Kapitel 28

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Elea

Simon war gestern noch eine Weile da, ich hab mich nach kurzer Zeit in mein Zimmer zurück gezogen. Mir ging noch viel zu viel durch den Kopf und ich konnte Blaze einfach nicht länger ansehen. Bis vor ein paar Tagen hätte ich es nie gewagt einem Mann wie Blaze Snyder anzumeckern, geschweige denn anzuschreien. Es hat sich viel zu viel angestaut und ich hab alles in einem Moment rausgelassen. Ich verstehe noch immer nichts von all dem, was gestern passiert ist. Weder, meinen Ausbruch, der mit den Worten Ich hasse dich endete, noch die stille Spannung danach oder dass er mich an sich gezogen hat. Sollte er nicht eigentlich sauer auf mich sein? Mich zurück anschreien? Stattdessen stand er da nur grinsend, als würde ihn das alles gar nicht interessieren.

Oder hat er einfach nur durchschaut, dass es eine Lüge war? Dass ich dummes Kind wirklich einen Mörder, der mich mehr oder weniger erpresst, nicht einfach nur nicht hasse, sondern mögen könnte. Es ist absurd und sind die Gedanken eines naiven Mädchens und ich weiß, tief in meinem Herzen weiß ich, dass es nicht sein kann. Dieser Mann kann mich nicht mögen. Vielleicht ist er nicht das kaltherzige Monster, für das ich ihn gehalten habe, aber ich darf nicht blind werden. Ich darf nicht glauben, was Blaze mir sagt oder zeigt. Auf jeden Fall nicht alles, denn in mancherlei Hinsicht bin ich auf sein Wissen angewiesen. Wie zum Beispiel bei der Sache mit Lolita und Arthur. Weiß sie wer ich bin? Wo ich bin? Weiß es mein Vater? Wird er es wissen? Was hat sie überhaupt bei ihm gesucht? Fragen über Fragen und keine befriedigende Antwort.

Ich konnte nicht schlafen, die ganze Nacht nicht. Mir sind zwar die Augen immer mal wieder zugefallen, aber meine Gedanken haben zu viele Kreise gezogen, dass ich wirklich hätte Ruhe finden können. Also bin ich auch wach, als die Sonne grade aufgeht. Ich hab die Vorhänge letzte Nacht nicht zugezogen und so habe ich jetzt einen wunderbaren Blick, bis zum Ende der Stadt, hinter deren Horizont die Sonne empor steigt. Es ist still, nur Vögel, die erwachen sind zu hören und das bisschen Verkehr in den Straßen. Blaze hat mir nicht gesagt, was heute auf dem Plan steht, aber ich gehe davon aus, dass ich wieder irgendein Training habe und dass er in den nächsten Zwei Stunden in meiner Tür stehen wird, um mich zu wecken. So sollte es sein, doch statt weiterhin nur Vögel und Autos zu hören, höre ich das Wasser der Dusche.

Ob er auch nicht schlafen konnte? Ich warte noch etwas. Das Wasser verstummt wieder, dann ist es wieder leise, bis ich höre, wie sich die Tür seines Zimmers öffnet. Er trägt Schuhe, das höre ich sofort an seinen Schritten, die auf dem Holzboden schallen. Wohin er wohl geht? Ich hab keine Lust es später durch jemanden anderen zu erfahren, also werfe ich die Decke zurück, stehe auf und suche nach meinem Paar Wollsocken, damit mir die Zehen nicht abfrieren. Mich stört es nicht, dass ich nur einen kurzen Pijama trage, also bin ich schon nach Zwei Minuten aus meinem Zimmer. Leider einen Augenblick zu spät. Vom Flur aus, sehe ich noch grade so, wie ein vollständig gekleideter Blaze mit einem Koffer neben sich im Aufzug steht, die Türen schließen sich, bevor er mich sieht.

Ich eile wieder zurück in mein Zimmer, suche nach dem Morgenmantel, der in meinem Schrank hängt, ziehe ihn mir über und warte vorm Aufzug darauf, dass er wieder hoch kommt. Drinnen leg ich meinen Finger auf den Scanner und tatsächlich, mir wird der Zugang ganz allein gewehrt, sodass ich ohne Probleme nach unten fahren kann. Unten angekommen starren mich Drei Augenpaare von drei schwer bewaffneten Wachen an. Ich beachte sie kaum, steige aus und laufe bis in die Lobby. Doch auch da ist Blaze schon dran vorbei. Wieder einen Augenblick zu spät. Blaze steigt grade eben in eine schwarze Karre, die direkt vor dem Haus geparkt hat und die wegfährt, sobald er drin sitzt.

„Was tun Sie denn hier, Mädchen. Es ist doch grad mal Dämmerung." Hinter mir taucht eine kleine Frau auf. Sie hat ihre roten Haare in einen Dutt gedreht und trägt ein graues Kleidchen, dass ihre schlanke Figur betont. Sie ist schon etwas älter, aber auch nicht alt. So sieht sie auf jeden Fall nicht auf. „Wohin fährt er?", frag ich ohne Kontext grade heraus. „Kindchen, es ist viel zu kalt in diesem Aufzug, bitte gehen Sie wieder nach oben." Sie will mich mit ihren kleinen Händen in Richtung Aufzug schieben, aber ich befreie mich mit einer halben Drehung aus ihren Fängen. „Wohin will er?", frag ich noch einmal. „Mister Snyder? Sein Vater ihn kurzfristig zu sich gerufen. Der Herr wird wohl über das Wochenende geschäftlich vereisen. Ich bin sicher, er wird es ihnen selbst besser erklären können."

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