Der Regen tropft immer weiter. Es hört einfach nicht auf.
Ich will mich grade einfach nur an der Hauswand hinter mir auf den Boden rutschen lassen und am liebsten weinen, da fährt ein Auto vor. Es ist ein schwarzer Wagen mit getönten Scheiben. Genauso ein Auto fahren all die Bösen und Reichen in Filmen immer. Witzige Sache ist, dass mein Vater sogar ein ziemlich ähnliches Auto fährt, doch anhand des Nummernschildes erkenne ich sofort, dass es nicht mein Vater ist. Das hätte mir grade noch gefehlt.Das Auto hält direkt vorm Club. Ich höre, wie eine Tür geöffnet wird, mir abgewendet und dann ertönt eine warme, laute Frauenstimme. „Fick dich, Marcell, beim nächsten Mal hol dir eine deiner Zehn$ Nutten." Die Tür knallt zu und der Wagen rast davon. Die Sicht wird für mich frei. Auf der anderen Straßenseite steht eine Frau in einem so kurzen Kleid, dass es so scheint, als könnte es ihr jede Sekunde über den Hintern rutschen könnte. Die High Heels sind die höchsten, die ich je an Füßen gesehen habe und selbst die rote Jacke verdeckt kaum etwas. Lange braune Haare fallen der Frau vor das Gesicht, die dem Wagen nur noch einen Bruchteil einer Sekunde hinterher guckt, dann schweift ihr Blick und trifft... keinen anderen als mich.
Ich währe mich gegen den Impuls, den Blick abzuwenden und lege mir zusätzlich noch die hässlichen Haare hinter die Ohren. Keine Ahnung, was sich mir erhoffe oder erwarte, aber mit dem was sie tut, habe ich auf keinen Fall gerechnet. Sie senkt kurz den Kopf, um ihn zu schütteln, dann hebt sie eine Hand und ruft mir zu. „HE! Mädchen! Was machst du da?!" Ich räuspere mich kurz und rufe zurück über die dunkle Straße. „Nichts!" Tolle Antwort. Wieder schüttelt sie den Kopf, guckt einmal zu dem Laden hinter sich und winkt mich mit einer Handbewegung zu sich. „Komm! Ich will mit dir reden!" Ich lass nicht lang auf mich warte, gucke nicht mal richtig, ob ein Auto kommt und überquere mit großen Schritten die Straße. Meinen Erwartungen zu gegen ist die Frau überhaupt nicht jung und auch nicht wirklich schön. Alles an ihr sieht irgendwie gemacht aus und trotzdem kann sie ihr Alter und lange nicht alle Falten verstecken. Ihre glasigen, braunen Augen sind eingefallen, ihre Haut ledrig und die Haare haben auch mal bessere Zeiten gesehen, aber dieser Körper ist atemberaubend. Sie mustert mich mit ihren kleinen Knopfaugen und starrt nur einen Moment auf meine Lippe. Ich streiche mir automatisch über den Mund. „Scheiß Abend?" Ich nicke stumm. „Geht mir genauso." Noch einmal scannen mich ihre Augen. „Ich nehme an, du weißt nicht wohin?"
„Nein, Miss." Sie lacht laut los. „Lass den Miss Mist. Na schön, komm mit rein. Du kannst was trinken, dich waschen und morgen gucken wir wohin mit dir. Du siehst jung aus, bist du 18?" Ich nicke sofort eilig. „Ja bin ich, Mi-" Ich besinne mich noch rechtzeitig eines besseren und lasse das Miss aus. „Natürlich bist du das. Ich hab nh Stange frei, Kind." Ich schlucke schwer. Das hatte ich nicht im Sinn. Sie sieht, wie es mir dabei geht. „Aber jetzt komm erstmal. Mein Name ist übrigens Lolita." Sie dreht sich so schwungvoll um, dass ihre braunen Locken ihr hinterher fliegen. Ich folge ihr mit eilig und ruf ihrem Hinterkopf zu: „Ich bin Eve. Eve Pierce."
Beide Männer am Eingang gucken mich grimmig an, aber komischerweise ist mir dieser Blick tausend mal lieber, als den lüsterner Blick, den die Männer drauf haben, die in diesem Laden sitzen. Und davon gibt es viele. Als ich durch die Tür bin, fällt sie auch schon hinter mir zu und ich bin umgeben von rot und lila blinkenden Lichtern, pulsierender Musik und Bässen, tanzenden halbnackten Frauen, Rauch und dem Duft von Alkohol und nicht zu vergessen Männern. Männern in Anzügen. Männern in Sesseln. Männer, die so aussehen, als könnten sie es sich leisten jede Nacht hier zu hocken.
Mich reißt die Atmosphäre so sehr in ihren Bann, dass ich völlig verpeile, dass meine Retterin schon weiter ist. Ich finde sie hinter der Bar wieder, wo grade zwei Mädchen ein paar Kunden bedienen. „Kommst du, Mädchen?!"
„Ja, komme!" Und schon stehe ich ihr gegenüber. Sie greift nach einer Flasche Vodka, die in einem Regal steht, das bis unter die Decke mit verschiedensten Alkohol Flaschen gefüllt ist und zwei Shotgläsern. Schüttet beide bis zum Rand voll, schiebt mir eins über den Tresen zu und ext ihren, ohne auf mich zu warten. Ich kriege das starke Zeug nur mit einer Grimasse runter. „Also, morgen kannst du anfangen. Schlaf drüber, aber wenn du mein Angebot nicht annimmst, musst du morgen weg sein. Der Chef mag keine ungebetenen, geschweige denn nicht arbeiteten Gäste." Der Chef, sie ist also nicht die Chefin, was mir schon in den Kopf gekommen war. „Ich werde drüber nachdenken, danke."
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„Nur mit dir" |✔️
RomanceElea führte ein perfektes Leben. Natürlich, denn wie kann es anders sein, wenn man Tochter eines reichen Mannes und einer wunderschönen Frau ist? Doch hinter den Fassaden der großen Villa haben sich ihr Leben lang Risse verborgen. Nachdem ihre Mutte...