Blaze
Ich arbeite schon den ganzen Tag weiter an meinem Plan für Donnerstag. Jedes Detail muss ausgearbeitet sein. Jede mögliche Komplikation abgeschätzt werde und eine Lösung bereit stehen. Mein Vater stellt mir alle Ressourcen zur Verfügung, die ich für nötig erachte, doch die muss ich selbst erstmal bestimmen. Waffen, natürlich. Keine Frage. Mein Mottorad ist keine gute Wahl, da Mike Westfield ja auch irgendwie hier her transportiert werden muss. Außerdem sind alle Autos schusssicher, falls es zu einer Schießerei kommen sollte. Dafür sind Mottoräder wieder flinker und für eine schnelle Flucht besser geeignet. Solche Entscheidungen können einem schwerer fallen, als man denkt, wenn sie entscheidend dafür sind, ob einen die Entführung des Mörders seines Bruders gelingt oder nicht.
Mein Vater hat gerne einen großen Auftritt. Viele Waffen, viele Gefährte, viele seiner Männer. Ich lege den Wert eher auf die Effizienz. 4 Leute werden wir sein. Das muss reichen. Wenn mein Name nicht schon als Aussage reicht, dann wird es hoffentlich meine Ausstrahlung tun. Diese Stripperin hatte auf jeden Fall Schiss. Ich konnte es sehen. Wie die Angst in ihren Augen geschimmert hat, wie ihre Hände gezittert haben und sie es versucht hat mit kleinen Fäusten zu verstecken. Aber ich muss ihr anrechnen, dass sie wenigstens versucht hat mir die Stirn zu bieten. Das war neu. Neu und erfrischend.
Die Tür zu meinem neuen Büro platzt plötzlich auf. Meine Hand rutscht automatisch zu der Schusswaffe, die ausnahmsweise auf dem Schreibtisch vor mir liegt und nicht an meinem Gürtel steckt, wo sie eigentlich hin sollte. Ich bin schon auf den Füßen und bereit zu zielen, als ich begreife, wer an der Tür steht. „Wie kann es sein, dass du schon seit Sonntag hier bist und wir keim einziges Wort von dir gehört haben?", beschwert sich Simon laut und wuchtelt dabei unachtsam mit seiner Pistole in der Luft rum. Simon ist zwei Jahre jünger als ich, benimmt sich aber so, als wäre es 10 Jahre, die uns trennen. „Ich hatte viel zu tun.", antworte ich zwar lustlos, aber nicht kalt. Nesrin und Nathan folgen ihm ins große, geräumige Zimmer und Nesrin schließt die Tür hinter sich wieder. Sie überragt Simon, obwohl sie mindestens einen Meter hinter ihm steht. „Natürlich, muss ich dich jetzt auch mit Sir oder Meister ansprechen?", scherzt er blöd weiter und schlendert dabei rückwärts durch den Raum. Ich lehn mich etwas zurück im Schreibtischstuhl, der das Design von einem großen Sessel hat. „Wenn du willst, halt ich dich nicht davon ab."
Nesrin kommt mit großen Schritten auf mich zu, um den Tisch herum. Beugt sich zu mir runter und küsst mit ihren weichen Lippen meine Wange. „Mein Beileid, Blaze.", sagt sie gedämpft und stellt sich danach wieder aufrecht hin. Ich schlucke, schaue zu meiner Freundin hoch und nicke ihr dankend zu. „Danke, Nesrin." Sie schenkt mir ein zärtliches Lächeln, bei dem sie die dunkel braunen Augen für einen Moment schließt. Auch ihr jüngerer Bruder hat sich hinter den Tisch zu mir begeben. Er legt mit brüderlich die Hand auf die Schulter. „Tut mir leid." Obwohl er zu meinen engsten Freunden gehört, höre ich seine Stimme beinahe so selten wie die von meinem Cousins drei Staaten weit entfernt. Selbst Simon tut sich jetzt dazu ab und beugt sich quer über den ganzen Schreibtisch, um mir sein Beileid zu wünschen. Sie alle hatten nicht viel für Nate übrig, das weiß ich, aber sie lassen mich trauern und gehasst haben sie ihn auch nicht.
„Ich weiß, wir werden nicht oft darüber reden, wie ich sich kenne, hier nach vielleicht nie wieder. Aber ich will, dass du weißt, dass wir für dich da sind.", verspricht Nesrin in ihrer warmen Stimme. Sie ist die älteste von uns allen und sie ist auch die einzige, die sich ihrem Alter entsprechend verhält. Sie ist nicht nur für Nathan die große Schwester, sondern für uns alle drei. „Danke", sag ich einfach wieder, denn in einer Sache hat sie recht. Ich habe nicht vor, hier nach nochmal über das Geschehene oder meine Gefühle zu reden.
„Was ist das?" Simon hat den Lebensbericht über Mike in der Hand. Ich unterdrücke das Bedürfnis, ihm das Dokument sofort aus der Hand zu reißen und lehn mich stattdessen nochmal weiter nach hinten. „Das ist der Mann, der Nate erschossen hat." Nesrin starrt mit großen Augen aufs Blatt, dann wieder zu mir. Sie und Nathan sind beide wieder etwas auf Abstand gegangen. „Du hast ihn jetzt schon gefunden?", fragt sie erstaunt. „Mein Onkel. Und mein Vater hat mir die Aufgabe übertragen, ihn zum Lager zu bringen und mich um ihn zu kümmern." Das Lager ist tatsächlich ein verlassenes Lager hier ganz in der Nähe. Dort werden phasenweise Waffen und ähnliches gelagert, oder mein Onkel und Vater nutzen es, um sich um Verräter und der gleichen zu kümmern.
Alle wissen, was um ihn kümmern wirklich bedeutet. Und alle haben Erfahrung darin. Nesrin ist so gut wie die einzige Frau in diesem Kartell, die sich die Hände mit Blut beschmiert. Zwar tragen alle drei eine schwarze Maske, die alles bis zu den Augen bedeckt, wenn sie arbeiten, aber es braucht nicht viel, um zu erkennen, dass sie eine Frau ist. Spätestens beim zweiten Blick hat man es raus.
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„Nur mit dir" |✔️
RomanceElea führte ein perfektes Leben. Natürlich, denn wie kann es anders sein, wenn man Tochter eines reichen Mannes und einer wunderschönen Frau ist? Doch hinter den Fassaden der großen Villa haben sich ihr Leben lang Risse verborgen. Nachdem ihre Mutte...