Kapitel 62

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Blaze

Keine Worte auf dieser Welt können beschreiben, wie ich mich fühle.

Mit einer Person, einem Tag, einem Schuss, ja einer Sekunde, habe ich mein altes Leben beendet und ein neues begonnen. Ich war schon früh ein Mörder, aber jetzt bin ich der Mörder meines eigenen Vaters. Als ich schoss, konnte ich an nichts anderes denken, als dass er im nächsten Augenblick Elea umbringen würde. Es war eine Sache von Sekunden und ich habe mich für Elea entschieden. Gegen mein Fleisch und Blut und für meine Elea. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es schmerzt nicht. Denn es schmerzt. Er war mein Vater, immer anwesend, wenn auch nicht wirklich da. Er war grausam, kalt und selbst der Tod seines eigenen Sohnes hat daran nichts geändert, aber er war mein Vater. Ich, sein Erbe, der ihm die Treue geschworen hat habe sein Herz zum stehen gebracht und ihn für immer von dieser Welt verbannt.

Ich werde lernen mit der Last leben zu müssen, wie mit so vielen anderen. Erst war es ganz surreal, er lag und ich stand. Die Zeit blieb für mich stehen, ich konnte es selbst nicht glauben. Ich wusste, was ich getan hatte, aber ich konnte es einfach nicht glauben.
Erst Ness konnte mich aus meiner Trance zerren. Doch es blieb keine Zeit für Reue und als ich dann im Bad Elea vor mir sah, wurde es mir klar.

Ich würde mich immer wieder so entscheiden. Ihr Leben über seins. Immer und immer wieder. Ich liebe sie, wie ich noch nie jemanden geliebt habe.

Als sie ihre Arme um mich schling, ihr Gesicht gegen mich drückte und ihr lieblicher Duft meiner Nase kitzelte, war ich Zuhause. Es gab nichts Schlimmes mehr, nichts um das ich mir Sorgen machen müsste. Ich habe sie und es reicht. Wir beiden standen mit Tränen nur da, zu überwältigt von allem, um wirklich zu sprechen. Aber ich konnte endlich wieder durchatmen.

Sie war noch völlig nass und nur grade so mit einem Handtuch bedeckt, das sie nicht wirklich vor Kälte schütze. Das Blut, mit dem meine Kleidung bespritzt war, färbte aus sie ab und der Geruch von Tod hing wieder an uns beiden. Also entsorgte ich meine dreckigen Kleider und stieg mit ihr zusammen in die warme Dusche. Wir standen nah beieinander, küssten und berührten uns. Als das ganze Bad irgendwann völlig benebelt war, wusch ich ihr das goldene Haar, dann beendeten wir das Duschen. Erst hab ich mir ein Handtuch um die Hüften gebunden, dann sie in eins gewickelt. Meine Schusswunde war wieder etwas gerissen, aber nichts tragisches. Elea wurde natürlich trotzdem sofort total besorgt und tupfte zärtlich die roten Tropfen weg, um dann einen provisorischen Verband zu binden, den sie aus einem veralteten erste Hilfe Kasten nahm.

Wir zogen uns an und dann mussten wir uns allem wieder stellen. „Wenn wir durch die Tür gehen, dann ist alles wieder da. Jedes Problem, jede Konsequenz.", hab ich ihr gesagt, als wir Hand in Hand vor der Schlafzimmertür standen. Sie in einem weißen Kleid, ich in schwarzer Hose und Shirt. Sie guckte mich mit ihren wunderschönen blauen Augen an, in denen ich mich schon bei unserer ersten Begegnung verloren habe, dann drückte sie meine Hand mit ihrer. „Egal, was uns hinter der Tür erwartet, egal welches Problem, versprich mir nur, dass wir es zusammen machen. Du und ich. Die Wahrheit und das Vertrauen auf unserer Seite."

„Ich gehöre dir, und du mir. Voll und ganz. Jedes bisschen." Wir gingen durch und jetzt stehen wir hier. In einem kleinen Esszimmer, mit grade mal Sechs Stühlen. Alles aus dunklen Holz, das dem eh schon nicht grade modernem Haus einen noch älteres Aussehen verleiht. Ich und Elea sitzen auf der einen Seite, uns gegenüber Elias und neben ihm einer seines Gefolge, der sich wohl auch um Elea Hand gekümmert hatte. Ein Zeuge, für all das, was hier drin vielleicht geschehen mag. Elias räuspert sich, aber Elea ist es, die das Wort ergreift. „Ich muss dir danken." Elias schaut sie mit einem Blick an, den ich schon viel früher hätte erkennen sollen. Es ist der Blick eines Vaters, der seiner großen Tochter in die Augen blickt. Die Tochter, die er nie sehen durfte. „Wofür?" Elea hat sich das Haar hinter die Ohren gesteckt, sodass man ihr ganzes Gesicht genau sehen kann. Man sieht die helle weiße Narbe, auf ihrer Wange, die im guten Licht sehr deutlich zu erkennen ist. Auch an ihrer Lippe ist eine solche Stelle.

„Nur mit dir" |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt