20. Fortitude - Glück (AzumanexOC)

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Auf Zehnspitzen gestellt, versuchte sie jetzt schon für eine gefühlte Ewigkeit an die Packung am oberen Regal ran zukommen. Warum war sie auch so klein? Wenn sie nicht so unsicher wegen ihres Gewichtes wäre, dann würde sie sich am Regal abstützen, aber so hatte sie Angst, dass etwas kaputtging. Seufzend ging sie ein wenig in die Hocke und versuchte leicht zu springen, vielleicht hatte sie dann ja endlich Erfolg.
Jedoch wurde sie von einem Arm, der über sie hinweg griff, gestoppt. „Ist das das Richtige oder wolltest du die Backmischung von weiter hinten?"
Überrascht sah sie den jungen Mann, der sie freundlich anlächelte, an und nahm die Packung von ihm entgegen. „Danke, das ist die Richtig", erwiderte sie und lächelte scheu zurück. „Kein Problem, meine Größe muss ja zu etwas zunutze sein", antwortete er ihr und kratze sich verlegen am Hinterkopf.
Kaede betrachtete ihn etwas genauer. Er war wirklich groß und durch seinen kleinen Ziegenbart und die langen Haare wirkte er fast bedrohlich, wenn da nicht seine freundlichen braunen Augen wären.
Ihr Blick blieb an seiner Schuluniform hängen, die ihr sehr bekannt vorkam. „Karasuno?", fragte sie ihn deswegen neugierig. Verwundert kratze er sich an der Wange und nickte. Eilig erklärte sie, dass ihr großer Bruder ebenfalls bis letztes Jahr auf dieselbe Oberschule gegangen war. Erstaunlicherweise kamen sie schnell ins Gespräch und erledigten gemeinsame ihren Einkauf.
Mit voll gepackten Tüten stand sie nun vor dem Laden und wollte sich verabschieden, da griff er nach den Tüten. „Das sieht schwer aus, ich helfe dir. Wo musst du lang?"
„Aber was ist mit deinen Einkäufen?", erwiderte sie überrascht und sah ihn fragend an. Der Junge wank nur ab und wartete auf ihre Antwort.
Erstaunt über seine Nettigkeit sah sie ihn nur verwundert an und stammelte ihr Adresse vor sich hin. Er nickte nur und machte sich auf den Weg, während sie unschlüssig neben ihm herlief. „Erfahre ich wenigstens deinen Namen?", fragte sie neugierig. „Oh natürlich, Azumane Asahi und deiner?", antwortete er sofort. „Yamato, Kaede", erwiderte sie und strahlte ihren freundlichen Helfer an.

Kaede musste zugeben, dass sie sich wirklich gut auf dem Nachhause weg verstanden hatten. Deshalb war sie schon fast traurig, als sie die Tür aufschloss und sich zum Abschied umdrehte. Sie holte gerade Luft, da sah sie den roten Schimmer auf seinen Wangen. Verlegen kratze er sich wieder am Hinterkopf. „Das..Das war wirklich ein nettes Gespräch...Hät-Hättest du Lust noch einen Kaffee trinken zu gehen?" Azumane konnte ihr dabei nicht in die Augen sehen, was sie schon fast süß fand. Begeistert von der Idee, nickte sie eifrig. „Ja gerne, lass mich nur eben das Einkaufen verstauen, dann komme ich wieder raus."
Sie konnte sich nicht erinnern je in ihrem Leben so schnell alles in den Schränken verstaut zu haben. „Kaede, ist dir etwa ein unheimlicher Kerl gefolgt?" Besorgt sah ihre Mutter sie an und betrat die Küche. Sie schüttelte sofort den Kopf. „Nein! Er war so nett und hat mir beim Tragen geholfen", klärte sie sofort auf.
Das wissende Lächeln ihrer Mutter ließ sie etwas erröten. „Willst du ihn dann nicht als Dank hereinbitten?"
Erneut schüttelte sie nur den Kopf. „Er hat mich zu einem Kaffee eingeladen", murmelte sie leise vor sich hin und versuchte sich an ihrer Mutter vorbeizudrücken. Diese lachte nur auf bei ihrem Versuch einem Gespräch aus dem Weg zu gehen. „Dann viel Spaß!"

„Ist das jetzt wirklich dein ernst, Kaede?", stöhnte ihre beste Freundin Yui genervt auf. Verwegen grinste Kaede sie an. „Ja! Vielleicht ist er ja heute da!", erwiderte sie schulterzuckend und öffnete die Türe zu dem kleinen Café. Die Laute, die ihre Freundin von sich gab, ignorierte sie gekonnte und sah sich kaum, dass sie eintrat, aufmerksam um. Es waren jetzt drei Wochen vergangen, seit sie Azumane getroffen hatte.
Sie konnte ihre Wut gar nicht in Worte fassen, wie schusselig sie gewesen war. Vor lauter Nervosität und guter Gespräche hatten sie beiden vergessen ihrer Nummern auszutauschen. Das hatte zur Folge, dass Kaede ihre Freundin fast täglich in das kleine Café oder den Supermarkt schleppte, in dem sie ihn getroffen hatte. Leider war ihre Suchen bis jetzt erfolglos gewesen.
Jemand rempelte sie kräftig von hinten an und riss sie so aus ihren Gedanken. „Tss, wenn man schon so breit ist, kann man dann nicht wenigstens zur Seite gehen?", zischte einer der beiden Mädchen ihr abschätzig zu und wandet sich dann direkt lachend ihrer Freundin zu. „Das sich manche Menschen so raustrauen."
Beschämt senkte Kaede ihren Blick und schluckte schwer. Sie konnte nichts gegen die Tränen in ihren Augen und die Unsicherheit tun, die sich in ihr ausbreiteten. Vielleicht hatte Azumane es auch absichtlich vergessen? Wer wollte sich denn auch schon freiwillig mit ihr treffen?
Ein Schluchzen unterdrückend, drehte sie sich um und wollte die Türe wieder raus. Doch kam sie nicht weit, weil sie in jemanden hineinstürmte. Überrascht sah sie auf und warme braune Augen blickten ihr entgegen. Laut zog sie die Luft ein als ihr ein bekannter Geruch entgegenkam und sie ein Lächeln in dem Gesicht von ihrem Gegnüber sah. „Yamato-san!"
Der Freude folgte die Erkenntnis. „Ist es was passiert? Bist du verletzt? Habe ich dir wehgetan? Es tut mir so leid. Ich-" „Nein Azumane-kun", antwortete sie leise und senkte ihren Blick beschämt. Eigentlich wollte sie ihm noch näher sein, doch ihre Zweifel kamen in ihr wieder auf und alles, an was sie deshalb dachte, war die Flucht. Doch er ließ sie nicht. Schützend hatte er seinen Arm um sie gelegt, als sie ineinander gelaufen waren und verharrten immer noch in dieser Position. Leise nahm sie wieder die gehässigen Worte der beiden Mädchen von vorhin wahr und zuckte zusammen. „Mmh."
Langsam löste er sich von ihr und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Kaede konnte indessen nur ihre Füße ansehen und wäre am liebsten im Erdboden verschwunden. „Komm Ka-Kaede-chan ich lade dich ein", sagte Azumane laut genug, dass das ganze Café ihn hören musste.
Völlig überrascht sah sie wieder auf in sein Gesicht. Die Röte war nicht zu übersehen und er kratze sich wieder unsicher an der Wange. Als sie sich nicht zu rühren schien, schob er sich vor sie und beugte sich zu ihr hinab. Aus einem anderen Winkel sah es wahrscheinlich so aus, als würde er sie küssen.
„Bitte spiel einfach mit", flüsterte er ihr ins Ohr. Sein warmer Atem in ihrem Nacken bereitete ihr eine Gänsehaut. Langsam löste sie sich zitternd aus ihrer Starre und nickte. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen und sie sah wieder zu ihm hoch.
Er schmunzelte sie ebenfalls an und nahm sie am Arm, um sie zu einem freien Tisch zu ziehen, außer Hörweite von den anderen beiden Mädchen.
„Puuh....Yamato-san tut mir leid! Ich wollte dir nicht zu Nahe treten, nur...nur ich habe die beiden gehört und...und ich wollte...", stotterte er und verhaspelte sich mit jedem Wort mehr, ehe er tief ein atmete und von vorne anfing. „Ich wollte nicht, dass sie so über dich reden...und...und ich bin froh, dass wir uns endlich wiedersehen."
Aufrichtig sah er ihr in die Augen und wartete nervös ihre Reaktion ab.
Kaede wusste nicht was sie darauf erwidern sollte. Er war nicht wie alle anderen von ihr angewidert oder enttäuscht? Er freute sich sie wieder zu sehnen?
„Okay es war doch eine doofe Idee, dich so zu bedrängen, wenn du willst geh-" „Nein! Azumane-kun, bitte bleib hier!", sagte sie lauter und energischer als sie wollte.
Ein breites Grinsen bildete sich auf ihren Lippen. Fühlte sich so Glück an? Konnten ein paar kleine Worte von einem fast Fremden wirklich so sehr ihr Herz erwärmen?
„Ich...ich war fast jeden Tag hier um nach dir zu sehen", gestand sie leise und sah peinlich berührt auf die Tischplatte. Sie hörte ihn erleichtert ausatmen. „Es tut mir so leid! Ich war so mit dem Volleyball beschäftigt, dass ich es immer nur Abend geschafft habe...aber da warst du immer schon weg", entschuldigte er sich. „Ich wollte dir doch unbedingt meine Nummer geben, damit wir uns wieder sehen können."
Erneut sah sie auf in seine warmen braunen Augen. Sie konnte nichts dagegen tun und einfach nur vor sich hin lächeln. In seinem Gesicht konnte sie genau erkennen, dass jedes Wort wahr zu sein schien. „Hier."
Er schob ihr einen abgegriffenen Zettel über den Tisch. Hatte er ihn die ganzen drei Wochen mit sich herumgeschleppt?
Glücklich nahm sie ihn entgegen und zückte sofort ihr Handy, damit sie die Nummer einspeichern konnte. Sie stockte kurz, als sie die Nachricht von ihrer besten Freundin sah. Sie hatte Yui komplett vergessen!
Na geht doch! Ich hoffe ihr beide habt Spaß und ich muss dich nicht mehr in dieses doofe Café begleiten. Viel Glück, Kaede und ruf mich nachher an! Ich will ALLES hören.
„Alles in Ordnung? Also wenn du sie nicht abspeichern willst, kann ich das verstehen", stammelte Azumane leise vor sich hin.
Bestimmt schüttelte sie den Kopf und schrieb ihm direkt eine Nachricht. Erleichtert sah er auf sein Handy.
Beide lächelten sie sich glücklich an. Seit langem spürte sie eine innere Zufriedenheit in sich. In seiner Nähe fühlte sie sich wohl, denn es schien ihm egal zu sein, wie sie aussah. Bei ihm hatte sie das Gefühl, dass er nur den Menschen in ihrem inneren sah und es erfüllte sie so mit Glück, dass sie gegen das aufgeregte Kribbeln in ihrem Bauch nichts mehr tun konnte.

120 Ways of love (OS Sammlung) (boy x reader /oc)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt