Die Zeit mit Simon genieße ich auf merkwürdige Weise. Ich höre ihm gerne bei seinen Witzen und Geschichten zu und er ist sogar bereit mir ein paar Storys von ihm Blaze und Nathan zu erzählen, bei denen Nathan menschlicher und freundlicher wirkt, als ich es je für möglich gehalten habe. Auch Nesrin, die in ein paar Geschichten vorkommt scheint völlig anders zu sein, als sie sich vor mir gibt.
„Du hast am Dienstag gemeint, dass ihr alle Blaze folgt, weil ihr es wollt und in seiner Schuld steht. Wie meintest du das?" Sein Gesichtsausdruck wird wieder angespannter. Die Mundwinkel seiner rosa Lippen ziehen sich nach unten, seine weiche Haut wird faltig an Stirn und Kinn und seine so schon schmalen Haselnussaugen, werden noch schmäler. „Das ist eine lange Geschichte." Da gebe ich noch nicht auf. „Und ich habe Zeit." Seine Waffe hat er grade weggesteckt und seine Hände, die grade noch an den Seiten hingen, reibt er jetzt übereinander, wobei mir seine Narben wieder in den Sinn kommen. „Hat es was mit den Narben zu tun?", frag ich vorsichtig und hab schon Angst, dass die Frage zu viel ist, als er mich starr anguckt und sagt, „Ich kann nur für mich reden." Ich lege die Pistole vorsichtig aus meiner Hand, leg sie auf das Brett vor mir und verschränke die Arme vor meinem Bauch locker. „Und ich werde zuhören."
„Ich und Blaze kennen uns seit wir Kinder sind. Nicht weil wir verwandt sind oder ich schon immer zur Gang gehörte. Mein Vater war ein Wichser, er konnte nicht mit Kindern umgehen, aber noch weniger konnte er mit Geld umgehen. Er konnte beinahe Nichts, aber im Wetten war er weitaus am schlechtesten. Wetten und Alkohol sind nie ein gute Kombination. Meine Mutter hatte drei Kinder. Mich und zwei jüngere Töchter. Wir hatten kein Essen, kein Geld, rein gar nichts, außer den Gestank meines Vaters. Außerdem wusste sie nie, wann die Männer, bei dem er Schulden hatte, ihre Schuld einzahlen würden. Das Risiko war einfach zu hoch und die Lebensumstände zu beschissen. Also verließ meine Mutter meinen Vater irgendwann und nahm die Kinder mit sich. Ich muss da Zwölf gewesen sein. Am Anfang hatte sie noch Hoffnung. Jetzt müsste ja alles gut werden, doch das wurde es nicht. Versuch mal als alleinerziehende Mutter in dieser Gegend einen anständigen Job zu finden, der deine drei Kinder ernährt. Selbst wenn sie mal etwas Geld verdiente, es reichte nicht. Nicht für Drei Kinder.
Ich kannte Blaze von der Straße. Er hat sich schon nie an Regeln gehalten und hat es irgendwie geschafft immer wieder abzuhauen und sich dann auf den Straßen rumgetrieben. Das erste Mal gesehen habe ich ihn mit Fünf. Wir haben Räuber gespielt und sind bis zum Sonnenuntergang durch die Straßen gerannt. Bis wir zu müde waren, um noch einen Schritt zu gehen oder sein Vater oder Onkel ihn gefunden haben. So ging das Jahre. Auch als meine Mum alleine war. Ein Jahr nachdem wie uns von meinem Vater getrennt hatten, da war ich Dreizehn und Blaze grade Fünfzehn gewesen sein, da beschloss meine Mutter, dass sie sich nicht mehr um Drei Kinder kümmern könnte."
Ich befürchte was kommt und schmecke Bitteres. „Mit Dreizehn hat sie mich auf die Straße gesetzt, mich alleine gelassen und meine Schwestern mit sich genommen, um es irgendwo neu zu versuchen." Ich will irgendwas sagen, aber nichts von dem, was ich sage, wäre neu für ihn. „Blaze kam seltener, aber er kam auch an dem Tag und obwohl er erst Fünfzehn war, hat er es geschafft, dass ich aufgenommen werde. Eine seiner entfernten Tante hatte grade ihren Mann verloren und keine eignen Kinder, sie hat sich um mich gekümmert, bis sie vor einem Jahr selbst an krebs verstarb." Simon bekreuzigt sich und schickt einen Kuss in den Himmel. „Ich verdanke Blaze mein Leben, deswegen folge ich ihm."
Ich kann einfach nichts sagen. Noch nicht. Dafür brauche ich kurz einen Moment. „Ich... es... ich hatte keine Ahnung."
„Wie solltest du auch? Blaze redet nicht gerne darüber, um mich zu schützen und sich nicht selbst in den Vordergrund zu stellen, aber es stimmt." Blaze Snyder hat einen einfachen Freund vor dem Tod oder dem Leben auf der Straße gerettet. „Deine Mutter hat einen Sohn wie dich nicht verdient." Er lächelt freundlich und nicht zu ersten Mal fallen mir seine süßen Grübchen auf. „Und dein Vater nicht so eine nette, kleine Prinzessin wie dich." Nicht zum ersten Mal entlockt er mir ein kleines Lächeln, das in all den dunklen Wochen niemand geschafft hatte.
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„Nur mit dir" |✔️
RomanceElea führte ein perfektes Leben. Natürlich, denn wie kann es anders sein, wenn man Tochter eines reichen Mannes und einer wunderschönen Frau ist? Doch hinter den Fassaden der großen Villa haben sich ihr Leben lang Risse verborgen. Nachdem ihre Mutte...