Kapitel 31 - Die krampfhafte Suche nach Beweisen

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Nines hatte es sich in seiner Wohnung, auf dem Sofa gemütlich gemacht. Vor ihm lag ein Sammelsurium an Akten und Papier ausgebreitet auf dem Tisch. Er versuchte die Fakten, und alles was die Spurensicherung hatte sicherstellen können, zu sondieren und zu analysieren. Allerdings mangelte es Nines an Konzentration. Er hatte gehofft, wenn er die Arbeit mit nach Hause nahm, könne er sich besser darauf fokussieren als im DPD, doch das war ein Irrtum.

Er war noch immer unkonzentriert, weil er ständig an Gavin denken musste. Nach der Auseinandersetzung mit Dominguez und der Standpauke von Fowler, war Gavin nicht mehr beim DPD aufgekreuzt. Das war nun zwei Tage her.

Nines hatte seither mit sich gehadert, ob er seinen Partner anrufen oder direkt einen Besuch abstatten sollte, letztendlich hatte er sich stets dagegen entschieden, in der Annahme, dass es Reed vielleicht mal guttun würde, wenn er ein wenig seine Ruhe hätte. Zudem hatte Tina Chen gemeint, dass Gavin sich von allein schon wieder einkriegen würde, denn so wäre es andauernd. Daher hatte Nines es für klüger empfunden, ihn einfach in Frieden zu lassen und ihm nicht zusätzlich noch auf die Nerven zu gehen. In der Zeit, während er auf Gavins Rückkehr wartete, wollte er die Arbeit natürlich nicht liegen lassen, sondern vorbildlich weiter am Fall dranbleiben. Auch in der Hoffnung, dass er seinem Partner eventuell gute Fortschritte präsentieren könnte, sobald Reed hier auftauchen würde. Das würde den Detective sicherlich positiv stimmen und erfreuen, doch Nines kam nicht gut voran. Um ehrlich zu sein, war er kein Stück vorangekommen, weil er ständig wieder abgelenkt wurde von seinen eigenen Gedanken.

Der Android tätschelt sich selbst die Wangen.

„Konzentrier dich, Nines!", ermahnte er und versuchte sich neu zu fokussieren.

Er schloss die Augen und tauchte ab in die Tiefen des Zen-Garden. Dort hatte er alle Daten, die bisher zu den Fällen gesammelt worden waren, auf einen Blick beisammen. Vom Zen-Garden aus konnte er alles x-beliebig abrufen und er konnte für sich allein sein, ohne irgendwelche Einflüsse von Außerhalb. In seiner Gedankenwelt war er prinzipiell ungestört. Das Problem war nur, dass Gavin Reed ihn bis hier her verfolgte. Die Gedanken rund um den Detective hatten sich derweil so sehr in seinem System manifestiert, dass sie sich materialisiert hatten und sein Interface gelegentlich ein astreines KI-Abbild des Detectives erschuf.

„Warum rufst du ihn nicht mal an?"

Nines versuchte geflissentlich die Stimme zu ignorieren und sich auf die Fakten zu konzentrieren.

„Erde an Blechdose!", ließ das Abbild Gavins keine Ruhe.

Nines gab nach und antwortete distanziert: „Weil Gavin seine Ruhe haben will, das macht er oft genug unmissverständlich klar. Er würde mich sowieso nur abweisen und das käme seiner ohnehin angeschlagenen Laune nicht zugute."

KI-Gavin stellte sich neben Nines und warf ebenfalls einen Blick auf die Fakten, während er nachdenklich sich mit dem Zeigefinger auf die Unterlippe tippte. „Du weißt schon, dass sehr viele Menschen oftmals etwas sagen, aber das komplett gegenteilige davon meinen, oder? Sowas nennt man Psychologie."

„Ja, die menschliche Psyche und Verhaltensweisen sind sehr komplex, das ist mir nicht entgangen. Es gibt unzählige Kombinationen an Verhaltensmustern, von denen etliche sehr widersprüchliche Strukturen haben sowie absolut irrational sind", erläuterte Nines äußerst faktisch.

„Also solltest du zu ihm gehen. Ich bin sicher er vermisst dich", schlussfolgerte Gavins Ebenbild.

„Das sagst du nur, weil deine KI meinem Interface entstammt", blockte der Android trocken ab.

„Na ja, seien wir ehrlich, du kannst dich doch sowieso nicht auf die Fakten konzentrieren. Also spricht nichts dagegen Detevtive Reed einen Besuch abzustatten und ihn um Hilfe zu bitten", konterte die KI und sah süffisant lächelnd zu Nines, der ihn mit einem düsteren Blick bedachte.

Reed900: What it meant to be Human || A Detroit: Become Human StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt