Obwohl ich mich gestern darauf eingelassen habe, mit Simon in den Club zu gehen, hab ich mich zurückgehalten. In vielerlei Hinsicht. Meine Füße tuen nicht weh, weil ich nicht die ganze Nacht durch getanzt habe. Der Kater bleibt mir erspart, weil ich beinahe keinen Alkohol angefasst habe. Und auf weibliche Gesellschaft hab ich gestern auch verzichtet, im Gegensatz zu Simon, der den Club mit einer Brünetten verließ, während ich später mit einem Taxi nach Hause gefahren bin. Und trotz all meiner Entscheidungen, mich zurück zu halten, sind meine Augen heute schwer und meine Knochen und Kopf schwer. Doch das ist nichts neues. Jeden Morgen ist es ein kleiner Kampf, aus dem Bett zu kommen. Es ist als wäre mein Körper zu schwer, meine Muskeln zu schwach und jedes kleineste Teilchen in meinem Bett klammert sich an mich. Es fehlt nur noch eine Stimme, die mir zuspricht, dass ich liegen bleiben soll.
Interessanter Weise lag noch nie jemand mit einer solchen Stimme und Nachricht für mich am Morgen im Bett. Meine One Night Stands verschwinden ziemlich schnell wieder. Wenn ich jemanden mit in ein Bett genommen habe, war das immer in ein Schlafzimmer, der anderen Immobilien meiner Familie. Ich brauche keine Begegnungen zwischen einmaligen Sex Partnern und meinem Vater oder meiner Mutter. Nur ein Mädchen haben beide einmal kennen gelernt. Sie war wirklich noch ein Mädchen und ich noch ein Junge. 16 und 15 waren wir und eine kindliche, alberne Romanze endete in einen riesigen Desaster. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, als ich nur daran denke. Eine der Sachen, die ich tief in mir verschlossen habe und nur hoffen kann, dass ich sie nie wieder heraufholen muss.
Neben mir erfüllt plötzlich der Klingelton des Weckers mein Zimmer. Ich wache oft viel zu früh auf, so scheint es heute auch zu sein. Ich schalte den Wecker mit dem nervigen Klingelton aus und lass mich danach sofort wieder erschöpft in die weißen Kissen meines breiten Partnerbettes fallen. Heute ist Sonntag, was für mich nichts anderes bedeutet, als dass andere frei haben, während ich mich in meinen Arbeitszimmer einschließe. Ob so jetzt jeder verdammte Tag aussehen wird, den ich verbringe? Ich hoffe nicht, denn dafür bin ich einfach nicht geschaffen. Ich spüre das Kribbeln in meinen Fingerspitzen, wenn ich meine Waffen oder mein Motorrad sehe. Dann will jede Faser meines Körper rennen, etwas erschießen, verfolgen, ausrauben oder sonst was tun. Auf einen Stuhl zu sitzen und Papiere durchzusehen hat nichts mit all dem zu tun. In keinster Weise.
Ob Eve heute arbeiten muss? Ich hab sie die ganze Woche, jeden einzelnen Abend tanzen gesehen, was zum Teil auch meine Schuld ist. Wenn sie heute von niemanden gebucht worden ist, sollte sie frei haben. Die Idee, dass ein anderer sich für sie so sehr interessiert, sie allein für sich haben zu wollen, bewirkt wieder dieses wütende Gefühl in mir. Reiß dich zusammen, Blaze! Aber mein Körper hört nicht auf meinen Kopf. Ungewollt und besonders unkontrolliert, denk ich daran, wie sie getanzt hat. Getanzt, gerekelt und bewegt. Und schon beim ersten Mal konnten wir beide genau sehen, was es mit mir gemacht hat. Ich hatte diesen Morgen eh schon eine Morgenlatte, aber durch diese Bilder, wurde es um kein Stück besser oder weicher. Ich guck zu meiner linken, wo auf einem Nachttisch nicht nur mein Handy, eine Nachtlampe und ein Buch liegt, sondern auch eine Packung Taschentücher in der Schublade darunter. Ich hatte lange keinen Sex mehr, für meine Verhältnisse, es müssen Zwei Monate sein, die ich nicht mehr mit einer geschlafen habe. Nicht mal ein Blow oder Hand Job war drin, aber das waren hauptsächlich meine Entscheidungen und Verschulden.
"Fuck", fluche ich und reibe mir mit den Händen über die Augen. Die Latte steht und wird stehen bleiben, also muss ich, wie Montag schon, mich darum selbst kümmern. Ich beschließe aber, dass ich dafür lieber in die Dusche gehe, der ich eh einen Besuch abstatten muss. So beginnt der Sonntag für mich.
—
Ich komme grade aus der Dusche, als es heftig an meiner Tür klopft. Das ist auf jeden Fall nicht meiner Mutter. Mit einem Handtuch um Hüften und eines um Schultern, laufe ich ins Schlafzimmer und rufe der Tür ein lautes Was, mit einem genervten Unterton zu. Ich muss nicht lange auf eine Antwort warten. Diese kommt von niemand geringeren als meinem Onkel und er klingt mal wieder wütend. „Blaze, beeil dich. Dein Vater will dich in Zehn Minuten in seinem Büro sehen." Wenn es so schnell geht und Christian hier ist, ist das Büro hier im Haus gemeint. Das weniger genutzte Büro. „Ich komme!", ruf ich zurück, dann höre ich nich die sich entfernenden Schritte, die irgendwann ganz verschwinden. Die Vorstellung schon wieder in einem Raum mit meinen Onkel und Vater zu stecken und über all die Dinge zu reden, die schief gegangen sind und ich wieder richtig biegen soll, ist zum kotzen. Den Kehllaut, der mir hochkommt, lass ich einfach los. Einen entspannten Sonntag hab ich mir so definitiv nicht vorgestellt. Umso besser, dass ich mich gestern zusammengerissen habe.Zehn Minuten später trete ich in frischen Klamotten und noch immer nassen Haaren ins Büro meines Vaters. Wie erwartet, sind beide Männer bereits dort und warten nur auf mich. „Um was geht es?", frag ich direkt, denn ich kann auf doofes Herumgerede und dramatische Reden großzügig verzichten. Mein Onkel dreht sich mir und meinem gegenüber sitzenden Vater halb zu. „Macht den Fernseher an." Wir beide starren einen Moment dumm zu ihm. „Los, Mach ihn an. Sonst verpassen wir es noch." Plötzlich hört man in seiner Stimme die Eile und den Drang, genau das zu tun was er sagt.
Ich greife nach der Fernbedienung, die ordentlich am Rand des Schreibtisches liegt und schalte auf den ersten Nachrichtensender. „Das ist eine Übertragung von einer Pressekonferenz, die vor einer Stunde gehalten wurde.", teilt er uns noch mit. Auf dem schwarzen Fernseher ist jetzt der Bürgermeister vor einer Pressemenge an einem Pult zu sehen. Man kann die Blitzlichter sehen und die Auslöser der vielen Kameras ganz genau hören. Hinter ihm steht eine junge Frau im dunkel blauen Anzug und zwei Männer im schwarzen Anzügen. Er sieht scheiße aus. Kein Wunder wenn seine Frau gestorben ist und wenn man seinen Gerüchten glauben darf, dann auch noch seine Tochter, obwohl ich kein Unterstützer dieser Theorie bin. Ich würde ihm das Gesicht gern noch hässlicher schlagen.
„Ich bitte Sie um Hilfe. Ich appelliere an ihren Verstand und Sinn für Gerechtigkeit.", selbst seine Stimme klingt dünn, aber es ist kein bestimmtes Gefühl anhand des Tons zu erkennen.
„Worüber redet der?", frage ich rein.
„Sch, guck.", zischt Chris nur, also guck ich.
„Am Sonntag vor Zwei Wochen verschwand meine einzige Tochter, Elea Mavis Bowen, aus unserem eigenen Haus. Seitdem hat sie niemand gesichtet." Oh, darum geht es also. „Nach Tagen der Suche, ist das nun mein letzter Ausweg. Ich brauche ihre Hilfe, ihr Mitgefühl und ihre Augen. Ich bitte sie inständig, wenn sie Informationen zu ihrem Aufenthalt haben, bitte wenden sie sich an die Polizei." Auf einen Schlag ändert sich seine eingefallene Haltung etwas und ich erkenne eine geballte Faust auf der Oberfläche seines Pults. „Und für den Fall, dass Sie Elea bei sich haben, bitte lassen Sie sie gehen. Sie ist nicht einmal 18. Nächsten Monat, nächsten Monat ist ihr Geburtstag, bitte lassen Sie sie zu mir. Ich will nur meine Tochter wieder haben. Nach all dem, was wir durchmachten mussten, will ich sie nur in Sicherheit wissen.", spricht er. Bis zum Ende schwingt eine gewisse Wut in seiner Stimme mit.Was wir durchmachten mussten. Ein Lachen muss ich mir verkneifen, was er durchmachen musste? Anscheinend noch zu wenig, um meinen Bruder das Leben zu lassen. Mein Onkel nimmt mir sie Fernbedienung ab und stoppt die Aufnahme mitten drin.
„Der Rest ist nur irgendein rechtlicher und organisatorischer Kram von den Bullen.", meint mein Onkel schnell. Er muss es wissen, er wusste ja auch von der Übertragung und wahrscheinlich wusste er schon genau worum es gehen würde, bevor er sie selbst gesehen hat.
„Dann hat also schon jemand seine Tochter entführt, bevor wir es tun konnten." Ich wende mich meinem Dad zu, der ja nicht zum ersten Mal diese Anspielung geliefert hat. „Du hattest vor, sie zu entführen?", frag ich noch beherrscht und ruhig. „Ich hätte getan, was getan werden muss, so wie du.", antwortet er nicht direkt antwortend. „Sie ist ein Kind. Ein Mädchen.", werfe ich ihm schnell und unbedacht an den Kopf, doch Dad könnte nicht unbeeindruckter aussehen. Es fehlt nur noch das Achselzucken.
„Und ihr Vater hat meinen Sohn und deinen Bruder umgebracht, du siehst worauf das hinaus läuft, Sohn?" Ja, und es gefällt mir überhaupt nicht.
„Sie ist ein Kind!", wiederhole ich lauter und mit mehr Anklage. „Jetzt ist eh egal, jemand anderes hat die Kleine und will sie offensichtlich nicht so schnell wieder her heben." Eine gute Frage ist wer sie hat und noch viel besser warum? Der Bürgermeister hat sich in seiner Karriere sicher viele Feinde gemacht, aber keinen größeren als uns.Dann wirft mein Onkel ein Foto auf den Tisch und es ist wieder dieser Schlag ins Gesicht. „Das ist sie." Diese blauen Augen. Ich erkenne sie sofort. „Das ist Elea?" Christian nickt. „Ganz schön, wenn man sich ihren Vater anguckt.", meint mein Vater.
„Ich will das du sie findest, Christian. Finde heraus wer sie hat und hol sie uns. Das Kind ist mehr wert als irgendein anderer Plan." Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Ich hoffe inständig das mein Körper mich nicht verrät. Mit meiner Sorge kommt mir auch die Frage in den Kopf, was würde er mur tun, wenn er weiß, dass er sie schon längst hat?
DU LIEST GERADE
„Nur mit dir" |✔️
RomanceElea führte ein perfektes Leben. Natürlich, denn wie kann es anders sein, wenn man Tochter eines reichen Mannes und einer wunderschönen Frau ist? Doch hinter den Fassaden der großen Villa haben sich ihr Leben lang Risse verborgen. Nachdem ihre Mutte...