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Ich weiß nicht so recht, wann ich das letzte Mal so tief in Arbeit gesteckt habe. Nicht das ich es mir nicht selbst ausgesucht habe, doch das alles jetzt auf einmal machen zu müssen, ist schon etwas heftig. 

Nicht nur das ich von einem Termin zum nächsten renne. Ich sitze mehr Stunden an meinem Schreibtisch als ich schlafe, esse oder irgendetwas anderes mache. Ich beantworte E-Mails, bearbeite Videos und entwickle neue Ideen. 

Langsam spüre ich es auch in meinem Körper. Ich bin öfter müde, mir tut alles weh und ich glaube, ich habe auch etwas abgenommen. Nicht gerade das beste, was ich mir selbst antun kann, dennoch habe ich einen straffen Zeitplan und muss mit einigen Dingen langsam fertig werden.

Zum gefühlt hundertsten Mal gehe ich jetzt schon diesen Code durch, doch finde immer noch nicht diesen einen kleinen Fehler. Ich glaube, ich drehe bald durch, wenn ich ihn nicht finde. Ich meine, wie schwer kann es denn schon sein. 

Ach, es ist zum Haareraufen. Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück, schließe die Augen und massiere mir meine Schläfen. Es fühlt sich so an, als würde ich Kopfschmerzen bekommen. Na super, das hat gerade noch gefehlt. 

Eine Weile sitze ich noch hier und starre vor mich hin, bis ich mich dazu entschließe endlich aufzustehen. Ein wenig wackelig auf den Beinen, bahne ich mir meinen Weg aus meinem Arbeitszimmer in die Küche. 

Ich schalte das Licht an und öffne den Kühlschrank zu meiner linken. Wir müssen wieder einkaufen gehen. Es ist nicht mehr viel da, außer einer halben Flasche Milch und ein paar Tomaten. 

Ich seufze und nehme mir also nur eine Tomate. Ich drehe mich wieder um und schließe die Kühlschranktür hinter mir. Dennoch stoppe ich in meiner Bewegung, als ich in der Mitte der Kücheninsel eine kleine Schüssel mit einer Karte davor entdecke.

Ich trete näher heran und nehme die Karte an mich. In einer feinen geraden Schrift ist mein Name darauf geschrieben. Doch nicht nur das, sondern auch ein kleines Herz steht dahinter. Sofort schleicht sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht. 

In der Schüssel befinden sich ein paar Spaghetti mit Tomatensoße, die ich jetzt schnell in der Mikrowelle etwas erwärme. Er muss heute wohl wieder ohne mich gegessen haben. Sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen. 

Er musste die letzten Tage so viel allein unternehmen und immer wegstecken, nur weil ich in Arbeit versinke. Natürlich hätte er mir am liebsten etwas von dieser Last abgenommen, doch leider funktioniert das diesmal nicht. Da muss ich jetzt allein durch.

Wegen der schlaflosen Nächte und der ganzen Arbeit, habe ich sogar angefangen auf dem Sofa in meinem Arbeitszimmer zu schlafen. Ich möchte ihn nicht wecken. Ich gehe zu den unterschiedlichsten Zeiten schlafen und ich bin nicht der einzige, der arbeiten muss. 

Generell möchte ich ihn nicht belasten, doch da wir zusammen wohnen, wird das schwierig. Hach, warum muss das alles so kompliziert sein. 

Nach dem Essen gehe ich wieder zurück in mein Arbeitszimmer. Die hellen Monitore begrüßen mich und ich setze mich wieder auf meinen Schreibtischstuhl. Ein kleines Seufzen verlässt meinen Mund, in die Stille des Zimmers. 

Ich bin so müde. Vielleicht wäre es besser ich mache für heute Schluss und gehe erst einmal ein wenig schlafen, wenn ich denn schlafen kann. Noch bin ich mir da nicht so sicher. 

Ich hatte recht. Es ist nun bestimmt schon eine Stunde vergangen, nachdem ich meinen PC heruntergefahren habe und es mir auf der Couch gemütlich gemacht habe. Zumindest habe ich das versucht. 

Doch ich kann einfach nicht einschlafen. Nichts funktioniert und ich drehe langsam durch. Warum kann ich nicht einfach schlafen? Ich brauche diese Erholung, doch ich bekomme sie einfach nicht.

Nachdem ich mich nun zum siebten Mal auf die andere Seite gedreht habe, stehe ich auf. Vielleicht arbeite ich noch ein wenig, wenn ich ohnehin nicht schlafen kann. Doch dann bemerke ich die aufkommenden Kopfschmerzen von erst wieder. 

Also gibt es nur noch zwei Möglichkeiten für mich. Entweder setze ich mich in unser Wohnzimmer und schaue so lange TV bis ich einschlafe oder...

Als ich die Tür so leise wie möglich öffne, bin ich echt erleichtert, dass ich es geschafft habe sie zu öffnen, ohne ihn zu wecken. Er liegt ruhig im Bett, die Bettdecke umklammert. Sofort blutet mein Herz, wenn ich den Ausdruck auf seinem Gesicht sehe.

Ich habe ganz vergessen, welche Angst er vor seinen Alpträumen hat. Sie sind zwar nicht mehr so schlimm wie bevor ich eingezogen bin, doch er hat sie immer noch. Ich bin so ein schlechter Ehemann. Eigentlich habe ich ihn geschworen, immer an seiner Seite zu sein, doch das habe ich die letzten Wochen und Tage wohl vergessen.

Ich schließe die Tür hinter mir und tapse langsam zu meiner Seite des Bettes. Vorsichtig hebe ich die Decke etwas an und klettere darunter. Ich traue mich fast nicht zu atmen.

Clay liegt mit dem Rücken zu mir auf der Seite. Kurz überlege ich hin oder her, ob ich zu ihm rutsche oder einfach liegen bleibe. Doch mein Herz gewinnt den Kampf. Mein Körper ist seit Tagen auf Entzug von körperlicher Nähe. 

Also rutsche ich Stück für Stück näher an ihn heran, bis ich endlich fast an ihn gepresst da liege. Noch habe ich ihn nicht berührt, ich halte auch immer noch die Luft an. 

Ach, fuck it. Ich hebe meinen Arm und schlinge ihn um seine Körpermitte. Den anderen schiebe ich unter sein Kopfkissen. 

Zuerst geschieht nichts. Doch dann bewegt er sich ein wenig, wacht auf und dreht seinen Kopf, soweit herum das er mich ansehen kann. Als er versteht, dass ich es bin, der hier hinter ihn liegt, stiehlt sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. 

"Hey Babe."

"Hi. Ich wollte dich nicht wecken, doch ich konnte nicht schlafen. Deshalb dachte ich, es-"

"Du brauchst dich nicht dafür rechtfertigen in deinem eigenen Bett zu schlafen. Ich bin so froh dich endlich wieder hier zu haben."

Damit dreht er seinen Kopf noch etwas mehr zu mir und drückt seine Lippen auf meine. Ich seufze in den Kuss hinein, denn nun merke ich erst, was mir all die Tage gefehlt hat. Umarmungen, Zuneigung, diese Küsse. Clay. 

Ich lege all meine Liebe in diesen Kuss, bevor er auch schon wieder vorbei ist und wir beide in die Kissen sinken. Meine Arme verstärken ihren Griff um meinen Ehemann. Dieser schlingt seinerseits seine Arme um die meinen. 

So halten wir uns fest, bis wir beide in einen erholsamen und entspannten Schlaf abdriften. 

Vielleicht muss ich meine Prioritäten doch noch einmal überdenken.


Ende

DreamnotfoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt