Kapitel 27

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Gestern Abend war ihre Laune am Ende, natürlich. Arthur hat offensichtlich eine Vorliebe dafür, Codekombinationen zu nutzen von Daten, die ihm etwas bedeuten. Er hat den Tag, an dem seine eigene Tochter verschwunden ist, ohne jegliche Ahnung zu haben wohin, gleichgesetzt mit seiner Ernennung zum Bürgermeister. Und noch etwas, mit diesem Code gibt er zu, dass er ganz genau wusste, wann seine Tochter verschwand. Von Anfang an.

Das Abendessen war still und kurz. Sie lag schon um 19 Uhr im Bett und kam auch nicht mehr raus. Als ich sie heute morgen um 8 Uhr wecken wollte, lief ihre Dusche schon und das Bett war gemacht. Heute wird Nathan damit beschäftigt sein all die Informationen und Dateien durch zugehen. Sobald er was wichtiges findet, werde ich kontaktiert. Das heißt so viel wie, dass ich jetzt erst einmal nicht viel zu tun habe, was passt, da ich heute wieder mit Elea trainieren werde und danach vor habe für ein paar neue Bücher im Regal zu sorgen.

Das Frühstück hab ich grade fertig, da kommt auch eine müde aussehende Elea aus dem Flur und holt sich in der Küche ihr Essen ab. Sie hat gestern bestimmt nicht gut geschlafen, eine Sache, bei der ich nur zu gut mitfühlen kann. Gestern haben mich wieder diese verfluchten Albträume eingeholt. Verschwitzt und hoffentlich leise bin ich ganze Zwei Mal aufgewacht. Vielleicht war es doch keine so kluge Idee ihr das Zimmer direkt gegenüber von meinem zu geben. Es gibt Pfannekuchen mit Beeren und Sirup. Ich bin mir sicher, dass sie keinen Hunger hat, aber offensichtlich hat sie noch weniger Lust auf ein Gespräch. Stumm isst sie brav den Teller leer, trinkt den Shake und schüttet ein Glas Wasser hinterher.

Jeglichen Versuch ein Gespräch anzufangen scheitert, erst mein Training scheint meine Stimme in ihrer Welt wieder zu existieren. Heute gibt es keine Kotzerei und ich muss zugeben, dass es selbst wenn es eigentlich unmöglich ist, sie schon viel stärker wirkt als Montag. Oder es ist Motivation, die sich geändert hat, denn egal, was ich sag, sie tut es genau so, bis sie nach einer Stunde und einer halben erschöpft und schweißbedeckt auf der Sportmatte liegt. Ihr Brustkorb geht schnell auf und ab. Ich werfe ich eine Wasserflasche zu, die sie mit ihren flachen Hand am Boden fängt und erstmal austrinkt.

Nach Fünf Minuten Pause, begeben wir uns wieder nach unten und in unsere Zimmer, um zu duschen. Zu meiner Überraschung kommt sie tatsächlich nach ihrer Dusche aus dem Zimmer. Ihre nassen dunkel blonden Haare, die schon langsam raus wachsen und einen noch blonderen und goldeneren Ansatz zur Schau geben, hat sie in einen Dutt im Nacken zusammen gedreht und bei der Kleidung hat sie sich für eine schwarze Jeans und ein einfaches Sweatshirt entschieden. Nichts besonderes und trotzdem könnt ich's mir den ganzen verdammten Tag angucken.

„Wann bist du weg?" Sie bleibt mit verschränkten Armen direkt vor mir, der grade mit einem Kaffee in der Küche steht stehen und guckt mit ausdrucksloser Miene zu mir hoch. Ihre eigentlich vollen, rosa Lippen, drückt sie schmal zusammen. Wenn sie so im Licht steht erkennt man auf der linken Wange eine helle Narbe. Keine tiefe, aber etwas, was bleiben wird. Mir fällt auf, dass sie die normalerweise überschminken muss, da sie mir noch nie so bewusst aufgefallen ist, wie jetzt. „Heute? Gar nicht." Ich kann nicht genau sagen, ob sie das enttäuscht, aber ihre Freude hält sich offensichtlich in Grenzen. Sie mustert mich, dann dreht sie sich einfach schwungvoll um und stapft zur Sofaecke, wo sie ihr Buch gestern im Chaos einfach liegen gelassen hat. „Willst du irgendetwas machen?" Die Frage ist dumm, ich bin nicht ihr Freund, das muss mir klar sein und jede Minute, die sie mit mir verbringt ist erzwungen, aber ich frage trotzdem. „Nicht mit dir. Ich möchte lesen. Allein."

Natürlich. Sie guckt schon gar nicht mehr zu mir, also spare ich mir auch das Nicken. Da ich heut wieder eher weniger wichtiges auf dem Plan habe und mir die schlechte Laune von Elea beinahe genauso zusetzt, wie die Frage zur Lösung meiner anderen Probleme, beschließe ich mir etwas einfallen zu lassen. Ich werde Hanna um Empfehlungen für Bücher bitten und diese bestellen lassen. Vielleicht bringt das ja irgendwas.

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