68 - Zeit vergeht

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„Nathan ist wieder wach", lächelte Ian und ließ sich neben mich aufs Sofa fallen. „Der Arzt meint, dass er bald sogar wieder aus dem Krankenhaus kann."

„Da bin ich froh", seufzte ich erleichtert und rutschte tiefer in die Polster.

Mittlerweile waren wir seit einer Woche da und während Nathan sich langsam auf dem Weg der Besserung befand, verschlechterte sich Annes Zustand immer weiter. Sie war sogar bettlägerig geworden, weil ihr die Schwangerschaft so sehr zusetzte. Ihrer Tochter ging es gut. Sie war kerngesund, etwas klein für ihr Alter, aber noch im Rahmen. Bernard kümmert sich deshalb um beide. Um Nathan im Krankenhaus und Anne bei ihnen zuhause. Auch Papa kümmerte sich viel um seine Freundin und verbrachte vor allem die Tage bei ihr, damit sie nicht so alleine war und ihr nicht langweilig wurde.

Owen lag neben mir, hatte seinen Kopf auf meinem Schoß liegen und schlief schon seit wir uns hierher gesetzt hatten. Eigentlich wollte ich ihm ausführlich erzählen, was alles passiert war, aber so weit waren wir nicht gekommen. Stattdessen kraulte ich ihm durch die Haare, wodurch er sogar im Schlaf leise schnurrte. Phili war mit seinen Freunden unterwegs und würde erst später wieder zu uns kommen.

„Hey." Austin trat zur Tür herein und schenkte uns ein nettes Lächeln. Seit wir hier waren, lächelte er unwohnlich viel. Was wahrscheinlich aber auch daran lag, dass der Arzt bei seiner letzten Untersuchung nur Positives zu sagen hatte. Austins Kinder wuchsen fleißig heran und waren beide gesund. Er konnte ihm im Gegensatz zu dem Katzenarzt bei dem Austin anfangs war auch sagen, dass es keine eineiigen Zwillinge waren, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass sie je ein Kater und ein Wolf werden würden, stieg. Der Arzt hier hatte auch viel bessere Geräte, wodurch Austin seine Kinder erstmals nicht nur stark verpixelt sehen konnte.

„Hey", erwiderte Ian und rutschte gleich ein Stück zur Seite, damit Austin sich zu uns setzen konnte.
Die zwei waren in der vergangenen Woche enge Freunde geworden. Ian sagte Austin mit seiner ruhigen und stillen Art sehr zu, wodurch die beiden sich die meiste Zeit tatsächlich anschwiegen oder Ian Austin aus einem seiner Bücher vorlas.

Ihre Schwangerschaften waren ein großer Faktor für ihre Freundschaft. Sie konnten sich damit nicht gegenseitig auf die Nerven gehen und sich vor allem gegenseitig verstehen und in die Lage des anderen versetzen.

„Papa macht heute Muffins", ließ Ian uns wissen, was Owen gleich dazu veranlasste interessiert den Kopf zu heben.

„Ich dachte, du schläfst", rief ich irritiert aus und verpasste ihm ein Hirnbatzerl, welches ein Fauchen aus ihm lockte, ehe er sich ganz aufsetzte. Wenn ich gewusst hätte, dass er nicht schlief, sondern nur so tat, hätte ich ihm gleich alles reingedrückt, aber stattdessen hatte ich erbarmen und wollte ihm seine Ruhe gönnen.
Derweil war er eh die ganze Zeit wach.

„Wann sind die Muffins fertig?", fragte der Kater amüsiert, streckte sich und gähnte herzhaft.

„Keine Ahnung. Später erst, schätze ich." Das ließ ihn unbegeistert brummen und im nächsten Moment wieder seinen Platz auf meinem Schoß einnehmen.

Dass Katzen so viel schlafen konnten, war für mich wirklich ein Mysterium. Mittlerweile hatte ich durch Phili und Austin aber genügend Vergleichsmöglichkeiten, wodurch ich mit Überzeugung sagen konnte, dass das nicht an Owen selber lag, sondern am Katzengen. Das sorgte offenbar dafür, dass sie viel Schlaf brauchten, dauerhaft angriffslustig aussahen und eine grundgenervte Aura hatten. Zwar stach das alles bei Phili noch nicht so heraus, aber die Tendenzen waren trotzdem schon da.

„Wann erfährst du, wie viele es werden?", fragte ich meinen Bruder und rutschte etwas auf dem Polster herum, bis ich bequem saß und Owen wieder weiter durch die Haare kraulte.

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