Kapitel 7

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Der Flug war eigentlich unnötig, eine reine Sache des Luxus und der Bequemlichkeit. Nicht mal eine Stunde saßen wir in diesem Jet. In dieser einen Stunde saß ich mit Kopfhörern auf dem Sofa und hab aus dem Fenster gestarrt. Als wir landen wird mir einmal kurz schlecht. Früher hatte ich richtige Angst vor dem Fliegen und Nate hatte mich bei Start und Landung immer mit irgendeinem Schwachsinn abgelenkt.

Draußen vor dem Flugzeug wartet schon ein schwarzer Jeep bereit, den ein Vertrauter meines Vaters fährt. Er hat das Personal in den letzten Tagen auf ein Minimum minimiert, um auf Nummer sicher zu gehen. Nicht dass wir nachher die sind mit einem Verräter. Ich steige hinten mit meiner Mutter ein, mein Vater auf dem Beifahrersitz. Alle Autos haben getönte und schusssichere Scheiben, aber das ist lange keine Sicherheit für eine sichere Fahrt. "Mein Beileid zu ihrem Verlust, Sir." Mein Blick geht von der Landschaft neben mir, nach vorne zum Fahrer. Daniel hier er glaub ich. "Danke, jetzt konzentrieren Sie sich auf die Straße.", gibt mein Vater in seinem üblichen Ton zurück. Das Danke hörte sich in keinster Weise ehrlich an.

Die Fahrt wird von einer bedrückenden Stille eingenommen, bis wir endlich in der Stadt ankommen und der Wagen vor dem schicken Hochhaus aus Glas hält, in dem sich unsere Apartments befinden. Der Jeep hält vor dem roten Teppich, der zum Eingang führt und es werden beide Türen zum Haus hin geöffnet. Ich rutsche meiner Mum hinterer, bis meine Füße auf dem festen Bordstein landen. Nach Zwei Wochen ist mir dieser Stadtlärm überraschend willkommen.

Ich verschwende keine weitere Zeit und folge meinen Eltern ins Gebäude. Später am Tag fährt mein Vater noch wohin, aber ich habe erstmal Ruhe, dabei ist das genau das letzte, was ich will. Wenigstens hänge ich nicht mehr in diesem Gefängnis fest, in dem wir die letzten Zwei Wochen verbracht haben. Nein, hier Zuhause hab ich alles, was ich brauche. Oberflächlich natürlich nur. Das was ich am meisten brauche, sehe ich nie wieder.
Ich verbringe die nächsten Stunden damit meine Gedanken und Gefühle weg zu prügeln, dieses Mal kriegt nicht die Wand meine Fäuste ab, sondern der Boxsack und auch meine Finger sind geschützter. Nach dem Training, gehe ich noch unten im Untergeschoss das Schießen mit meiner Pistole üben. Im Keller befindet sich ein Schießstand, den ich bis jetzt nie sehr häufig genutzt habe, aber ich will es können. Will so gut schießen können, dass ich mich nicht nur zur Wehr setzen kann, sondern töten. Gezieltes Töten, denn ich hab mir geschworen den jenigen umzubringen, der für Nates Tod verantwortlich ist. Und wenn ich nur eine Sekunde, nur einen Augenblick, nur eine Chance dazu haben sollte, dann werde ich diese nutzen und töten. Um alles in dieser Welt.

Meine Mutter wollte unbedingt mit in den Club. Sie bestand darauf und jedes Wort von meinem Vater prallte von ihr ab wie Tropfen an einer Scheibe. Nate hatte ihr die Verantwortung, die er von Vater für die Clubs und Läden bekommen hat, an Mum weitergegeben und sie scheint, jetzt wo mir diese Verantwortung eigentlich in die Hände fällt, nicht anzunehmen, dass ich vorhabe ihr diese Verantwortung auch wieder wegzunehmen. Und das habe ich auch nicht. Ich hatte noch nie viel für diese Seite von unserem Geschäft was übrig. Ich wusste auch lange nicht, warum Vater unbedingt seinen Arbeitsplatz hier haben wollte, mittlerweile glaube ich die Antwort zu wissen. Die Aussicht ist so schön.

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Es hat sich nichts in den drei Wochen geändert. Warum sollte es auch? Die gleichen bassvollen Liedern mit den dreckigen Texten, die gleichen LED Lichter, die Schatten von den Tänzerinnen an die Wände werfen und die gleichen Typen, die sabbernd dabei zugucken, wie sich Frauen vor ihnen rekeln. Nur die Typen sind noch nicht hier. Wir haben erst 10 Uhr Morgens. Um 18 Uhr beginnt das Nachtgeschäft und um 12 Uhr Nachts der illegale Teil. Sex. Viele der Stripperinnen hier arbeiten nicht nur mit ihrem Körper fürs Gucken, sie lassen sich anfassen. Die Regel, die bei Stripperinnen eigentlich heilig ist, wird für viele ab 12 Uhr wertlos. Wenn eine Stripperin ihre Arbeit erweitern will, muss sie zu Lolita, die ihren Namen an Mutter weitergibt. Sie wird mehr verdienen und wir auch. Nur eine kleine Sünde in dem kriminellen Großimperium, das sich mein Vater aufgebaut hat. Als wir den Saal betreten, geht mein Blick automatisch zur der Mitte. Dorthin, wo heute Abend tanzende, halbnackte Frauen ihrer Arbeit auf den noch leeren Tribünen nachgehen werden. An den Seiten hängen rote Vorhänge von der Decke, die die Räume für Privatkunden abgrenzen, wer noch mehr möchte muss eine Etage tiefer. Normalerweise ist es um diese Zeit noch leer hier. Höchstens die Putzfrauen, die die Sauerei des gestrigen Abends wegmachen oder die breiten Secruity Männer sind hier oben, der Rest schläft, ist Zuhause oder macht sonst was.

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