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Clay POV:

Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon sitze, doch es müssen ein paar Stunden sein. Es war noch Tag, als ich angefangen habe. Nun ist es stockdunkel im Zimmer. 

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits 3.24 am ist. Goodbye Schlafrhythmus.

Ich rolle mit meinem Stuhl ein wenig nach hinten, strecke meine Arme über meinen Kopf und lasse meinen Kopf nach hinten sacken. Das lange Sitzen ist das einzig Negative an meinem Job. Ich sollte öfter nach draußen gehen und wieder mit Sport anfangen. 

Doch, nicht jetzt. Jetzt muss ich erst einmal mein Video weiter bearbeiten. Mein ganzer Tag bestand darin E-Mails zu beantworten, ein Video hochzuladen, ein Video aufzunehmen und es dann zu schneiden. 

Leider bin ich ein wenig perfektionistisch, sodass ich alles gern mit einmal fertig habe und mich nicht morgen noch einmal wieder hinsetzen will. Dann bin ich schon zu lange raus und muss wieder von vorn anfangen. 

Das heißt jetzt also, das ich so lange sitzen bleibe, bis das Video fertig ist. Glücklicherweise bin ich schon so gut wie durch damit. Vielleicht noch eine halbe Stunde, dann müsste ich fertig sein.

Also rolle ich wieder an meinen Schreibtisch zurück und nehme meine Arbeit wieder auf. Doch so richtig konzentrieren kann ich mich nicht. Meine Gedanken schweifen immer wieder zu dieser einen Person. 

George.

Wir sind nun schon seit zwei Jahren zusammen. Auch deswegen liebe ich meinen Beruf so sehr. Ohne diesen oder beziehungsweise ohne Minecraft (und Darryl <3) hätte ich George damals nie kennengelernt. Seit diesem Tag auf Darryl's Server waren wir beste Freunde. 

Doch irgendwann hat sich aus beste Freunde mehr entwickelt. Wir haben uns in RL getroffen. Erzählt haben wir es bis zum heutigen Tag nur unseren Familien und Freunden. Online denken alle, wir haben uns noch nie in RL gesehen, noch das George wirklich weiß, wie ich aussehe. 

Schnell haben wir zusammen festgestellt, dass wir mehr für einander empfinden als nur Freunde. Natürlich war es am Anfang schwierig. Das Outing bei unseren Freunden und bei unseren Familien, die Distanz von England und Florida. 

Nach ungefähr dreimonatiger Beziehung, habe ich mich endlich getraut und George gefragt, ob wir nicht zusammen ziehen wollen. Er sagte sofort ja. 

Da stand nur noch eine Frage im Raum: zu ihm oder zu mir?

Ich überließ die Entscheidung George. Mir war es egal, wo wir wohnen, solange ich mit George zusammen sein konnte. Es dauerte nur ein paar Minuten. Er entschied sich für Florida. 

Das Haus war schnell gefunden, der Umzug ging reibungslos oder eingerichtet war auch alles recht flott. 

Jeder von uns hat ein eigenes Arbeitszimmer. George hatte sich sein Zimmer so eingerichtet wie zu Hause in England. Die Leute schöpfen keinen Verdacht. 

Unsere Familien und Freunde unterstützen uns nur wo sie können. Ich bin echt glücklich mit der Situation.

Eine Weile habe ich jetzt schon meinen Monitor angestarrt. Ich sollte weiter machen, sonst werde ich nie fertig. 

Doch gerade als ich meine Maus wieder in die Hand nehmen will, spüre etwas auf meiner Schulter. 

Schnell drehe ich mich um, nur um festzustellen, dass es George ist. Verschlafen und nur mit einem meiner Shirts bekleidet steht er vor mir. 

Ich könnte mich jedes Mal wieder aufs Neue in diesen Mann verlieben. Auch, wenn er mir regelmäßig Herzinfarkte beschert.  

Er ist auch so verdammt leise. Ich bekomme gar nicht mehr mit, wenn er mein Zimmer betritt. Das ist beim Streamen echt hilfreich, wenn niemand merken soll, wenn sich George mal wieder in mein Zimmer schleicht und sich auf der Couch zusammenrollt. 

Es ist etwas, das er häufig macht. Wir reden nicht, wir berühren uns auch nicht. Er kommt einfach nur hier ins Zimmer, legt sich auf die Couch und schläft. 

Es ist eigentlich echt cute. Meistens muss ich ihn dann allerdings ins Schlafzimmer tragen. Einerseits, da er einen echt tiefen Schlaf hat und andererseits, weil ich es nicht übers Herz bringe ihn zu wecken. 

Eigentlich müsste er auch jetzt tief und fest schlafen, deshalb verwundert es mich, dass er jetzt hier in meinem Zimmer neben mir steht. Ich setze meine Kopfhörer ab und schaue ihn erwartungsvoll an. Als er auch nach zwei Minuten nichts sagt, greife ich nach seiner Hand und mache den ersten Schritt.

"Warum bist du wach?"

Ein kurzes Zucken seiner Schultern. Seine Hand fährt durch seine schokoladenbraunen Haare, doch da ist jede Hoffnung verloren. George ist einer der Menschen, die egal was sie machen, immer eine schlimme und unbändige Bettfrisur haben. 

"Babe, ich schneide nur noch den Rest des Videos fertig und dann komm ich mit ins Bett, wenn es das ist, was du möchtest."

George seufzt einmal tief und lässt den Kopf hängen. Auch wenn er der ältere von uns beiden ist, ist er der kindischere. 

"George, geh zurück ins Bett. Hier ist es zu kalt. Du hast nur dieses Shirt an."

Doch er bleibt stehen. Bewegt sich keinen Millimeter. Ich weiß nicht so richtig, was ich machen oder sagen soll, deswegen nehme ich einfach nur mein Headset wieder in die Hand. 

Ich will es gerade aufsetzen, als George sich schließlich doch in Bewegung setzt. Jedoch nicht in Richtung unseres Schlafzimmers, so wie ich es eigentlich gedacht habe. Nein, er zieht meinen Stuhl etwas nach hinten und setzt sich rittlings auf meinen Schoß. 

Nun sitzen wir uns gegenüber. George schlingt seine Arme um meinen Hals und zieht seine Beine etwas an. 

Ich rutsche in meinem Stuhl etwas nach vorn, sodass er seine Beine hinter meinen Rücken verschränken kann. Ein Klammeraffe ist nichts gegen George. 

Bevor ich mein Headset wieder aufsetze, schlinge ich meinerseits die Arme um George und drücke ihn ein paar Küsse auf die Schläfe. 

Mit einer Hand an der Maus und der anderen auf seinen unteren Rücken, kleine Kreise zeichnend, nehme ich meine Arbeit wieder auf. 

Solche Nächte sind mir Immer die liebsten. Es dauert auch nur Sekunden, da ist George in meinen Armen schon wieder eingeschlafen.

DreamnotfoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt