54 - der knall orange Geländewagen

1.7K 194 16
                                    

Austin sah mir völlig unbegeistert entgegen, als ich ihn in seinem Zimmer abgeholte. Eine Augenbraue war skeptisch nach oben gezogen, während seine Augen pure Langeweile ausstrahlten. Das konnte die kommende Autofahrt ja nur lustig werden.

„Seid ihr endlich fertig mit vögeln?", murrte der Kater und schmiss sich seinen Rucksack, ohne auf eine Antwort zu warten, über die Schulter und stakste an mir vorbei aus dem Zimmer.
Ich sah ihm überrascht hinterher und folgte ihm schließlich.

Kai war von meiner Idee alles andere als begeistert und hat mir das auch sehr direkt gesagt, aber er wusste, dass ich so oder so gehen würde und es war ihm schlussendlich doch deutlich lieber, wenn er dann zumindest dabei war. Austins Anwesenheit dagegen fand mein Gefährte eher nervig, als sinnvoll. Er hatte jedoch recht schnell eingesehen, dass ein weiterer, geübter Kämpfer nicht schaden konnte.

Trotz allem sah Kai sehr unerfreut aus, als Austin und ich ins Wohnzimmer traten. Mein Gefährte hatte uns noch etwas zum Essen und Trinken eingepackt und sah uns abwartend entgegen, während Austin ebenfalls noch ein weiteres Mal den Kühlschrank plünderte.

„Ich bin immer noch nicht begeistert", murmelte Kai und vergewisserte sich gleichzeitig, ob meine Jacke wirklich richtig zu war. Der Wind, der in der letzten Stunde plötzlich aufgekommen war, pfiff draußen hörbar laut und wenn ich keinen guten Grund hätte, würden mich keine zehn Pferde vor die Tür bringen. Zum Glück parkte das Auto, mit dem wir fahren würden, direkt in der Einfahrt, sodass wir zumindest nicht allzu weit gehen mussten.

Das Auto war eher ein Spielzeug, als ein wirkliches Nutzfahrzeug. Ein höher gelegter, knall oranger Geländewagen, der Nathans ganzer Stolz war. Kais Auffassung nach, würden wir uns mit einem geländegängigen Fahrzeug deutlich leichter tun, als mit einem normalen Straßenfahrzeug. Anscheinend lag dieses Rudel sehr abgelegen im Wald. Daher hatten wir uns für Nathans Auto entschieden, auch wenn wir alle wussten, dass wir damit keine Pluspunkte bei dem blonden Kämpfer einsackten. Wir nahmen uns dafür umso stärker vor, das Auto wieder sicher und ohne Kratzer nach Hause zu bringen.

Wir hatten den Anderen einen Zettel auf den Küchentisch gelegt, der erklärte, wo wir waren und was wir dort wollten. Es ihnen persönlich zu sagen wäre uns allen ziemlich sicher lieber gewesen, aber wir wussten, dass keiner von ihnen uns gehen lassen würde. Erst recht nicht Bernard.

Daher hatte keiner widersprochen, als ich ein paar wenige Worte auf den Zettel gekritzelt hatte, bevor jeder von uns seinen Namen darunter geschrieben hatte.

„Ich weiß." Ich atmete tief ein, inhalierte den mittlerweile so vertrauten Duft dieses Hauses und versuchte Kai dann aufmunternd anzulächeln. Ohne mich selbst zu sehen, wusste ich jedoch, dass es mir nicht geglückt war.

Austin neben uns, seufzte hörbar genervt und deutete dann auf die Haustür. „Gehen wir jetzt oder warten wir bis doch noch jemand wach wird?" Um seine Unlust zu unterstreichen, rollte er deutlich mit den Augen und wandte sich dann gleich der Haustür zu und löste die Türkette, die mit einem leisen Geräusch gegen das Holz klopfte. Mit einem letzten Blick zu Kai und mir, öffnete Austin die Haustür. Der Wind pfiff gleich ins Hausinnere und ein Schauer packte meinen Körper, bevor ich überhaupt hinausgetreten war.
Kai nahm meine Hand in seine und drückte sie, ehe wir gemeinsam Austin folgten, der bereits abwartend am Auto stand. Ich zog die Tür leise ins Schloss, während die blinkenden Lichter des Autos mir zeigten, das Kai gerade aufgesperrt hatte. Als ich dann als Letzter einstieg, hatte es sich Austin bereits am Rücksitz bequem gemacht und eine Decke, die er mitgenommen hatte, um seine Beine gewickelt. Er würdigte uns keines Blickes, sondern lehnte sich entspannt zurück und hatte seine Augen geschlossen. Der genervte Gesichtsausdruck blieb jedoch aufrecht.

Kai steckte den Schlüssel in die Zündung und legte für einen kurzen Moment der Stille seine Hand auf meinen Oberschenkel. Nur der Wind, der spürbar gegen den Wagen drückte, verhinderte, dass wir in völlige Stille gehüllt waren. Wir fanden den Blick des anderen, sahen uns fest in die Augen und spendeten uns damit gegenseitig Kraft. Ohne Kai könnte ich das alles hier nicht.

Jägersmann ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt