41 - Judo Handgriff

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„Gott verdammt noch mal!", knurrte Bernard wütend, als er Hudson vor sich ins Haus schubste. Dicht gefolgt von Nathan, der meinen Gefährten im Genick gepackt hatte, sodass Kai vorne übergebeugt laufen musste.

Die Wunde an seiner Schulter blutete extrem und dadurch dass er nackt war, konnte man auch deutlich sehen, wie stark Hudson ihn erwischt hatte. Gleichzeitig war es jedoch auch erstaunlich, wie stark Kai Hudson, einen Alpha, zugerichtet hatte.

Man könnte beinahe glauben, dass es ein Kampf zwischen zwei Alphas gewesen war, andernfalls würde Hudson normalerweise nicht so aussehen.

Ich schnappte mir sofort die Decken vom Sofa und gab eine Hudson, der nur genervt brummte, und versuchte mit der anderen schnell zu meinem Gefährten zu kommen, der mich gleich in seinen Armen willkommen hieß.

Mein Körper schmerzte immer noch. Schwarze Flecken tanzten in meinem Sichtfeld und ich hatte das Gefühl, dass meine Schulter genauso brannte, wie Kais aussah. Dennoch wandte ich noch sämtliche verbliebene Kraft auf, um die Decke um meinen Gefährten zu wickeln, damit niemand ihn so entblößt sah und wollte mich daranmachen seine Wunde sauber zu lecken, damit sie besser verheilte.

„Kai!", keuchte ich erschrocken, als ich realisierte, was mein Bruder aus seiner Schulter gerissen hatte. Tränen verschleierten mir sofort die Sicht und schmerzvolle Schluchzer quollen aus meiner Kehle.

Es war nicht nur ein Stück Fleisch. Es war das Stück Fleisch auf dem ich meinen Biss hinterlassen hatte.

Kein Wunder, dass ich zu Boden gegangen war. Hudson hatte willentlich unsere physische Markierung gekappt.

Der Anblick der offenen Wunde, die nur wenige Minuten vorher noch mein Biss auf der Haut meines Gefährten war, riss mir den Boden unter den Füßen weg, sodass ich gegen Kai klappte, der mich gleich aufrecht hielt. Er presste mich gegen seine Brust, flüsterte mir beruhigende Worte zu, versicherte mir, dass ich ihn jederzeit wieder markieren durfte, doch seine Worte kamen gar nicht bei mir an.

„Mein Biss", keuchte ich schwer und konnte meinen Blick nicht von der blutenden Wunde lösen. Meine Hand zitterte, als ich sie langsam hob und über die roten Ränder strich. Kai zuckte dabei schmerzhaft zusammen und ich wusste, dass ihn diese Wunde besondere Schmerzen bereiten musste. Es war nicht nur eine normale Fleischwunde. Nein. Hudson hatte mein Mal, mein Zeichen von Kai genommen.

Ich bemerkte Bernard nicht, der an uns herantrat und ungeniert Desinfektionsmittel in die offene Wunde schüttete. Kai zischte schmerzhaft auf, zuckte vor dem Kämpfer zurück und auch mir entkam ein warnendes Knurren.


„Das muss desinfiziert werden. Es ist ein Alphabiss. Die entzünden sich schnell", erklärte Bernard mit harter Stimme, ohne seinen Blick von Kais Schulter zu nehmen. Er schüttelte nichts sagend den Kopf und drehte sich mit den Worten „Verdammt, Hudson" von uns weg.

Erst da wurde mir wirklich bewusst, was diese Wunde bedeutete. Nicht nur, dass mein Mal verschwunden war, Hudson hatte meinen Gefährten auch noch gezeichnet. Er hatte Kai die schlimmste Strafe auferlegt, die ein Alpha verteilen konnte.

Wut schwappte plötzlich durch meinen Körper und unterdrückte dabei sogar den Schmerz, der weiterhin meine Gliedmaßen schwächte.

„Du!", knurrte ich und löste mich schwerfällig von Kai, der mich erst nach einigen Augenblicken losließ. „Weißt du eigentlich, was du angestellt hast?!", brüllte ich und steuerte mit gezielten Schritten auf meinen Bruder zu, der sich auf den unteren Stufen der Treppen niedergelassen hatte und mit der Decke, die ich ihm gegeben hatte, die wichtigsten Stellen verdeckte.

Hudson reagierte daraufhin jedoch nicht, sondern musterte weiterhin den Boden vor sich.

„WEISST DU, WAS DU ANGESTELLT HAST?!", brüllte ich erneut mit Tränen in den Augen und zuckte selber zurück, als ich realisierte, dass ich Hudson gerade eine Ohrfeige gegeben hatte.

Das entlockte meinem Bruder jedoch eine Reaktion.

Mit einem tiefen, warnenden Knurren sprang er plötzlich auf, sodass ich verängstig zurück stolperte und unsanft auf dem Boden landete.

„Vergiss deinen Platz nicht, Omega!", grollte er und lehnte sich mit verzerrtem Gesicht zu mir hinunter.

Seine Augen glühten eisblau, seine Eckzähne waren zu langen Fängen geworden, die in seine Lippen schnitten, sodass sie bereits blutig waren, sein sonst so ordentlich getrimmter Drei-Tage-Bart war innerhalb weniger Augenblicke ausgeartet und bedeckte beinahe sein gesamtes Gesicht.

Panik packte meinen Körper als ich meinen Bruder so nah vor mir hatte. Sein heißer Atem traf auf mein Gesicht und sein Gewicht, das er gänzlich auf mich ließ, drückte mir die Luft ab. Ich war starr vor Angst. Starrte meinen Bruder oder das was einst mein Bruder gewesen war an und konnte gleichzeitig nicht über seine Worte hinweg sehen.

Hudson hatte mich noch nie auf meinen Rang reduziert.

Obwohl Hudson mich nur einen Augenblick zu Boden drückte und Kai, Bernard und Eren mir gleich zur Hilfe kamen und fühlte es sich an wie Stunden. Das kalte Feuer, das in Hudsons Augen loderte, brannte sich in meine Netzhaut und ich wusste, dass ich diesen Anblick niemals vergessen würde.

„Schau mich an. Junge, schau mich an!"

Das Dad plötzlich wieder zu uns gekommen war und dass Kai mich in seine Arme geschlossen und Abstand zwischen Hudson und mich gebracht hatte, realisierte ich kaum. Ich hatte weiterhin nur Hudsons lodernden Augen vor mir.

„Konzentriere dich auf mich! Hudson, hörst du mich! Schau nur mich an. Konzentriere dich auf mich. Ich weiß, du bist wütend, aber du musst dich beruhigen! Hudson! Verstehst du mich?" Dad hatte seinen Sohn an den pelzigen Wangen gepackt und hielt dessen Gesicht nur knapp vor sein eigenes. Seine eisblauen Augen starrten in die seines Sohnes, der anfänglich noch versucht hatte sich zu wehren, aber von Bernard und Nathan an Ort und Stelle gehalten wurde, wobei die beiden sichtbar mit ihm zu kämpfen hatten.

Anstatt sich zu beruhigen wurde Hudsons tiefes Schnaufen nur lauter. Seine Fingernägel wurden plötzlich zu langen Krallen und sein Oberkörper krümmte sich nach vorne. Er versuchte gegen Bernard und Nathan anzukommen, die ihm jedoch tapfer, aber mit viel Kraftaufwand standhielten.

Es war ein beängstigendes Bild.

Ich presste mich näher an Kai, dessen Herzschlag genauso kräftig ging wie meiner. Ich spürte seine Angst ebenfalls und war mir sicher, dass es jedem anderen hier genauso ging.

Was geschah hier nur?

Zwischen dem ganzen Trubel bemerkte ich kaum Kais Mutter, die mutterseelenallein an unserem Küchentisch saß und das Geschehen mit großen Augen beobachtete. Es war fast als hätte jeder hier ihre Anwesenheit vergessen. Selbst Ian, der auf sie aufpassen hätte sollen, klammerte sich stattdessen an seinen Gefährten, der Hudson und Dad mit ungläubigem Gesichtsausdruck beobachtete und Ian dabei fest an sich presste.

Daher war ich wohl auch der Einzige, der sah wie Kais Mutter sich plötzlich erhob, sich in einer geschickten Bewegung zwischen Bernard, Nathan und Hudson drückte und mit beiden Händen eine Art Judo Handgriff machte und mein Bruder daraufhin einfach bewusstlos in sich zusammensackte.

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