5 - Rotschopf

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"Josie, ist alles in Ordnung?" Skeptisch lehnte ich mich etwas über den Tisch um meine Worte leise zu murmeln. Dad und Papa standen gerade in der an die Küche angrenzende Speisekammer und unterhielten sich darüber, was eingekauft werden musste. Die Chance nutzte ich gleich um meine Schwester auf ihr seltsames Verhalten ansprechen zu können. 

Die Schwarzhaarige blickte sichtbar überrascht von ihrem Müsli auf, welches mittlerweile schon  unappetitlich aufgedunsen war, weil sie nur ihren Löffel darin schwenkte anstatt davon zu essen. "Ja, alles in Ordnung.", antwortete sie mit einem seichten Lächeln und schob die größtenteils unberührte Schüssel von sich. 

"Hast du dir jetzt mein Müsli genommen, nur um dann nichts davon zu essen?!", murrte ich ehrlich verärgert und kippte ihre Schüssel etwas um besser hineinsehen zu können. Der Anblick der aufgequollenen Frühstücksflocken tat mir beinahe im Herzen weh. Wie konnte sie mir so etwas antun? 

Josie seufzte lediglich. Normalerweise würde sie auf meine Stichelei sofort eingehen und mir irgendwas an den Kopf werfen, von wegen, dass ich mich nicht so anstellen sollte oder dass das Müsli nicht schmeckte.
Aber heute blieb sie ruhig. 

Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen und musterte meine Schwester eindringlich. Diese seufzte dadurch erneut, schüttelte den Kopf und erhob sich mit quietschendem Stuhl. "Mach dir wegen deinem Müsli nicht ins Hemd, Cosmo.", keifte sie und stürmte die Treppe hinauf. 

Das klang schon eher nach Josie. 

Auch wenn ich davon nicht wirklich überzeugt war. 

Ich erhob mich ebenfalls, räumte meine und netterweise auch Josies Müslischüssel weg und machte mich auch auf den Weg nach oben um mich fertig zu machen. Gerade als ich in mein Zimmer trat, legten sich plötzlich zwei Arme um meinen Oberkörper und drückte mich an eine harte Brust. "Jemand hat sich vorm morgendlichen Kuscheln gedrückt.", knurrte Hudson und drückte mich so fest gegen sich, dass es mir die Luft aus der Lunge presste. 
"Womit habe ich das nur verdient?", seufzte er theatralisch und ließ mich wieder aus seinen Fängen. 

Sein Dramaqueen-Gehabe brachte mich zum lachen. Ich konnte nur den Kopf über meinen älteren Bruder schütteln und ging kommentarlos an ihm vorbei ins gemeinsame Badezimmer. 

"Ich habe mit Papa und Dad gefrühstückt.", informierte ich ihn, während ich zu meiner Zahnbürste griff und begann meine Zähne zu putzen. 

Hudson nickte verständnisvoll. "Ich geh jetzt mit Dad und Josie trainieren.", erzählte mein körperlich größerer Bruder und lehnte sich gegen den Türrahmen, während er mich mit seinen eisblauen Augen beobachtete. 

"Choschie gesch nisch mid.", blubberte ich mit Zahnpasta gefüllten Mund, was Hudson zum lachen brachte. 

"Ich habe kein Wort verstanden, Cosmo.", schmunzelte der Schwarzhaarige und schüttelte nur den Kopf. "Ich geh runter ne Kleinigkeit essen. Bis dahin bist du wahrscheinlich fertig, dann kannst dus mir da einfach nochmal erzählen." 
Ich nickte um ihn zu signalisieren, dass ich ihn verstanden hatte, ehe er sich davon drehte und das Badezimmer verließ. 

Nachdem ich mich noch etwas frisch gemacht hatte, grübelte ich etwas zu lange vor dem Schrank was ich anziehen sollte, bis ich mich für eine einfache Jeans und ein T-Shirt entschied. Der Himmel war heute etwas zugezogen, weshalb es wohl nicht ganz so warm werden würde, wie die letzten Tage. 

Zwar hoffte ich darauf meinen Gefährten heute gleich zu finden, aber die Chancen standen realistisch gesehen relativ schlecht. Immerhin wusste ich nicht einmal, wo ich Austin finden konnte und er war mein einziger Anhaltspunkt. 
Ich betete einfach, dass er heute, warum auch immer, noch einmal im Kino war oder ich ihm in der Stadt irgendwo über den Weg laufen würde. 

Jägersmann ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt