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So habe ich mir die ersten Tage hier in Florida eigentlich nicht vorgestellt. 

Vor zwei Tagen bin ich endlich, nach fast drei Jahren Wartezeit, in den USA, Florida gelandet. Die Idee, die zu einem Traum wurde. Als wir 2020 in einem Call auf die witzige Idee gekommen sind, uns endlich einmal nach über drei oder vier Jahren Freundschaft zu treffen, haben wir noch nicht damit gerechnet, noch weitere zwei Jahre auf diesen Moment warten zu müssen.

Als ich letzte Woche dann endlich den Bescheid gekommen habe und der VISA-Ausweis endlich in meinem Briefkasten lag, wurde es plötzlich ernst. In wenigen Tagen habe ich also meine letzten Angelegenheiten hier geregelt, die letzten Videos gedreht, meine Familie besucht und meinen Freunden hier in England verabschiedet. 

Natürlich musste ich auch noch packen, doch da ich eh nicht wirklich viel besitze und das meiste schon seit ein paar Monaten gepackt im Gästezimmer steht, ging das auch relativ schnell. Lediglich ein paar Klamotten und Wertgegenstände habe ich in zwei Koffer gestopft. Es ist sinnlos meinen ganzen Hausstand mitnehmen zu wollen, wenn ich in Florida mir ohnehin alles neu holen werde.

Dann gab es noch eine wichtige Sache zu erledigen, bevor ich ins Flugzeug steige, was ich übrigens auch schon gebucht habe, gleich nachdem ich das VISA-Schreiben in der Hand hatte. Das geplante face reveal von Clay.

Schon vor Monaten war es beschlossene Sache: wenn ich mein VISA habe, facetimen wir und ich werde zum ersten Mal nach über  sieben Jahren Freundschaft das Gesicht von meinem besten Freund sehen. Allerdings ist es, so vermute ich mal, emotionaler und aufregender für Clay.

Damit will ich nicht sagen, dass es mir egal ist oder für mich weniger aufregend. Für Clay war das schon immer eine wichtige Angelegenheit. Er hat seine ganze Karriere auch darauf ausgerichtet. Doch komischerweise war es mir nie so wichtig, ob ich jetzt weiß, wie er aussieht oder nicht. Das ändert ja nichts an seinem Charakter, seinem Wesen und es ändert auch nichts an unserer Freundschaft.

Genau aus diesem Grund ist es mir wahrscheinlich auch so leicht gefallen, seine Entscheidung zu akzeptieren. Vor dem Anruf war ich auch nicht wirklich nervös. Clay dafür umso mehr. 

Als ich sein Gesicht endlich auf dem kleinen Bildschirm meines Handys aufleuchten sah, sind mir sofort die rosa Wangen und die hektischen Bewegungen aufgefallen. Normalerweise ist Clay die Ruhe in Person, doch nicht an diesem Tag. 

Ich könnte jetzt ins Detail gehen, wie Clay aussieht, doch ich denke, Nick hat es einmal sehr gut beschrieben: Die ganzen Fanart, die bereits von so vielen talentierten Künstlern existieren, machen ihm alle Ehre. Einige kommen sogar fast zu 100 % an die Wirklichkeit heran.

Zugegebenermaßen benötigte ich allerdings nach dem Telefonat doch einige Minuten für mich, um meine Gedanken zu sortieren. Dass Clay gut aussieht, war mir schon lange bewusst, dafür hat Nick viel zu oft darüber gesprochen. Doch ihn jetzt vor mir zu sehen, ihn wirklich zu sehen und zu begreifen, dass ER mein bester Freund ist, war schon ein wenig schwierig.

Das ist jetzt alles schon einige Tage her und ich bin nun endlich in Florida. Sobald ich gelandet bin, habe ich eine Nachricht an Clay sowie Nick geschrieben, der mich dann auch vom Flughafen abgeholt hat. Das Wiedersehen mit Nick war witzig, da wir erst auf der Suche nach den anderen aneinander vorbeigelaufen sind. Bei dem Umzug in die USA geht es ja nicht nur um Clay und mich, sondern auch um Nick. 

Eine Autofahrt später lag ich dann das erste Mal in Clays Armen. Nach all der Zeit ein unbeschreibliches Gefühl. Allerdings auch ein wenig komisch, denn seitdem, kann ich meine Augen nicht mehr von ihm lassen. Vorher war es mir egal, wie er aussieht, wie eigentlich alle meine Freunde aussehen. Doch bei Clay, jetzt da ich auch endlich hier bin, ihn umarmen kann, ist es anders. Ich versuche noch herauszufinden, woran das liegt.

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