Kapitel 15 - Der Einklang von Gefühlskälte und Ambition

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Sie statteten Mandy Milkovich einen Besuch ab, um ihre Aussage aufzunehmen und ihr die Tragödie mitzuteilen. Sie bestätigte, was die Detectives schon durch Tessa erfahren hatten, zumindest teilweise, denn sie schilderte es natürlich aus ihrer Sichtweise. Mandy betrauerte den Tod von Alec deutlich mehr als den von Tessa. Es kristallisierte sich heraus, dass sie Alec wirklich geliebt und Tessa verabscheut hatte, weil die Androidin sich hatte einmischen wollen. Gavin enthielt sich jeglichen Kommentars und fasste einfach nur sachlich die Aussage auf, dann gingen sie wieder und der Fall war somit für sie beendet.

Zurück im DPD mussten sie sich noch um den Papierkram kümmern und alles zu den Akten legen, damit war die Sache endgültig abgeschlossen, so dramatisch und bitter es auch war.

Nines und Gavin schwiegen die ganze Zeit über. Beide waren mit ihren Gedanken beschäftigt. Zumal Gavin nicht wusste, was er hätte sagen sollen. Ihm war nicht entgangen, dass die LED an Nines Schläfe seither kontinuierlich gelb leuchtete und nicht mehr blau wie üblich, was untermalte, dass der Android weiterhin fest in Gedanken hing. Gavin haderte daher, ob er irgendeinen kecken Spruch raushauen sollte, um diese nervtötende und echt beschissene Melancholie zu vertreiben. Er hasste derartige Lagen und hatte daher gelernt schnell mit solchen Fällen abzuschließen.

„Ey!", rief Gavin flapsig rüber zu Nines. „Yo, Fleischklos an Blechdose, ist deine CPU eingefroren, oder was?"

Nines sah nicht gerade belustigt aus, über Gavins einzigarten, trockenen Humor, aber er erfasste zumindest wieder sichtbar seinen Partner. Zudem sprang seine LED-Leuchte endlich von gelb zurück auf blau.

„Nein, Detective", gab Nines etwas schnippisch zurück. „Ich scheine nur nicht ganz so gefühlskalt zu sein wie Sie, an dem offenbar alles spurlos vorbei geht."

Gavin belächelte die Aussage, als er gerade die Akte zuklappte und etwas achtlos auf den Schreibtisch feuerte.

„Ich bin schon lang genug in dem Job und glaub mir, Nines, ich habe einiges gesehen, um zu wissen, dass man sowas nicht zu sehr an sich heranlassen darf", tat Gavin ab und erhob sich.

Er griff nach seiner Jacke, die über der Rückenlehne seines Schreibtischstuhls hing und schlüpfte in diese.

„Tja, Nines, siehst du, sowas passiert, wenn man versucht menschlich zu sein. Es ist nicht erstrebenswert, merk dir das und lass es dir eine Lehre sein", hängte Gavin Reed noch emotionslos an.

Nines presste die Lippen aufeinander und hielt sich zurück, denn er hatte nun wirklich keine Lust eine Debatte oder sogar einen Streit mit Detective Reed anzufangen. Er sah seinen Partner mit einem vernichtenden Blick an, was diesen reichlich wenig kümmerte.

Gavin schnappte sich seinen Wagenschlüssel vom Schreibtisch, richtete den Kragen seiner Jacke und verabschiedete sich dann in seinen wohlverdienten Feierabend. Nines sah ihm kurz nach, ehe er seinen Blick abwandte und nach der abgeschlossenen Fallakte griff. Er brachte die Akte ins Archiv, aktualisierte noch die Datenbank und schaltete dann Gavins Dienstcomputer aus. Danach machte auch der Android sich auf den Heimweg.

Gavin schloss die Tür zu seinem Apartment auf. Er war kaum eingetreten, da wurde er schon ungeduldig von seinem kleinen Terrier begrüßt.

„Hallo, mein Kleiner", sagte Gavin als er in die Hocke ging und den Kopf des Hundes tätschelte. „Na, hast du mich vermisst?"

Der Hund wedelte, wie zur Bestätigung, mit dem Schwanz, weswegen Gavin lächelte.

„Du bist der Einzige, der sich je freut, meine dumme Visage zu sehen", grinste er und seufzte kurz darauf. „Wie wäre es? Lust auf einen kleinen Spaziergang? Ich könnte noch etwas frische Luft vertragen."

Reed900: What it meant to be Human || A Detroit: Become Human StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt