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POV Nick:

Die nächsten Tage verbringt George in seinem Zimmer. Nachdem er an diesem Abend weinend davongestürmt ist, habe ich ihn nicht mehr oft gesehen. Nicht einmal zu den Mahlzeiten erscheint er.

Ein paar Mal habe ich an seine Tür geklopft und versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Doch entweder hat er wirklich geschlafen oder mich einfach ignoriert. 

Übel nehme ich es ihn nicht. Auch wenn ich mich eindeutig komisch fühle und die ganze Situation extrem merkwürdig ist, so zwischen meinen beiden besten Freunden auf Eierschalen zu laufen, kann ich es doch nicht ändern und den beiden ihren Freiraum geben.

Zumindest scheint George dennoch noch etwas zu essen. Nachdem ich für alle gekocht habe, stelle ich ihm immer eine Schüssel oder einen Teller vor die Tür. Am nächsten Morgen ist er zumindest halb leer. 

Ich meine, es ist schon absurd genug, dass ich nun derjenige bin, der für uns alle kocht. Jeder weiß, dass ich darin nicht gut bin. Bisher scheint sich aber noch keiner beschwert zu haben. 

Clays Mutter ruft jeden Tag mindestens zweimal an. Erkundigt sich, wie es ihm geht und ob sich irgendwelche Verbesserungen zeigen. Doch jeden Tag aufs Neue muss ich sie enttäuschen. Nicht nur das ich Clay den Tag über fast nicht zu Gesicht bekomme, sondern, auch wenn ich es tue, scheint er sich nicht gerade groß unterschiedlich zu dem gestrigen Tag zu verhalten. 

Danach schweigen wir beide und hängen unseren Gedanken nach. Um die Situation aber nicht gänzlich unangenehm werden zu lassen, frage ich sie nach ihrem Tag und was sie als Nächstes geplant haben. Eine kleine Unterhaltung später legen wir beide wieder auf. Erschöpft lasse ich dann meinen Kopf hängen. 

Wenig später höre ich, wie Clay mit seiner Mutter über das Telefon spricht. Er klingt unbeschwert, doch nicht gerade besonders fröhlich. Ich denke, er selbst hat auch mächtig mit sich zu kämpfen.

Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es sein muss, aufzuwachen und jeder weiß besser über dein Leben Bescheid als man selbst. Einige Male habe ich ihn weinen gehört, als ich an seinem Zimmer vorbeigelaufen bin. Ich habe überlegt, hineinzugehen, doch habe den Gedanken schnell wieder verworfen.

Er erinnert sich auch nicht an mich. 

Aber um ehrlich zu sein, hat sich noch keiner so richtig bei mir erkundet, wie es mir eigentlich mit der ganzen Situation geht. Klar, Clays Mutter fragt mich jeden Tag, wie es mir geht, doch ihr kann ich nicht auch noch meine Bürde aufzwingen, wenn sie gerade so große Sorgen hat. 

George mache ich keine Vorwürfe, denn er durchlebt gerade etwas, was ich nicht einmal ansatzweise ganz begreifen kann. Bei ihm hängt nicht nur eine Freundschaft an der Leine, sondern noch etwas viel Größeres. 

Clay ist mein bester Freund. Für lange lange Zeit hatte ich niemanden außer ihm. Wir haben so viele Dinge schon durchstanden. Als wir die Entscheidung getroffen haben zusammenzuziehen, habe ich nicht lange überlegt und alles hinter mir gelassen. Ich habe alles aufgegeben, um hier zu leben.

Außer Clay habe ich hier niemanden. Ich meine, klar habe ich meine Freunde und jetzt vor allem George hier. Doch das ist nicht das gleiche wie diese Freundschaft mit ihm. Dass er sich jetzt nicht mehr daran erinnert, ist schmerzhaft. Richtig, richtig schmerzhaft.

Ich seufze und lasse mich auf die Couch fallen. Kurz überlege ich, ob ich nach der Fernbedienung suchen soll, um die Stille zu füllen. Doch ich entscheide mich dagegen. Mein Kopf landet auf dem Kissen hinter mir und ich schließe meine Augen.

Vor genau zwei Tagen habe ich mit Clay noch auf unserer Couch gesessen. Nach dem Abendessen habe ich George ein Tablett mit Take-out Pizza vor die Tür gestellt. An diesem Abend hatte ich einfach keine Lust, mich in die Küche zu stellen. Clay schien auch zum Glück nichts dagegen zu haben.

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