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„Oh, Dream ruft mich bei Discord an. Einen Moment Leute."

Ich bin gerade dabei einige Donation vorzulesen, als ich die Anzeige auf meinen zweiten Bildschirm lese. Ein Discord Anruf. Ich meine, versteht mich nicht falsch, es ist vollkommen normal das Clay mich anruft, doch wir hatten vor ein paar Stunden erst miteinander gesprochen. Was wird er nur wollen? Oder ist vielleicht etwas passiert?

"Hi."

"Hey George."

Er klingt müde. Schnell schaue ich auf die Uhr. Es ist gerade mal 9 pm hier. Das heißt, in Florida ist es erst 4 pm. Eigentlich müsste Clay schon längst ausgeschlafen haben, außer...

"Clay sag mir bitte nicht, du hast die ganze Nacht durchgemacht."

"Ich musste das Video fertigstellen. Es hat etwas länger gedauert als gedacht."

Ich seufze leise. Ein paar Sekunden vergehen, ohne dass jemand etwas sagt. 

"Was machst du gerade?"

"Ich sitze noch am PC. Ein paar Geschäfts-Mails müssen noch beantwortet werden."

Gut, dass wir gerade nicht Video chatten, sonst hätte Clay gesehen, wie ich langsam meinen Kopf schüttle. Wie kann dieser Mann denn noch sitzen und E-Mails schreiben, wenn er klingt, als wäre er schon halb am Schlafen? 

Ein Flackern auf einen meiner anderen Bildschirme, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Mist. Ich streame doch noch. Ich habe ganz vergessen, dass ich noch live bin. 

"Clay warte mal eine Minute. Ich beende schnell meinen Stream und dann reden wir weiter."

"Oh du bist live? Tut mir leid, George."

"Alles gut. Nicht so schlimm."

Nachdem ich mich schnell verabschiedet und mich noch ein paar Mal bedankt für einige Donation habe, die einfach so unbeantwortet an mir vorbeigingen, beende ich den Stream. Ich sage ihnen, dass ich mich leider verabschieden muss, da etwas Familiäres dazwischen gekommen ist. Einige Kommentare, die ich noch lesen kann, beinhalten alle das gleiche: 

-es ist wegen Dream

Ich meine, sie haben definitiv nicht unrecht, dennoch müssen sie ja nicht wissen, dass ich nur seinetwegen meinen Stream so kurzfristig absage. Ich kann Clay jetzt nicht allein lassen in diesen Zustand. Vermutlich würde er sonst noch viele weitere Stunden vor seinem PC hängen.

"Bin wieder da."

"Ok."

Er klingt so erschöpft. Ich schalte von Voice Chat auf Video Chat und warte bis auch Clay umschaltet. Entgegen aller Kommentare und Vermutungen weiß ich nämlich wie Clay aussieht. Wir machen uns nur einen Spaß daraus, nicht zu wissen wie Clay aussieht. 

Es ist dunkel bei ihm im Zimmer. Ich kann ihn nur durch das Licht erkennen, welches seine Monitore abstrahlen. Er sieht aus wie eine Leiche. 

"Clay..."

Auch wenn ich nur leise gesprochen habe, scheint er es gehört zu haben, denn er hört auf zu tippen und schaut mich durch die Kamera an.

"Was ist, George?"

"Geh bitte ins Bett. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment einschlafen und ich denke so fühlst du dich auch."

"Aber ich muss das noch-"

"Clay, Bitte!"

Lange schaut er mich an. Einmal durch die Kamera und dann schaut er wieder auf seinen Bildschirm, um mich wirklich zu sehen. Ich glaube, er wägt gerade ab, ob es sich lohnt, mit mir zu diskutieren oder nicht.

Er scheint sich seinem Schicksal zu beugen, und seufzt. 

"Ok. Können wir aber noch weiter reden? Bis ich eingeschlafen bin?"

"Natürlich Clay."

Kurz ist die Verbindung weg, als Clay seinen PC herunterfährt und mich von seinem Handy aus anruft. 

Er hat sich nun ins Bett gelegt und sein Handy auf seinen Nachttisch gestellt. Langsam zieht er sich die Decke etwas über seinen Körper und stöhnt leise, als sein Kopf das Kissen berührt. Es wird nicht lange dauern, bis er eingeschlafen ist.

Wenn Clay in diesem Zustand ist, ist er besonders niedlich. So unbeholfen und anhänglich. Solche Momente wie jetzt gab es schon öfter. 

Seine Augen sind bereits zu. 

"Erzählst du mir was?"

"Was willst du denn hören?"

"Mir egal. Ich möchte einfach nur deine Stimme hören."

Gut, das seine Augen immer noch zu sind und er dementsprechend nicht sieht, wie sich meine Wangen langsam rosa verfärben. Es kommt immer so plötzlich, dass Clay mal solche Kommentare nebenbei einfach so von sich gibt. Ich weiß einfach, sie bedeuten für Clay nicht das gleiche wie für mich. 

Ich gebe es ja zu. Ich habe mich ein wenig in Clay verliebt. Wir kennen uns nun schon seit so vielen Jahren und sind beste Freunde. Ich war mir auch schon immer ziemlich sicher, dass ich entweder bi oder schwul bin. Clay weiß das auch. Doch weiter haben wir das Thema noch nie vertieft. 

Ich möchte das auch nicht auf Zwang, denn ich möchte unsere Freundschaft nicht ruinieren. Deshalb schwärme ich einfach weiter heimlich für ihn. 

"George?"

"Oh ja, tut mir leid, ich war in Gedanken."

"Konnte ich sehen. Du siehst cute aus, wenn du so angestrengt über etwas nachdenkst."

Er-hat-mich-beobachtet? Na toll. Peinlich!

Ich räuspere mich, setze mich aufrechter hin und überlege, welche Geschichte ich Clay jetzt erzählen kann. 

"Also es war einmal..."

Eine Weile erzähle ich irgendeine Geschichte über einen Ritter und einen Drachen, welche ich mir einfach so beim Sprechen ausdenke. Für ein paar Minuten hat Clay noch versucht seine Augen offenzuhalten, um mich zu beobachten. Doch bereits nach der Hälfte der Geschichte sind ihm seine Augen zugefallen. 

Ich war mir nicht so sicher, ob er dabei auch schon eingeschlafen ist oder nicht, deshalb habe ich einfach weiter erzählt. Nun bin ich am Ende der Geschichte. 

Sein Brustkorb hebt und senkt sich gleichmäßig, sein Gesicht sieht ganz entspannt aus. 

Eine Weile beobachte ich ihn beim Schlafen. Wie gern würde ich jetzt neben ihm liegen. Wie gern würde ich seine Körperwärme spüren. Mich einfach an ihn kuscheln.

"Gute Nacht, Clay. Ich-Ich liebe dich."

Ich seufze und möchte gerade auf 'Auflegen' tippen, als seine Stimme meine Bewegung gefrieren lässt.

"Ich liebe dich auch, George."


Ende

DreamnotfoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt