Hudson beobachtete mich lächelnd, aber mit einem skeptischen Ausdruck in den Augen, während ich mich fertig machte. Kai würde in gut vierzig Minuten vor der Tür stehen und bis dahin wollte ich gut aussehen, deswegen machte ich mir wirklich Mühe. Etwas, was mein Bruder seinen Blicken nach offenbar nicht ganz verstehen konnte. Zumindest sagte er nichts dazu und kommentierte mein Outfit schlussendlich mit "Sehr schön". Mehr Zuspruch brauchte ich nicht.
In meiner Wiedersehensfreude mit Hudson hatte ich total übersehen, wie Papa doch allein das Haus verlassen hatte.
Ich hatte mir darüber so einen Kopf gemacht, dass ich es gleich Hudson sagen musste, der zwar nicht positiv reagiert hatte, aber trotzdem der Meinung war, dass Papa wusste was er tat.
Während Hudson und ich also den gesamten Tag bis Nachmittags auf dem Sofa verbracht hatten, war Dad mit Bernard und Eren zu unseren Großeltern gefahren um weiter nach einer funktionalen Lösung zu suchen, in diesem Stress hatte Dad nicht einmal bemerkt, dass Papa nicht da war, Ian hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen und war höchstwahrscheinlich am lesen und wo Josie war wussten zumindest Hudson und ich nicht.
Als Papa wenige Stunden nach verlassen des Hauses wieder zurückgekommen war, konnte ich nur erleichtert aufatmen, da er offenbar wohl auf war. Er hatte uns sogar etwas zu essen mitgebracht."Süß, wie nervös du bist", schmunzelte Hudson und folgte mir gelassen die Treppe hinunter, wo wir überraschenderweise auf Papa trafen, der schlafend am Sofa lag.
Mein Blick fiel kurz prüfend auf die Uhr, Papa war eigentlich kein Mensch für Mittagsschläfchen, deswegen verwunderte der Anblick um diese Uhrzeit nicht nur mich. Auch Hudson wirkte überrascht. Zusammengekugelt wirkte er auf dem großen Sofa so klein und zerbrechlich, dass ich mich am liebsten zu ihm gelegt hätte um ihn zu wärmen."Oh man", murmelte mein älterer Bruder leise und zog die Kuscheldecke über unseren Vater, der sich darunter sichtbar entspannte und die Decke nur näher zu sich zog. Wir musterten ihn noch einen Moment, sahen uns dann an und als Hudson gerade etwas sagen wollte und bereits den Mund geöffnet hatte, sprang Papa plötzlich wie von der Tarantel gestochen auf und stürmte an uns vorbei. Die Badtür fiel mit einem unschönen Geräusch laut ins Schloss, sprang von ihrem Schwung jedoch gleich wieder auf. Die Würgegeräusche, die daraufhin ertönten, waren ein deutlicher Beweis dafür, warum er es gerade so eilig hatte.
"Papa?", rief Hudson gleich besorgt und während er zu ihm ins Bad ging, holte ich noch ein Glas Wasser.
Als ich dann ebenfalls ins Bad trat, hing Papa weiterhin mit dem Kopf über der Schüssel und Hudson strich ihm beruhigend über den Rücken.
"Sollen wir Dad anrufen?", fragte Hudson und half Papa etwas, der versuchte sich aufzurichten. Erschöpft lehnte er sich gegen die Wand direkt neben der Toilette und nahm das Wasserglas dankbar an. Er trank erst den gesamten Inhalt aus, ehe er außer Atem antwortete.
"Nein", hauchte er und schüttelte leicht den Kopf. Seinen Kopf hatte er auf seine Hände gestützt, die Beine fest an seine Brust gezogen. Er sah aus wie ein kleiner Schuljunge und es tat mir in der Seele weh meinen Vater so zu sehen.
Hudson warf mir einen auffordernden Blick zu, den ich sofort verstand, während Papa mittlerweile qualvoll die Augen geschlossen hatte und flach atmete. Papa hörte jedoch, dass ich das Badezimmer verließ und rief mir noch ein schwaches, aber warnendes "Cosmo" hinterher, dass ich geflissentlich ignorierte.
Mit Dads Handynummer auf der Kurzwahl klingelte ich schnell bei ihm durch und zum Glück ging er auch nach dem dritten Klingeln bereits ans Telefon."Cosmo? Alles in Ordnung?", fragte er, während man Eren und Bernard im Hintergrund lautstark diskutieren hören konnte. Die beiden hatten sich immer noch nicht wirklich angenähert und den Grund wusste auch noch niemand, aber während sie anfangs nicht miteinander geredet hatten, stritten sie nun umso häufiger.
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Jägersmann ✓
WerwolfFortsetzung zu Degradierung - vom Beta zum Omega.❗️ Die Jagdtrophäen, die in ekelhaft großer Anzahl an den Wänden hingen, und dem Raum eine schaurige Atmosphäre verpassten, lösten einen gewissen Ekel in mir aus. "Mein Vater ist Jäger in fünfter Gene...