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Bestimmt seit drei Stunden liege ich hier nun schon wach. Ich habe alle Methoden, die mir eingefallen sind schon ausprobiert. Schäfchen zählen, eine warme Milch trinken, mich nicht bewegen, ... einfach alles habe ich probiert, doch ich finde einfach nicht ins Traumland.

Dabei muss ich morgen fit und munter sein. Clay kam vor ein paar Tagen hier in London an und bleibt ein paar Wochen hier. Es war eine recht spontane Idee, denn eines Abends nach dem Stream verkündete er mir, dass er in ein paar Stunden am Flughafen abgeholt werden möchte. Ich habe nicht schlecht geschaut, als er anfing zu lachen.

„Was meinst du damit?"

„Na was soll ich schon damit meinen, George? Ich fliege in zwei Stunden zu dir nach London. Ich schreibe dir, wenn ich gelandet bin. Bis später."

Und damit war unser Gespräch auch schon beendet. Ich habe ihn ein paar mal versucht anzurufen, doch sein Handy war auf stumm gestellt. Wenn das einer von seinen Scherzen sein soll, war er diesmal echt gut.

Ich habe mir nichts weiter gedacht und bin ins Bett gegangen. Doch als ich dann gegen Nachmittag wirklich eine Nachricht von Clay bekam, in der stand, dass er gelandet ist, rutschte mir schon mein Herz in die Hose.

Also stieg ich, wie ich war, in mein Auto und fuhr die kurze Strecke bis zum Flughafen. Gott sei Dank wohne ich nicht gerade weit entfernt davon. Mir war auch völlig egal das ich nur im T-Shirt und meiner Schlafhose nach draußen gestürmt bin.
Am Flughafen angekommen, stieg ich aus dem Auto aus und steuerte den Eingang an. Nebenbei zog ich mein Handy aus der Tasche und wählte Clays Nummer.

Nach dem Fünften klingeln ging er dann endlich ran.

„Wo bist du?"

Ich war ganz außer Atem, was ich erst jetzt merkte. Mitten in der riesigen Halle hielt ich an und versuchte die große Anzeigetafel zu entziffern. Ich muss bestimmt ausgesehen haben wie ein Irrer. In seinen Schlafklamotten, vollkommen außer Atem und nur im T-Shirt bei diesen Temperaturen draußen. Doch um ehrlich zu sein habe ich die Kälte gar nicht so wahr genommen.

„George?"

Ich brauchte eine Weile um zu kapieren, dass zum einen ich damit gemeint war und die Stimme nicht aus dem Handy, sondern nur Zentimeter neben mir zu hören war.

Ich machte einen kleinen Satz nach links. Da stand er. Nicht, dass wir uns schon mal in RL gesehen hätten oder ich auch nur ahnen konnte wie Clay nun wirklich aussieht, doch seine Stimme hätte ich aus tausenden herausgehört. Ohne groß zu zögern, stellte ich mich auf meine Zehenspitzen und schlang meine Arme um seinen Hals.

Wenn er von dieser Aktion überrascht war, ließ er es sich nicht anmerken. Er ließ nur seinen Koffer los, schlang seinerseits nur seine Arme um meine Taille und zog mich näher zu sich. An meinem Ohr konnte ich ihn leise lachen hören.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ließen wir uns wieder los und ich begann ihn zu mustern. Er sah mich nur grinsend an. Ich weiß nicht wie ich ihn beschreiben soll. Er ist genauso wie ich ihn mir immer vorgestellt habe, nur noch 1000-mal besser.

Uns war von Anfang an klar, dass wenn wir uns das erste Mal treffen, genau das passieren wird. Wir starren uns einfach nur an. Er hat mich schon tausend Mal auf Fotos, im Stream oder bei Video-Anrufen gesehen. Doch ihn habe ich ja noch nie gesehen. Zumindest nicht richtig, nur auf ein paar Kinderfotos, wo er vielleicht sechs Jahre alt war. Doch jetzt den 21-jährigen Clay vor mir stehen zu haben, ist schon etwas anderes. 

„Ist dir nicht kalt?"

Ich liebe seine Stimme. Ich hatte eine kleine Befürchtung, dass seine Stimme eventuell in RL nicht ganz so eine Wirkung auf mich hat, wie über VC doch genau das Gegenteil ist der Fall. Über meine schon kalte Haut, zieht ein kleiner Schauer vorbei. 

DreamnotfoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt