47 - Owen

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Vier Tage später war mein gesamtes Leben um hundertachtzig Grad gedreht worden.

Vier Tage seit meine Schwester gestorben war.

Vier Tage seit mein Bruder und mein Gefährte verschwunden waren.

Vier Tage seit mein Vater im Krankenhaus lag.

Vier Tage der schweren Trauer und tiefem Schuldgefühl.

Während Dad noch immer bewusstlos im Krankenhaus lag und die Ärzte ihr bestes gaben, damit er bald wieder fit war, und Papa jede freie Minute bei ihm verbrachte, kümmerte sich Bernard darum, dass wir, genauso wie Eren und Ian, zurück zu Dads altem Rudel ziehen konnten.

Die Entscheidung von hier wegzugehen war innerhalb weniger Augenblicke und ohne Abstimmung geschehen. Jeder war sich einig, dass wir gehen mussten.

Dazu waren auch Nathan und Anne bereit, die unserer Familie mit vollem Tatendrang zur Seite standen und kein Problem damit zu haben schienen, kurz nach ihrem Einzug gleich wieder auszuziehen.

Sie waren die einzigen zwei, die neben Bernard wirklich etwas auf die Reihe brachten und hatten daher kurzerhand das Packen übernommen, sodass innerhalb dieser wenigen Tage bereits die wichtigsten Dinge in Kisten gepackt und in einem Umzugswagen, der in unserer Einfahrt parkte, verstaut waren.

Eren und Ian waren wirklich noch in der selben Nacht aufgebrochen und außer von meinem Bruder, der uns kurz mitgeteilt hatte, dass sie angekommen waren, hatten wir nichts mehr gehört. Das war einerseits ein gutes Zeichen, da sie so eine Chance hatten sich dort einzugewöhnen, andererseits fühlte ich mich dadurch nur noch einsamer. Ich hatte drei Geschwister und war trotzdem allein.

Josie war gestorben, Ian war hunderte Kilometer entfernt und Hudson blieb weiterhin verschwunden.

Wie auch Kai.
Würde ich meinen Gefährten nicht spüren können, würde ich vor Sorge zergehen. Wobei es mich sehr beunruhigte, dass unser Band spürbar schwächer wurde, was ich nur auf meine fehlende Markierung von Kai zurückführen konnte. Allein deswegen betete ich, dass mein Gefährte bald wieder zurückkam und hoffentlich auch Hudson dabei hatte.

Hudsons Rückkehr war der Startschuss für unseren finalen Umzug. Sobald Hudson wieder aufgetaucht war, würden wir noch am selben Tag abreisen. Bernard hatte sich bereits darum gekümmert, dass Dad zeitnah in ein Krankenhaus in der Nähe des Rudels verlegt wird, sodass er weiterhin bei uns und vor allem weit weg von den Jägern war. Bernard hatte sich sogar extra mit Papas Arzt Herb in Verbindung gesetzt, damit dieser über unseren Ortswechsel Bescheid wusste und seine Unterlagen bitte an eine Frau namens Ilka weiterleiten sollte.

Ohne Bernard, seinem Gefährten und Anne würden meine gesamte Familie in der Luft hängen. Papa und ich steckten beide so tief in unserer Trauer und der Angst um Dad, dass wir kaum etwas auf die Reihe bekamen.

Umso froher war ich, dass ich zumindest Owen bei mir hatte.

Er hielt sein Versprechen und verbrachte weiterhin seine gesamte Zeit bei uns. Ich wusste, wie schwer es ihm fiel, dass Phili nicht an seiner Seite war, aber da er wusste, dass sein Gefährte bei dessen Eltern in Sicherheit war, konnte er zumindest ein wenig aufatmen.

Bernard hatte dem Katzenwandler angeboten, dass er gerne mit uns kommen durfte. Er gehörte zu unserer Familie und hatte sich, obwohl er ein Kater war, seinen Platz in unserem Rudel mehr als verdient.
Nathan, Anne und ich hatten dem Krieger dabei sofort zugestimmt.

Owen hatte lediglich mit einem lässigen „Cool" geantwortet, aber seither konnte ich beinahe die Zahnräder in seinem Kopf arbeiten sehen. Ich wusste, dass er sich über dieses Angebot ungemein freute und er am liebsten sofort zusagen würde. Er müsste jedoch nicht nur seine eigenen Leute und seine Familie zurücklassen, sondern auch Phili.

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