34

1.2K 74 11
                                    


Langsam prasselt der Regen an das Fenster im Wohnzimmer. Schon seit mehreren Stunden sitze ich hier auf der Fensterbank und schaue dem Wettrennen der Regentropfen zu.

Es wird immer mal wieder stärker oder schwächt ab, doch es möchte einfach nicht aufhören. Mich stört es nicht, ich bin es ja gewohnt, dass es in England immer regnet. Doch Clay ist es nicht. Er muss sich erst noch daran gewöhnen.

Er ist vor genau zwei Wochen hier angekommen. Eigentlich eher spontan. Klar haben wir ein Meetup geplant. Ich fliege nach Florida und ziehe mit Clay und Nick zusammen. Doch wegen einer Außenstelle für unseren Merch musste er gezwungener Weise hierherfliegen. Mit seiner Flugangst war das nicht gerade der entspannteste Trip.

Doch erstaunlicherweise hat er es gut überstanden. Wir haben immer mal wieder kurz geschrieben und er hat versucht so viel zu schlafen wie möglich. Wenn er wieder zurück nach Amerika fliegt, hat er ja mich Gott sei Dank an seiner Seite. Ich hoffe, dadurch wird es ein wenig besser. 

Außerdem hat er Patches mitnehmen müssen. Nick ist momentan bei Karl und seine Familie ist außer Landes. Er lässt sie nicht gern bei Fremden, weshalb er sie mitnehmen musste. Nicht nur, dass er Flugangst hat, nein, nun musste er auch noch Patches in einen Käfig sperren und mit ins Flugzeug bringen.

Nicht gerade das beste Erlebnis für ihn und seine Königin. 

Er hat mir kurzfristig Bescheid gegeben und mich gefragt, ob er eventuell bei mir bleiben kann für die vier Wochen. Der ursprüngliche Plan für das Meetup war gewesen, dass ich in vier Wochen nach Florida fliege. 

Clay sollte für sein Business Meeting nur drei Wochen hier bleiben, doch da es noch eine gerade einmal eine Woche ist, bis ich nach Florida fliege, hat er seinen Flug so gebucht, dass wir beide zusammen zurückfliegen. Wir haben also noch zwei Wochen hier in England zusammen. 

Normalerweise wäre jetzt ein Treffen mit einem Partner gewesen, doch es wurde kurzfristig wegen des Sturmes abgesagt. Auch wenn es gerade nur ein wenig regnet, kann das Wetter plötzlich kippen. Es wäre nicht das erste Mal, das sich aus einem kleinen Regen ein Unwetter entwickelt. 

Clay steht gerade in der Küche und macht uns beiden einen Tee. Das Zusammenleben ist so normal für uns beide geworden, auch wenn es gerade einmal nur zwei Wochen bisher waren. Angesichts dessen sind auch alle Bedenken, die ich bisher hatte, wie weggeblasen. Ich freue mich schon auf Amerika. 

Das erste Treffen war so nervenaufreibend. Ich meine, ich war schon die ganze Zeit aufgeregt, dass wir uns endlich alle treffen, doch ich dachte, ich hätte noch ein paar Wochen, um mich mental darauf vorzubereiten. Manchmal bekommt man ein Geschenk eben eher als erwartet. 

Einerseits kann ich mich an jedes noch so kleine Detail erinnern, doch andererseits ist dieser Tag komplett verschwommen. Alles, was ich weiß ist, dass ich mir Clay genauso vorgestellt habe. Wie er aussieht, wie er sich bewegt. Ich fühle mich so glücklich ihn jetzt hier bei mir zu haben.

"Woran denkst du gerade?"

Ich schrecke aus meinen Gedanken und schaue erst zu Clay, der mir eine Tasse entgegenstreckt. Ich greife nach der heißen dampfenden Tasse und schaue dann wieder aus dem Fenster. Es ist nun dunkler geworden und der Regen hat auch zugenommen. Ich muss hier schon eine lange Zeit sitzen.

Mein Blick richtet sich wieder auf Clay, der sich indessen zu mir auf die Fensterbank gesetzt hat. Gut das mein Haus im Wohnzimmer so ein großes Fenster hat, sodass wir beide hier sitzen können. Allerdings ist es auch nicht so riesig. Wir sitzen beide recht eng aneinandergepresst hier. 

Doch keiner von uns beiden würde sich beschweren. Unsere Freundschaft war schon immer anders als alle anderen Freundschaften, die ich bisher hatte. Diese fühlt sich besser an, sicherer und vertrauter.

"Ich habe an den Tag gedacht, an dem wir uns am Flughafen getroffen haben."

"Du hast mich die ganze Zeit nur angestarrt. Ich hatte schon befürchtet, du würdest vergessen zu atmen."

Ich lehne mich ein wenig vor und boxe ihm einmal gegen die Schulter. Das ist zwar wahr, dennoch muss er doch so etwas nicht sagen. Schlimm und peinlich genug, dass sich gerade dieser Teil fest in meinem Gedächtnis eingebrannt hat.

Er lacht leise und richtet seinen Blick nun auch nach draußen. Eine Weile schweigen wir. Es ist schwer jemanden zu finden mit dem man nicht nur zwischenmenschlich perfekt klarkommt, sondern mit den man auch schweigen kann. 

"Du machst es schon wieder."

Ich merke da erst, dass ich ihn wieder die ganze Zeit über angestarrt habe. Wieso mache ich nur immer wieder solche peinlichen Dinge? Also wende ich meinen Blick ab und schaue jetzt auf die Tasse in meinen Händen. 

"Woran denkst du George?"

"Ich weiß auch nicht so genau, aber ich bin momentan einfach nur glücklich. Es ist so unfassbar, dass wir uns endlich nach all den Jahren getroffen haben."

"Das finde ich auch. Zumal es früher als geplant passiert ist. Außerdem finde ich es schön erst einmal Zeit mit dir allein zu verbringen."

Das lässt mich wieder aufschauen. Clay sitzt immer noch in der gleichen Position vor mir und schaut immer noch aus dem Fenster. Ein kleines Lächeln kann ich mir nicht verkneifen. Er hat recht. 

Allerdings weiß ich nicht, was ich auf seine Aussage antworten soll, weshalb ich einfach schweige. Ich will mich nicht wieder zum Deppen machen, sollte ich etwas Peinliches sagen. 

Die Zeit vergeht und es wird immer dunkler draußen. Irgendwann fange ich an zu zittern und wir kuscheln uns mit einer Schüssel Popcorn auf die Couch. Irgendein langweiliger Film spielt im Hintergrund, doch meine Aufmerksamkeit liegt ganz woanders.

Nach ungefähr einer halben Stunde ist Clay neben mir eingeschlafen. Irgendwann ist sein Kopf dann auf meiner Schulter gelandet. Doch in dieser Position blieb er nicht lang. Es ist wohl zu ungemütlich gewesen, was ich verstehen kann, da ich um einiges kleiner bin als er. 

Also hat er sich auf die Seite gedreht und seinen Kopf auf meinen Schoß gebettet. Nun kraule ich ihm schon eine Weile mit meiner Hand durch seine Haare. Ein Lächeln liegt auf meinen Lippen. 

Ich wünsche mir so sehr, dass dieser Moment einfach nie vergeht. Vor allem, dass Clay nie herausfindet welche Gefühle ich für ihn empfinde. 

Ich möchte mir jetzt nicht den Augenblick ruinieren, also schüttle ich einfach nur meinen Kopf. Die nächsten Stunden verbringe ich damit, ihm kleine Kreise über die Kopfhaut zu zeichnen. Irgendwann falle ich dann selbst in einen traumlosen Schlaf. 


Ende

DreamnotfoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt