlimmsten Sorte Menschen, nämlich Optimisten, war völliger Schwachsinn. Man konnte noch so fest daran glauben, aber der Berg würde sich niemals von der Stelle rühren. Manchmal war jegliche Bemühungen umsonst, egal wie aufrichtig und ernsthaft sie waren, denn einzig und allein das Glück entschied über das Schicksal der Menschen und das Glück konnte man weder pachten, herbeizaubern noch herbeibeten. Es kam und ging, wie es wollte.
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Reed900: What it meant to be Human || A Detroit: Become Human Story
FanfictionWas bedeutet es eigentlich menschlich zu sein? Was macht Menschlichkeit konkret aus und vor allem wie äußert sich diese? Dinge, die nicht nur der Android RK900 erörtern möchte, sondern dessen selbst manche Menschen sich nicht bewusst waren und keine...