11. Memory - Erinnerung (Yahaba x OC)

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Yahooo~~~~
*aus Versteck hervor gekrochen kommen*
Leute es tut mir so unglaublich Leid, dass so ewig nichts mehr kam...aber es ging irgendwie nicht anders. Ich hoffe es bessert sich jetzt alles wieder, weil ich bin definitiv wieder motiviert und voller Ideen. Ich werde mich bemühen wieder regelmäßiger was zu posten, auch wenn ich es nicht versprechen kann.
Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen! Und hoffentlich bis bald <3

glg Yuriako

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Es war nicht so, dass Seika nicht hier sein wollte, aber es wäre gelogen, wenn sie sagen würde, dass sie es gerne war.
Hier, umgeben von Menschen, die sie nicht kannte und die viel älter waren als sie. Warum hatte man sie nur an diesen Tisch gesetzt?
Frustriert seufzte sie auf und zog den missbilligenden Blick irgendeiner Tante des Bräutigams auf sich. Alte Menschen waren manchmal wirklich gruselig, was dachte sie da nicht manchmal, eher fast immer.
Plötzlich wurde sie von einer warmen Umarmung von hinten aus ihren düsteren Gedanken gerissen.
„Es tut mir wirklich leid, Seika! Da ist wirklich ein doofer Fehler unterlaufen."
„Irgendwie ist dein Name bei der Gästelist hier an diesen Tisch gelandet. Ich habe Toru schon damit beauftragt, dass du an den Tisch mit Hajimes alten Teamkollegen kommst", entschuldigte sich Miharu aufrichtig und senkte ihre Stimme für den nächsten Satz.
„Damit du hier nicht bei den Millionen Jahren von seiner Familie versauern musst."
Kichernd drückten die beiden Freundinnen sich und die Braut verabschiedete sich mit einem fröhlichen Winken. Seika sah, wie sich Miharus Gesichtsausdruck änderte, als sie in Richtung ihres Mannes sah. Ihre Züge waren plötzlich noch so viel weicher und voller Liebe und diese dezente Bewegung in Richtung des Bauches entging ihr natürlich nicht. Hätte sie Miharu nicht so unglaublich gerne, wäre es fast schon widerlich, wie harmonisch und verliebt die beiden immer noch waren.
„Sie ist wirklich das Beste, was unserem Hajime hätte passieren können, fast schon zu gut für ihn", hörte sie eine ältere Dame sagen und Seika nickte bestätigend in ihre Richtung.
Leider hatte sie noch nicht oft das Vergnügen mit ihm gehabt, aber aus Miharus Erzählungen wusste sie, dass es mit ihm alles andere als langweilig wurde.
„Aber er scheint ihr auch gut zu tun. Sehen Sie nur, wie glücklich die beiden zu seinen scheinen."
„Ich hab ja immer gedacht, er endet mal mit Toru-chan. Die beiden waren wirklich unzertrennlich", fügte sie noch murmelnd und Kopf schüttelnd hinzu.
Seika konnte das Lachen kaum einhalten. Auch wenn sie die Leute noch nicht persönlich kannte, wusste sie genau von wem die Rede war.
Oikawa Toru.
Als hätte er gehört, dass man über ihn redete, kam er mit einem atemberaubenden Lächeln auf sie zu. Dieser Kerl sah verboten gut in seinem Anzug aus, aber das würde er wahrscheinlich auch in einem Kartoffelsack. Seika konnte einfach nicht fassen, dass er noch Single war, genauso wenig die ganzen Geschichten, die sie schon gehört hatte.
„Die Nervensäge hat echt einen siebten Sinn, wenn es darum geht, dass man über sie lästert", murrte die Frau neben ihr genervt und schnaubte leise, dass Seika nur dümmlich grinsen konnte.
„Oh du musst Seika-chan sein!", begrüßte er sie gleich mit einer kleinen Verbeugung. Dass er sie direkt so vertraut anredete, ignorierte sie einfach. Man hatte sie in dieser Hinsicht vorgewarnt.
„Würdest du mit mir mitkommen? Hab am Tisch von den Chaoten ein wenig Platz geschaffen und den Jungs eingebläut sich zu benehmen", erklärte er gleich und reichte ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie versuchte nicht allzu rot zu werden, denn so viel Aufmerksamkeit war sie gar nicht gewöhnt und dann auch noch von so jemanden.
Seine Hand fühlte sich warm und weich an und auch der Geruch seines dezenten Parfüms war einfach nur angenehm. Irgendwie wäre es ja schon lustig, wenn sie etwas mit ihm anfangen würde. Miharu und sie waren auf der Arbeit so enge Freunde geworden, dass sie bestimmt nichts dagegen hätte.
Aber ein weiterer Blick in seine umwerfenden braunen Augen brachte sie in die Realität zurück. Er spielte einfach in einer ganz anderen Liga und war einige Nummern zu groß für sie. Seika war dafür einfach viel zu unerfahren in allen Liebesbelangen. Die erste und letzte wirkliche Beziehung hatte sie in der Highschool gehabt und das letzte Date, dass nicht in einer völligen Katastrophe geendet hatte, war auch schon Monate her. Seitdem hatte sie es auch fürs Erste aufgegeben.
„Weißt du die Jungs sind zwar komisch, aber eigentlich ganz nett. Wenn es Probleme gibt, sprich mich einfach an Seika-chan, ja?", flötete er fröhlich und drehte den Kopf in ihrer Richtung.
Verlegen strich sie sich die hellen, braunen Haare hinters Ohr und nickte. Eigentlich war es ihr auch egal, sie war nur froh nicht mehr an dem Tisch hinten zu versauern. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr werden.
Der Tisch, auf den ihr Begleiter zu steuerte, war schon von weitem zu hören.
Zwei junge Männer, die sie auch schon mal bei Miharu zu Hause gesehen hatte, hielte sich vor Lachen den Bauch, während Iwaizumi sie abwechselnd böse anstarrte.
Oikawa ging einen Schritt schneller und brachte sich sofort in das Gespräch mit ein.
„Mattsun! Maki! Heute dürfen nur Mi-chan und ich ihn ärgern!"
Das Gelächter wurde am Tisch wieder groß und sie trat schüchtern neben den Trauzeugen.
„Ey Shittykawa! Ich hab dir verboten, dass du jemanden mitbringst, das gibt nur Chaos!", knurrte Iwaizumi sofort und machte zwei große Schritte auf sie beide zu. Was zur Hölle war hier los?
Abwehrend hob Oikawa die Hände und wie aus dem Nichts erschien Miharu zwischen den beiden Männer.
„Iwaizumi Hajime! Es ist unsere Hochzeit, heute wird nicht herumgeschrien, außerdem gehört sie nicht zu ihm, sondern ist eine gute Freundin von mir", fuhr sie ihn harsch an und legte ihm bestimmt die Hände auf die Brust. Sofort herrschte Stille, um das Brautpaar herum.
Dann passierte es wieder.
Beim Anblick seiner Frau wurde sein Gesicht so unglaublich weich und zärtlich. Alle Wut war aus seinen Zügen verschwunden und es gab nur noch ein Lächeln. Einen schnellen wütenden Blick warf er noch Oikawa zu, der ihm nur die Zunge rausstreckte, dann galt Iwaizumis ganze Aufmerksamkeit wieder Miharu. Sie hatte ihn wirklich voll und ganz im Griff.
„Komm, wir gehen mal zu den anderen", sagte sie schnell und drückte seine Hand, ehe sie ihn vom Tisch seiner Freunde fortzog. Miharu warf ihr noch einen entschuldigenden Blick zu und war dann wieder unter den Gästen verschwunden.
Warum auch immer ging ihr das Herz auf. Wie viel Glück musste man bitte haben, so jemanden in seinem Leben zu finden?
Leise seufzte sie auf.
„Da wird man richtig neidisch, was?", murmelte Oikawa nachdenklich und fuhr sich durch das braune Haar.
„Ich hoffe, irgendwann finde ich auch jemanden, der mich so ansieht."
Seika wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, es war als hätte er ihre Gedanken gelesen.
Mit einem lauten Klatschen wand er sich dann aber der Meute vor sich, die sich wieder anderen Themen gewidmet hatten.
„Leute! Das ist Seika-chan, eine von Miharus Freundinnen, und ich habe sie vor bösen, faltigen Menschen gerettet, also seit bitte nett zu ihr. Wir wollen doch nicht, dass Miharu sauer mit uns wird, oder?", erklärte er der Gruppe vor ihm, die sie nur mit großen Augen musterten.
Schüchtern hob sie die Hand und winkte kurz, ehe sie sich richtig vorstellte.
„Ida Seika, freut mich."
Ein lautes nach Luft schnappen ließ sie aufsehen.
Einen Moment brauchte sie, um die Quelle des entrüsteten Tons auszumachen, ehe sie ihren Augen nicht glaubte.
Anscheinend kannte sie hier doch jemanden.

Natürlich hatte man sie neben ihn gesetzt, auf ihrer linken Seite saß ein etwas nervöser Kerl, der sich als Kindaichi vorgestellt hatte. Aber auf ihrer rechten Seite saß niemand anderes als Yahaba Shigeru. Der Schreck ihrer Mittelschulzeit, bevor sie nach Tokyo mit ihren Eltern gezogen war. Dass sie sich unbehaglich fühlte, war untertrieben.
„Also wenn du nicht deinen Namen gesagt hättest, hätte ich dich echt nicht erkannt, Ida-san", eröffnete er ein Gespräch und musterte sie neugierig.
Nur zu genau wusste sie, was er meinte.
Zu der Zeit hatte sie irgendeine seltsame Phase gehabt. Ihre Haare waren pechschwarz gefärbt gewesen und man hatte unter dem Pony nicht viel mehr als die dicke, schwarze Brille erkenne können. Generell war sie eher ruhig und in sich gekehrt gewesen, ganz anders als er. Wie sehr hatte sie es gehasst neben ihm zu sitzen, weil ständig irgendwer bei ihm war und er sie einfach nicht in Ruhe gelassen hatte. Immer hatte er reden wollen oder sie mit Kleinigkeiten, die ihr entgangen waren, aufgezogen.
„Naja, Zeiten ändern sich, aber du anscheinend nicht. Ich hab dich sofort erkannt, Yahaba", knurrte sie nur und nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas. Sie fühlte sich unweigerlich zurückversetzt und ihre Gefühle nagten an ihr, als wäre das alles nicht über zehn Jahre her. Nervös, um ihre Gefühle zu unterdrücken und nicht zu flüchten, kaute sie innen auf ihrer Lippe.
„Ich hab doch nur versucht, dir ein Kompliment zu machen. Jetzt sieht man wenigstens deine schönen grünen Augen und die Haarfarbe steht dir auch wesentlich besser als das düstere schwarz", erwiderte er angesäuert und pustete sich die Strähnen aus dem Gesicht.
Überrascht hielt Seika inne und sah ihm das erste Mal in die Augen. Hatte er das gerade wirklich gesagt? War das auch kein Trick, damit sie sich am Ende wieder schlechter fühlte?
„Da-Danke?", stotterte sie überfordert, konnte den Blick aber nicht von seinen großen, braunen Augen abwenden. Es war so viel Zeit vergangen. Menschen konnten sich ändern, oder?
„Also was machst du mittlerweile so? Wir haben uns wirklich ewig nicht mehr gesehen! Ich finde es irgendwie cool, dass wir uns so wieder treffen", redete er locker weiter und lächelte sie aufmunternd an. Er schien die alten Sachen einfach auszublenden und ihre Gesellschaft zu genießen.
Das veränderte die Situation für sie irgendwie. Es war nicht gut an alten Sachen festzuhalten. Und eigentlich hatte er ihr nie ernsthaft etwas getan und um Himmelswillen! Sie waren dumme, kleine, ignorante Kinder gewesen! Seika wollte wirklich über ihren Schatten springen und froh sein, hier jemanden gefunden zu haben, den sie kannte. Also holte sie tief Luft und sammelte sich.
„Ich arbeite mittlerweile als Krankenschwester. Miharu und ich haben früher zusammengearbeitet und Kontakt gehalten und deswegen bin ich jetzt hier. Und du? Du hast früher mit Iwaizumi-san zusammen .... Was habt ihr eigentlich gespielt?"
Erst jetzt fiel ihr auf, wie wenig sie doch über den Mann ihrer Freundin wusste. Yahabas Augen glänzten vor Freude und sofort fing er an zu erzählen.
„Wir sind die ehemalige Volleyballmannschaft der Aoba Johsai. Unseren ehemaligen Captain hast du ja schon kennen gelernt. Irgendwie hält er uns alle immer noch zusammen, sobald er in Japan ist. Aber auch Iwaizumi legt wert darauf, dass wir uns alle mal hin und wieder sehen", erklärte er voller Stolz, dass Seika kichern musste.
„Was ist daran bitte so lustig?", wollte er irritiert wissen und legte den Kopf schief.
„Wie du das erzählst. Aber ich finde es echt cool, dass ihr immer noch Kontakt haltet seit der Oberschule, ehrlich", antwortete sie sofort beschwichtigend.
Nachdenklich nickte er und grübelte.
„Und was machst du so beruflich?", harkte sie weiter nach. Irgendwie war es befreiend, so als würde sie ein kleines Stück der Vergangenheit akzeptieren und endlich hinter ihr lassen. Und wenn sie ehrlich war, schien er gar nicht so verkehrt zu sein.
„Ich bin sowas wie ein Personaltrainer. Hab meine Leidenschaft den Sport zum Beruf gemacht."
Breit grinste er sie an und erwartete anscheinend ein Lob oder etwas in der Art.
„Dafür siehst du aber ganz schön mager aus", sagte Seika nur und hob eine Augenbraue fragend an. Während Yahaba nach Luft schnappte, regte sich etwas auf ihrer anderen Seite. Kindaichi hatte wohl mitgehört und fing an zu lachen.
„Siehst du! Sag ich dir doch, dass du dafür einfach viel zu wenig trainiert aussiehst", bestätigte er und auch die anderen am Tisch grinsten vor sich hin.
„Warte. Ihr denkt das alle?!", fragte er entrüstete nach. Ohne weiteres nickte sie alle am Tisch.
„Naja wir haben Iwaizumi-san als vergleich...und nun ja..."
Alle Blicke glitten erst in Richtung des Bräutigams und dann zurück zu Yahaba.
„Ja, ja, ja...ist schon gut aber mit dem konnte doch schon in der Oberschule keiner mithalten", verteidigte er sich trotzig und verschränkte wie ein kleines Kind die Arme vor der Brust.
Jetzt konnte sie nicht anders und lachte laut los. Nie hätte sie gedacht, dass ausgerechnet er sich so von seinen Freunden aus der Fassung bringen ließ. Früher hatte er immer so unnahbar, fast schon arrogant und in jedem Fall oberflächlich gewirkt, dass sein jetziges Verhalten ihn in ein ganz anders Licht rückte.
Aber ein viel besseres, wie Seika fand.

Der Abend schritt immer weiter voran. Seika amüsierte sich wirklich köstlich mit der ehemaligen Volleyballmannschaft. Die jungen Männer waren alle sehr freundlich und kümmerten sich um sie, als hätte sie schon immer dazu gehört. Dieses Gefühl hatte sie wirklich schon lange nicht mehr gehabt.
Je später es wurde und der Alkoholpegel stieg, desto näher und intensiver wurden die Gespräche mit Yahaba. Nie im Leben hatte sie jemals damit gerechnet, dass die beiden doch so viel gemeinsam hatten und sich jetzt im erwachsenen Alter gut verstanden.
„Komm, wir gehen tanzen!"
Ehe sie protestieren konnte, wurde sie von ihm auf die Tanzfläche zu den anderen gezerrt. Sie beide waren so versunken in ihr Gespräch gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, dass sie mittlerweile alleine an dem Tisch gesessen hatten.
Wild wirbelte er sie herum und sie musste lachen. Sie glaubte nicht, dass sie schon mal so viel Spaß unter fremden Leuten gehabt hatte. Nie im Leben hatte sie am Anfang der Feier damit gerechnet.
Lachend tanzte sie mit ihm zusammen und hatte einfach nur den Spaß ihres Lebens. Es war einfach befreiend.
Gerade, als sie etwas außer Puste war, wurde die Musik ruhiger. Fragend hob er die Augenbrauen und hielt ihr auffordernd die Hand hin. Wollte er wirklich?
Etwas nervös legte sie ihre Hand in seine und er zog sie sanft zu sich. Ihr Herz schlug augenblicklich etwas schneller, als sie den Geruch des Parfüms und seine Nähe wahrnahm.
Vorsichtig wanderten seine Hände in Richtung ihrer Hüften und sie legte ihre zaghaft über seine Schultern. Tief sahen sie sich in die Augen. War es wirklich in Ordnung, so vertraut mit ihm zu sein?
Damit sie ihm nicht weiter anstarrte, wanderte ihr Blick durch den Raum, während er sie führte.
Ihr Blick blieb wieder an dem Brautpaar hängen.
„Die beiden sind unglaublich zusammen, oder?", flüsterte er, als er ihren wehmütigen Blick in diese Richtung gesehen hatte.
Seika wandte den Blick ab und nickte ihm zu.
„Ja. Ich habe das noch nie aus nächster Nähe so erlebt. Die beiden sind immer noch so verliebt...und.. Oh Gott! Wäre sie nicht meine Freundin und ich würde es ihr so sehr gönnen, wäre es schon fast widerlich kitschig, wie die beiden sich ansehen", machte sie ihren Gedanken Luft.
Sie spürte durch die Nähe, dass er lachte und sah ihm wieder in die Augen.
„Mir geht es auch so. Ich gönne es den beiden, aber ich bin auch etwas eifersüchtig, wenn ich das so sehe."
„Aber es gibt Hoffnung, dass es so etwas wie die wahre Liebe wirklich gibt", flüsterte Seika ohne nachzudenken, was und vor allem wem sie da gerade davon erzählte.
Doch er schmunzelte nur zustimmend und widmete sich wieder ihrem Tanz. Es war einfach nur seltsam.
Früher hatte sie ihn verflucht und dann hatte sie ihn eigentlich vergessen. Aber jetzt so an seiner Seite zu sein fühlte sich nicht schlecht an. Im Gegenteil, es fühlte sich gut an.
„Weißt du, du bist wirklich hübsch. Eigentlich...habe ich das damals schon gedacht. Aber du warst immer so komisch und ich hab viel zu viel Wert drauf gelegt, was andere von mir halten, um über meinen Schatten zu springen", sprach er auf einmal ganz dicht an ihrem Ohr.
„Aber wer weiß, vielleicht würden wir dann jetzt nicht hier so eng zusammen tanzen, wenn ich damals etwas Mut besessen hätte. Manchmal müssen mache Dinge wohl so passieren, wie sie es tun."
Seine Worte trafen sie tief. Hielt er das hier für eine schicksalhafte Begegnung?
Um ihre Unsicherheit etwas runterzuspielen, lachte sie und brachte ein klein wenig Abstand zwischen sie, ehe es ihr ganz den Verstand raubte.
Er musste doch merken, dass ihre Hände schon schwitzig waren und wie schnell ihr Herz jetzt schon schlug. Was passierte hier gerade nur?
„Alles gut, Seika?", fragte er besorgte und ein Schauer erfasste sie. Eilig nickte sie und löste sich aus der Umarmung.
„Ich muss nur eben auf Toilette."
So schnell hatte sie schon ewig nicht mehr die Flucht ergriffen. Ihr dummes Herz wollte sich nicht mehr beruhigen. Wenn sie nicht so verdammt lange für ihr Make-up gebraucht hätte, hätte sie sich bestimmt schon Wasser ins Gesicht gespritzt, um endlich wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Nachdenklich betrachtete sie ihr Spiegelbild und ließ den Abend Revue passieren. Eigentlich war er einer der Schönsten in letzter Zeit gewesen.
Die Schichten waren anstrengend gewesen, dass nicht mehr viel Zeit für Freunde und Familie geblieben war. Umso mehr hatte sie sich deswegen drauf gefreut heute Miharu wiederzusehen und mal abzuschalten. Dass sie aber so sehr tun würde, hätte sie nicht mitgerechnet.
Ihre Gedanken kreisten. So viele Erinnerungen spielten sich immer wieder ab, die sie so weit verdrängt hatte. Diese Person war sie nicht mehr. Wollte sie nie wieder sein.
Seine Worte hallten dabei immer wieder in ihrem Kopf wider und sie schluckte schwer. Blinzelte wie verrückt, um die Tränen zu unterdrücken.
Was war jetzt nur los? Was hatte er in ihr ausgelöst?
Zitternd ließ sie sich an der Wand der Toilette zu Boden gleiten, das teure Kleid musste sie dann halt in die Reinigung bringen. Irgendwie war das gerade alles zu viel und sie wusste nicht wo hin mit sich selbst.
Nur aus dem Augenwinkel bekam sie mit, wie die Türe zur Toilette aufgestoßen wurde und jemand eintrat, auch das Klicken, als abgeschlossen wurde, registrierte sie nicht.
Erst, als sie spürte, wie sich jemand neben sie setzte, blickte sie zu der anderen Person.
Ihre Gesichtszüge froren ein und sie verstand es einfach nicht.
„Also ist doch nicht alles in Ordnung, was?", fragte er sie vorsichtig und fuhr sich durch die braunen Haare.
Unfähig zu antworten, zuckte sie einfach mit den Schultern und sah auf ihre Schuhe.
„Ich weiß, dass ich damals nicht immer nett zu dir war, und auch, dass heute davon bestimmt einiges hochgekommen ist. Ich möchte mich für mein dummes, junges Ich wirklich entschuldigen."
Seine Worte trieben die Tränen immer weiter in die Augen, die sie mit aller Macht versuchte zu unterdrücken.
„Aber ich, nein wir beide sind jetzt anders, deshalb...ich freue mich wirklich, dich wieder getroffen zu haben, Seika."
Aufrichtigkeit lag in seiner Stimme, auch wenn sie leise war.
„Und wenn du das möchtest...ich bin noch ein paar Tage in Tokyo, vielleicht können wir was gemeinsam unternehmen und neue Erinnerungen schaffen?", fügte er behutsam hinzu.
Sie wusste einfach nicht, was sie dazu sagen sollte. In ihr herrschten zwei Lager.
Das eine wollte bloß weg hier und alles wieder ausblenden und wieder vergessen, das andere wollte ihn kennenlernen. Wollte das sich endlich etwas Schönes aus diesen schweren Erinnerungen entwickelte. Wollte den Menschen, der er heute war, kennen lernen. War dieser Gedanke so verwerflich?
„Ja...vielleicht wäre das was, Shigeru."
Das erste Mal sprach sie seinen Vornamen aus. Es fühlte sich seltsam, aber nicht unangenehm an. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, als sie ihm wieder in die Augen sah.
„Weißt du, nicht jeder kann so eine schöne Geschichte haben, wie die beiden, aber ich glaube fest daran, dass es sowas wie das Schicksal gibt. Irgendwer passt schon drauf auf, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, um diese eine Person zu treffen."
Überrascht über seine Aussage wurden ihre Augen groß und sie betrachtete ihn, wie er etwas näher rutschte.
„Auch wenn es auf der schnulzigsten Hochzeit überhaupt auf dem Boden einer Toilette ist."
Während sie über seine Aussage kicherte, rutschte er noch näher und griff zärtlich nach ihrem Gesicht.
„Darf ich? Ich möchte wissen, ob mein Gefühl richtig ist", flüsterte er noch kurz bevor sich ihre Lippen berührten.
Seika wusste nicht, ob es an der Situation, dem Alkohol oder einfach an ihm lag. Aber sie ließ es geschehen und schloss ihre Augen.
Hörte auf ihr Herz und ließ die Vergangenheit etwas los. Warum sollte man an Erinnerungen festhalten, die so weh taten, wenn man neue, viel schönere schaffen konnte?

120 Ways of love (OS Sammlung) (boy x reader /oc)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt