29 - Kai

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Er lächelte sanft auf mich hinunter und beobachtete mich offenbar dabei, wie ich das Buch mit sicherlich herzchenförmigen Augen betrachtete.

"Ich bin übrigens Kai." Seine raue und dennoch weiche Stimme kitzelte angenehm in meinen Ohren und entlockte mir fast ein verzücktes Seufzen.
Kai. Der Name meines Gefährten war Kai.
Kai passt wie die Faust aufs Auge zu ihm. Wenn mich jemand fragen würde, wie ein Kai aussah, dann würde ich ohne mit der Wimper zu zucken mit "Mein Gefährte" antworten, so perfekt passt sein Name zu ihm.

Dieser Gedankengang trieb mir einen leichten Rotschimmer trat auf meine Wangen.

Er war jetzt schon mehr als perfekt und ich kannte ihn kaum drei Minuten lang.

Als ich wieder zu ihm hoch blickte und das zarte Lächeln auf seinen weichen Lippen sehen konnte, spürte ich, wie meine Wangen noch wärmer wurden und schämte mich beinahe dafür, wie rot mein Gesicht wurde.

"Ich bin Cosmo", antwortete ich schüchtern und biss mir nervös auf die Unterlippe.
Ich wollte einen guten ersten Eindruck hinterlassen und nicht wie ein nervöser Bub auf ihn wirken, aber meine zitternde Stimme machte mir dabei ziemlich sicher einen Strich durch die Rechnung.

Kai störte mein Gestotter offenbar nicht, stattdessen viel sein Blick fiel sofort auf meine Unterlippe, die zwischen meinen Zähnen gefangen war, und schmunzelte dabei leicht.
"Ich wusste nicht, dass es in der Gegend noch andere Wölfe gibt." Seine dunklen Augen funkelten interessiert und strahlten dabei so viel Wärme aus, dass meine Beine beinahe erneut zu Pudding wurden.

"Ja, doch", murmelte ich und nahm meine Unterlippe augenblicklich wieder in Beschlag. "Offensichtlich", hing ich dann noch leise hinterher und blinzelte zu ihm hinauf.

Er schmunzelte leicht und zeigte mir dabei seine strahlenden Zähne. Ich meinte, ein gehauchtes "Süß" von ihm zu hören, war mir dessen dann aber doch nicht ganz sicher. Seinen Blick, der schmachtend über meinen Körper fuhr, bestätigte mir jedoch meine Annahme, während sich diesmal er auf die Unterlippe biss, ehe er zaghaft am Saum meines Pullovers zupfte.

"Aber wieso riechst du so stark nach Katze?"

Die Frage überraschte mich.
Ein gestammeltes "Uh" kam über meine Lippen, während mein Blick sich automatisch auf Owens grauen Pullover senkte.
Sollte ich ihm die Wahrheit sagen?

Aber warte...? Er hatte 'noch andere Wölfe' gesagt, heißt dass, er wusste von der Existenz von Wölfen? War er auch ein Wolf?
Er hatte bemerkt, dass ich ein Wolf war, obwohl ich deutlich nach Owen roch.
Fazit, er musste einen übernatürlichen Geruchssinn haben. Andernfalls wäre es ihm so ergangen, wie den Jägern in meiner Schule, die meinen Eigengeruch unter dem Katzenwandlerduft nicht wahrnehmen konnten.

Probeweise schnupperte ich vorsichtig in die Luft, nahm jedoch außer seinem Eigengeruch nach Honig und Kiefer nichts wahr, das Aufschluss geben könnte, zu welcher Spezies er gehörte. Er roch weder nach Wolf, noch nach Katze und auch nicht nach Mensch. Er roch einfach nur nach Honig und Kiefer.

Überrascht hob ich wieder meinen Kopf und sah zu ihm auf. Neugier schimmerte weiterhin in seinen Augen und er wartete eindeutig auf eine Antwort. Den Saum meines Pullovers hielt er dabei weiterhin zwischen den Fingern.

"Bist du ein Wolf?", fragte ich also gerade heraus und konnte nicht anders als meine Schultern etwas zu straffen. Sein fehlender Geruch irritierte mich ungemein.

Seine Mimik änderte sich daraufhin augenblicklich. Das Glänzen verschwand aus seinen Augen und als er mich plötzlich am Pullover packte und mich unsanft mit in die hinteren Reihen des Buchladens zog, wo es selbst die Deckenbeleuchtung kaum mehr schaffte, den Boden zu beleuchten, erschreckte ich mich so sehr, dass ich fast das Buch in meinen Händen fallen ließ.

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