Reed900: What it meant to be Human || A Detroit: Become Human Story

Kapitel 35 - Ein Abend der Ablenkung

Nines verbrachte den Tag damit die potenziellen Adressen abzugrasen, die sich aus der Analyse durch Estefanos Notizen ergeben hatten. Er hoffe, dass einer der Adressen sie endlich zu dem Labor führte, das der Junge erwähnt hatte, oder zumindest zu etwas anderem, das sich als Ermittlungsrelevant entpuppen würde. Sie traten immerhin schon seit Tagen auf der Stelle und kamen in dem Fall einfach nicht mehr voran. Es war ein kluger Schachzug und eine perfekte Absicherung von Estefano gewesen, sein gesammeltes Wissen und Informationen in seinen Notizen zu verstecken, allerdings hatte der Junge alles zu gut verborgen und noch dazu falsche Fährten gelegt, egal ob beabsichtig oder unbeabsichtigt. Estefanos Inspirationsquellen waren so verworren und verschachtelt mit den versteckten Informationen, sodass es schwierig war diese zu entwirren, erst recht, wenn man nicht wusste, wonach man konkret suchte. Alles konnte ein Anagramm oder dergleichen sein, zumal der Junge ziemlich viel davon nutzte, aber einiges eben schlichtweg keinerlei Bedeutung hatte oder reiner Zufall war.

Die offensichtlichsten Orte hatte Nines bereits mit Gavin zusammen abgearbeitet, wie zum Beispiel jene Orte, an denen Estefano sich oft aufgehalten hatte. Alle Plätze, von denen sie wussten, hatten sie überprüft, ohne jegliche Ergebnisse. Also hatten sie tiefer in der Materie graben müssen, alles andere wäre ja auch zu mühelos gewesen.

Nines hoffte inbrünstig, dass endlich ein Ort Ergebnisse liefern würde. Er ersehnte es sich nicht nur, um im Fall voranzukommen, sondern vor allem um Gavins Willen. Er wünschte sich nichts lieber als diese Sache abschließen zu können und die Elster endlich hinter Gitter zu bringen, sodass Reed danach wieder beruhigt schlafen könnte, sich keine Vorwürfe mehr machen müsste und nicht länger in der Schuld von Estefano stünde. Danach würde sich Gavins Gemütslage sicherlich bessern, denn seine launische Verhaltensweise rührte von der Anspannung, da die Sachlage ihm mächtig auf die Nerve schlug. Er fühlte sich für Estefanos Tod verantwortlich und glaubt, dass es nun seine Pflicht sei, diesen Fall so schnell wie möglich aufzuklären. Er drängte – gar nötigte sich selbst dazu, sich zu sehr in diese Angelegenheit hineinzusteigern, sodass er sich rastlos in Arbeit vergrub, um seine Gewissensbisse zu besänftigen.

Wäre der Fall abgeschlossen, könnte Reed damit abschließen und wieder mit sich ins Reine kommen. Daher war Nines bestrebt alles zu einem Abschluss zu bringen, denn er war zu dem Entschluss gekommen, wenn er Gavin anderweitig nicht helfen konnte und dieser es auch nicht zuließ, dann bliebe ihm nur den Fall voranzutreiben. Das war die einzige Möglichkeit, um die Launenhaftigkeit seines Partners auf das übliche Pensum zurückzubringen.

Die Hoffnungen blieben vorerst unerfüllt. Ernüchtert und niedergeschlagen kehrte Nines am Abend zu seiner Wohnung zurück. Er hatte längst noch nicht alle Adressen abgearbeitet, die seine Analysesoftware ermittelt hatte, aber es war dennoch ein unzufriedenes Endergebnis für den heutigen Tag.

Er wollte gerade seine Wohnung aufschließen, als seine Nachbarin Faith ihn erspähte, da sie ebenfalls gerade nach Hause kam.

„Hey, Nines!", begrüßte sie ihn beschwingt, aber ihr freudiger Ausdruck verflog, als sie die Niedergeschlagenheit an Nines erkannte.

„Was ist los? Du wirkst betrübt."

„Ich bin nur etwas ernüchtert", erwiderte er zunächst recht wortkarg.

„Worüber, wenn ich fragen darf?", fragte Faith mitfühlend.

„Mein Partner und ich, wir geraden in letzter Zeit ständig aneinander. Er ist sehr schlecht gelaunt und extrem gereizt, weswegen es andauernd zu Auseinandersetzungen kommt. Aber egal was ich versuche, ich finde einfach keinen Zugang mehr zu ihm und das alles nur, weil wir in diesem Fall nicht wirklich vorankommen", erläuterte er.

Ein barmherziger Ausdruck machte sich auf Faiths Gesicht breit. Sie lächelte und ergriff die Hand des Androiden. „Ablenkung soll wahre Wunder wirken, sagen zumindest die Menschen", teilte sie ihm mit.