58 - schummriger Wald

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Die Fahrt verging recht schnell und als Kai irgendwann von der befestigten Straße auf einen Waldweg abbog, richtete sich jeder angespannt auf und beobachtete die Umgebung genauestens. Der Wald sah nicht anders aus, als der bei uns zuhause. Vielleicht etwas dichter bewachsen und mit deutlich weniger Trampelpfaden. Man merkte, dass hier nur wenige Menschen unterwegs waren.

Die Menschen wussten zwar nichts von uns Wölfen, aber sie spürten unsere Anwesenheit unterbewusst dennoch. Zumindest wurde mittlerweile mehrfach beobachtet, dass Menschen Gebiete mit großen, starken Rudeln eher mieden und sich dort weniger aufhielten. Während in unserem Wald zuhause viele Pilzsucher und Spaziergänger unterwegs waren, war hier regelrecht tote Hose.

„Hier gefällts mir nicht", murmelte Austin und zog seine Knie an seine Brust, die Arme fest um die Schienbeine geschlungen. Ich stimmte ihm leise zu.

„Der Wald ist verdammt leer", kam es von Kai, der sich stark auf den unebenen Forstweg konzentrierte. „Ich habe mich, als ich hier war, echt schwer getan was Vernünftiges zum Jagen zu finden." Ich verzog augenblicklich das Gesicht. Die Vorstellung, dass mein Gefährte hungern musste, gefiel mir überhaupt nicht. Mein Blick fiel gleich auf die Tüte Fast Food, die wir bei einem Drive-In mitgenommen und bis auf ein paar Reste verputzt hatten. Ob Kai jetzt auch noch Hunger hatte? Vielleicht wollte er meinen halben Burger noch, den er vorher ausgeschlagen hatte?
„Magst du meinen Burger noch?", fragte ich gleich und griff bereits nach der Tüte, als Kai verneinte. „Ich bin satt, Spatz. Danke." Er lächelte mir durch den Rückspiegel zu, was mir gleich ein warmes Gefühl im Bauch bereitete.

„Ich würde den Burger nehmen", kam es dann stattdessen von Austin. Er saß mittlerweile wieder normal auf dem Sitz und grinste breit, als ich ihm die Tüte reichte. In meinem Rucksack war auch noch allerhand Essen, weil wir in einer Tankstelle so ziemlich alles Essbare, das etwas länger haltbar war, mitgenommen hatten. Wir wussten nicht, in welcher Verfassung Hudson sein würde, wenn wir ihn fanden, vielleicht hatten sie ihn hungern und dursten lassen und für diesen Fall wollten wir vorbereitet sein. Austin hatte sogar noch einen zweiten Erste Hilfekasten eingekauft, damit wir auch ja genügend Verbandsmaterial für den schlimmsten Fall dabei hatten.

„Achtung", warnte Kai uns vor, bevor das Fahrzeug gefährlich zu wackeln begann, als er vom Forstweg abbog und sich stattdessen zwischen den eng gewachsenen Baumen querfeldein hindurchschlängelte. „Das findet der Förster bestimmt nicht so geil", murmelte Austin mit vollem Mund und biss gleich noch einmal von dem Burger ab.
„Scheiß auf den Förster", gab Kai nur etwas angepisst zurück, woraufhin Austin dann auch leise blieb.

Die nächsten zwanzig Minuten fuhren wir einfach nur still durch den Wald. Äste knirschten unter unserem Gewicht, kleine Sträucher kratzten an unserem Unterboden entlang und ab und an straffen wir mit dem Kotflügel auch an einem Baum. Zum Glück splitterte eher die Rinde ab, als dass unser Lack zu sehr verkratzt oder gar irgendetwas verbeult wurde. Dennoch verzogen wir alles jedes Mal das Gesicht, wenn man es wieder irgendwie knirschen hörte. Wir hatten fortlaufend Nathan im Kopf, der wahrscheinlich zu weinen anfangen würde, wenn er wüsste, was wir hier mit seinem Auto taten.

Als Kai dann irgendwann stoppte und den Motor ausschaltete, seufzten wir zeitgleich auf. Das bedeutete, dass wir nicht mehr zu weit entfernt waren.

Mein Gefährte deutete uns an, im Auto zu warten, bevor er aus der Fahrertür rutschte und sich erst einmal einen Eindruck von der Umgebung machte. Er verschwand zwischen den Bäumen im Dickicht und blieb einige Minuten verschwunden, bevor er von einer anderen Seite wieder ans Fahrzeug heran trat. Er öffnete die Beifahrertür, woraufhin Austin gleich heraus rutschte.

„Sehr unauffällig ist der Lack ja nicht", murmelte mein Gefährte und deutete auf den knall orangen Geländewagen, „aber wenn man weit genug weg ist, wird es völlig vom Dickicht verdeckt."

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