Auf der ersten Blick wirkte dieses Rudel nicht anders als wohl jedes andere gewöhnliche Rudel. Kleine, süße Häuser, ein großer Platz vor einem großen, machtausstrahlenden Haus und zahlreiche Wölfe, die teilweise in ihrer menschlichen Form, teilweise auch in ihrer Wolfsform unterwegs waren.
Das große Haus war offensichtlich das Rudelhaus. Ich hatte noch nie ein normales Rudelleben erlebt und kannte alles nur aus den Erzählungen meiner Eltern und Eren, aber trotzdem konnte ich das Rudelhaus deutlich ausmachen. Kurz machte ich mir Gedanken, wie wohl Dads Rudel aussah und ob es mir dort gefallen würde, aber die momentanen Umstände ließen mir nicht viel Zeit zum Spekulieren.
Nathan marschierte mit strammen Schritten vor mir her und hatte die sanfte Aura, die er noch bei dem Welpen hatte, völlig abgelegt. Er signalisierte den umstehenden Wölfen, die immer mehr Interesse an uns fanden, deutlich, dass sie sich von uns fern halten sollten. Und tatsächlich kam uns keiner von ihnen auch nur einmal zu nahe. Sie beobachteten uns nur aus der Ferne mit großen Sicherheitsabstand, während das Getuschel größer wurde, je näher wir dem Rudelhaus kamen.Gleichzeitig wurde auch meine Nervosität größer.
Hudson war nun der Alpha dieser Wölfe hier und damit war das Rudelhaus nun seine Unterkunft. Je näher wir also dem Haus kamen, desto näher kamen wir auch meinem Bruder.Einerseits freute ich mich, ihn wieder zu sehen, andererseits fürchtete ich mich davor. Ich konnte nicht einschätzen, wie er auf unsere Anwesenheit reagieren würde. Er hatte uns freiwillig verlassen und dass er bisher nicht zurückgekehrt war oder sich auch nur kurz gemeldet hatte, bedeutete etwas und schürte weiterhin Angst in mir.
Als wir nur wenige Meter vor dem Haus zum Stehen kamen, realisierten offenbar auch die Letzten, dass das unser Ziel war. Ein glatzköpfiger, groß gewachsener Mann kam mit schnellen Schritten auf uns zu und trug dabei einen fast ängstlichen Blick. Mit einer Handbewegung deutete er uns an, dass wir uns verwandeln sollten, damit ein normales Gespräch möglich war und fast wäre ich seiner Aufforderung schon nachgekommen, als Nathan mir einen warnenden Blick zuwarf, der mich in meiner Wolfsform verweilen ließ. Der Krieger dagegen verwandelte sich mit einer fließenden Bewegung zurück, was den Glatzkopf etwas von dem verängstigten Gesichtsausdruck nahm, als er auf Nathan zu ging.
Dieser Wandel irritierte mich ein wenig. Warum war er zuvor ängstlich und reagierte positiv auf Nathan doch recht einschüchternde Person?„Ihr gehört zu Alpha Hudson", rief der Glatzkopf aus, obwohl wir uns recht nah standen.
Nathan nickte nur. Seltsamerweise erschien daraufhin ein Ausdruck von Hoffnung auf seinen Zügen und ein Lächeln erschien auf seinen blaßen Lippen. Gleichzeitig schien es auch so, als würden die Umstehenden synchron aufatmen.
„Wo ist er?", fragte Nathan und ließ seinen Blick über den Platz schweifen. Auch weiterhin hielt jeder zu uns Abstand, nur der Glatzkopf machte noch einen weiteren Schritt in Nathans Richtung.
„Ihr könnt ihm hoffentlich helfen", murmelte er uns zu und senkte seinen Blick dafür einen Moment auf mich, ehe er tief einatmete und wieder einen Schritt zurück machte. Ihm war wahrscheinlich nicht entgangen, wie ähnlich mein Körpergeruch zu Hudsons war und schlussfolgerte dadurch, dass wir miteinander verwandt sein mussten.
Helfen? Wobei helfen? War Hudson verletzt? Aber dieses Rudel musste doch einen Arzt haben. Außerdem hat der Welpe doch vorher noch normal von Hudson geredet. Wenn er krank oder verletzt wäre, dann wäre das dem Kleinen sicherlich herausgerutscht. Noch dazu war dieser Mann vor uns kein Beta und damit sicherlich kein Nahestehender zum Alpha. Wenn also der Glatzkopf Bescheid wusste, musste es auch das restliche Rudel wissen.
„Wobei helfen?", fragte auch Nathan nach, nachdem wir ebenfalls einen kurzen Blick gewechselt hatten.
Die Frage ließ aber den hoffnungsvollen Ausdruck des Glatzkopfes sofort sterben. Ohne zu antworten, drehte er sich um und deutete einem anderen Mann etwas an. Der schien sofort zu verstehen und verschwand kurz hinter den massiven Türen des Rudelhauses. Nur wenige Augenblicke später erschien er wieder davor und winkte uns zu.
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Jägersmann ✓
WerewolfFortsetzung zu Degradierung - vom Beta zum Omega.❗️ Die Jagdtrophäen, die in ekelhaft großer Anzahl an den Wänden hingen, und dem Raum eine schaurige Atmosphäre verpassten, lösten einen gewissen Ekel in mir aus. "Mein Vater ist Jäger in fünfter Gene...