Kapitel 34 - Die ungemütliche Konsequenz von Sturheit

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Nines schleppte seinen Partner die Stockwerke hoch in seine Wohnung. Gavin murmelte und nörgelte unverständlich vor sich hin. Er hatte es ziemlich übertrieben mit dem Alkohol und sich regelrecht die Kante gegeben. Er hatte sich diesbezüglich weder von Tina noch von Chris oder Nines belehren lassen. Tina, Chris und Nines hatten es daher irgendwann aufgegeben und ohnehin für das beste befunden, dass ein dicker Kopf als Strafe dem Dickschädel guttäte.

Mitten in der Nacht hatten sie das illustre und feuchtfröhliche Beisammensein aufgelöst. Gavin hatte sich zwar vehement dagegen gesträubt, aber der Android hatte darauf bestanden den Detective nach Hause zu bringen. Tina und Chris hatten ihm beigepflichtet. Reed hatte zwar beteuert, dass er nicht so stark betrunken sei, um einen Geleitservice zu benötigen, aber es hatte sich herausgestellt, dass der Dunkelhaarige recht unsicher auf den Beinen war, auch wenn er das nicht einsehen wollte.

Nines öffnete die Wohnungstür und bugsierte Gavin hinein. Er hing mit einem Arm über den Schultern des Androiden und ließ sich nur äußerst mühselig durch die Räumlichkeit geleiten. Nines schaffte es bis zum Sofa. Gavin beschwerte sich lautstark, als er mit einem Bein gegen den Sofatisch stieß. Er begann zu fluchen und störrisch zu zappeln wie ein Fisch auf dem Trockenen, was darin resultierte, dass Gavin von den Schultern des Androiden rutschte. Er hatte den Dunkelhaarigen noch auffangen wollen, allerdings vergeblich. Gavin glitt zu Boden und saß nun zwischen Sofa und Tisch.

„Mein Schädel brummt und mir ist spei übel", murrte Gavin und drückte die Hand gegen die Schläfe.

„Kein Wunder bei der Menge an Alkohol, die du getrunken hast"

„Klappe", zischte Reed. „Wessen Schuld ist das wohl?"

Nines deutete entrüstet auf sich. „Meine etwa?"

„Natürlich! Wessen Schuld denn sonst? Du hast doch mal wieder keine Ruhe gelassen, musstest den Moralapostel und Besserwisser spielen und auf dieser Sache herumreiten!", warf er ihm vor.

Der Android konnte nur den Kopf über diese Unverbesserlichkeit schütteln. Manchmal war Reed absolut unausstehlich.

Seufzend glitt Gavin mit den Fingern durch sein Haar und ließ den Kopf leicht in den Nacken fallen. Er wirkte entmutigt, als wäre er ausnahmsweise selbst die Diskussion und eigene Hartnäckigkeit leid.

„Warum tust du das?", fragte der Detective leise und kontextlos.

„Was?" hakte Nines daher nach, dem nicht ersichtlich war, worauf sich die Frage konkret bezog.

„Na das! Alles! So zu sein, wie du bist!", erwiderte der Dunkelhaarige sichtlich verdrossen. „Warum bist du so verdammt beharrlich und lässt dich nicht von mir abwimmeln, egal was ich tue, egal wie schroff und beleidigend ich bin? Wieso ist das so? Das ist so nervig..."

Nines war verblüfft über diese Aufrichtigkeit, denn in diesem Moment zeigte er erstmals offen seine Verletzlichkeit, ohne sich die Mühe zu machen es zu verbergen oder abzustreiten.

„Weil...", setzte Nines an, als ihm jedoch bewusstwurde, dass er es gar nicht recht erklären konnte.

Aus ihm unerfindlichen Gründen fand er keine Worte dafür, obwohl er genau wusste, dass es welche dafür gab. Sie waren in diesem Augenblick nicht greifbar für ihn, als wären sie von seinem System verschwunden.

Gavin sah anhaltend und abwartend zu Nines. Er drängte nicht, sondern verweilte ebenso schweigend, aber sein Blick sprach von der Aufforderung, dass er von dem Androiden eine Antwort verlangte. Es schien ihm lediglich gleich, ob er eine Minute oder fünf darauf warten müsse.

Nines wollte ihm die Antwort unter keinen Umständen verwehren, also entschied er zu handeln. Wenn er es nicht sagen konnte, dann musste er es zeigen. Sein Körper bewegte sich ohnehin von ganz allein. Wie auf magische Weise wurde seine Motorik in Gang gesetzt und er ging in die Hocke, um mit Reed etwa auf derselben Höhe zu sein. Der Dunkelhaarige wirkte kurzzeitig irritiert, aber sah weiterhin abwartend und fragend seinen Partner an.

Reed900: What it meant to be Human || A Detroit: Become Human StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt