Kapitel 1

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„Taylor, komm jetzt bitte", ermahnte meine Mutter mich zum wiederholten Male. Ich seufzte traurig und drückte Sam nochmal fest. „Ich komme dich besuchen, versprochen", flüsterte meine beste Freundin mir zu. Als ich mich von ihr löste und zum Auto lief, rief sie mir nach: „Der Herr sei mit dir." Ich musste leicht schmunzeln, weil ich wusste, wie sehr mir ihre Art fehlen würde. Sam war im besten Sinne eine Chaotin und trotzdem liebten sie selbst meine Eltern. Sie nahm die Erziehung an unserer Schule nicht wirklich ernst und oft hatte ich das Gefühl, dass sie an nichts in der Welt wirklich glaubte. Sam hatte mir mal gesagt, dass es wichtiger war, frei zu sein als gläubig. Diese Überzeugung konnte ich nicht wirklich teilen oder zumindest durfte ich nicht zugeben, dass ich sie gut fand. Wir zogen in eine andere Stadt, weil mein Vater ein Jobangebot bekommen hatte. Ich würde auf eine neue Schule gehen und all meine Freunde zurücklassen. Im Grunde konnte ich mir kaum etwas Schlimmeres vorstellen. Ich winkte Sam als wir um die Ecke bogen und steckte mir dann Kopfhörer in die Ohren. Ich war nicht bereit für ein neues Leben, doch ich wusste nicht, was es alles für mich bereit halten würde.

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„Pass doch auf, wo du hinläufst", werde ich zum wiederholten Male von jemandem angemacht, der eindeutig selbst gegen mich gerannt ist. Seit einigen Minuten kämpfe ich mich durch die Flure dieser riesigen Schule, die sich in allen Belangen von meiner alten Bildungsstätte unterscheidet. Die Lehrer sind hier viel jünger und die Schüler sind ein bunter Haufen. Bis jetzt bin ich nur auf einer katholischen Mädchenschule gewesen, in der wir eine Schuluniform getragen haben. Hier laufen Jungen und Mädchen mit den unterschiedlichsten Kleidungsstilen herum und es scheint überhaupt keine Regeln zu geben. Ich bin froh als ich halbwegs unversehrt beim Sekretariat ankomme und meine Unterlagen der Sekretärin reichen kann. „Hi, du kannst dich kurz setzen", sagt die junge Frau zu mir und lächelt kurz freundlich. Ich nicke nur und setze mich auf den Stuhl, den sie mir gezeigt hat.

Ich mustere den Raum, der nach dem vollen Flur gerade wirklich ruhig wirkt. Gegenüber von mir sitzt ein Typ mit einem Basecap und Sportklamotten. Am Unterarm hat er ein Tattoo, das ich aus der Entfernung allerdings nicht genauer erkennen kann. Er scheint meinen Blick zu bemerken, denn er schaut von seinem Handy auf und fixiert meine Augen. Kurz öffne ich verdutzt meinen Mund, denn die weichen Gesichtszüge meines Gegenübers passen nicht zu denen eines Jungen. Wenn ich mir die Statur genauer ansehe, sieht man auf den zweiten Blick, dass sie ein Mädchen ist. „Kann ich dir helfen?", fragt eine raue Stimme und ich zucke zusammen. Mein Gegenüber zieht fragend eine Augenbraue hoch und ihr Blick schüchtert mich leicht ein. Ich schüttele nur den Kopf und bin froh, als die Sekretärin das Mädchen zu sich ruft. Der Style dieses Mädchens wäre für meine alte Schule ein absolutes No-Go gewesen. Das Mädchen bekommt von der Sekretärin ein paar Blätter und dreht sich dann vorm Gehen nochmal zu mir. Sie mustert mich kurz und ich erwidere ihren Blick. Ihre Augen haben etwas angriffslustiges an sich, aber ich habe sicher keine Angst vor ihr. Unser Blickkontakt bricht ab, als eine Frau aus dem Büro kommt und mit strenger Stimme sagt: „Ich erinnere mich daran, Sie in den Unterricht geschickt zu haben." Das Mädchen grinst frech und winkt dann lässig, bevor sie das Zimmer verlässt. Stirnrunzelnd sehe ich ihr nach, so respektlos wäre an meiner alten Schule niemand gewesen. „Sie müssen Taylor Brown sein", wendet sich die Frau, die ich als Direktorin ausgemacht habe, an mich. Ich nicke und folge ihr in das Büro.

Es ist ein kleiner Raum, der hübsch eingerichtet ist und wesentlich freundlicher wirkt als jedes Zimmer meiner alten Schule. „Ich bin Dr. Brighton, ich habe mit Ihrer Mutter telefoniert. Hier ist Ihr Stundenplan und eine Broschüre mit unseren außerschulischen Angeboten. Ihre Mutter hatte erwähnt, dass Sie tanzen, da haben wir einige Kurse. Es wird für Sie sicherlich eine kleine Umstellung sein, aber ich bin mir sicher, dass Sie sich schnell einleben werden." Ich nickte nur stumm und blätterte durch die Broschüre. „Das wäre erstmal alles, ich bringe Sie gerne in Ihren Klassenraum." Also bleibt mir keine Zeit nach Kursen zu schauen und ich folge Direktorin Brighton durch einige Gänge, die mittlerweile leerer sind. Als sie den Klassenraum betritt wird die zuvor laute Klasse schnell ruhig und alle Blicke richten sich auf mich. Gott wie ich es hasse, das Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein. Ich muss mich kurz vorstellen und ich versuche es durchzustehen, ohne im Erdboden zu versinken.

Ich schaue absichtlich niemanden wirklich an und gehe zügig zu dem noch freien Platz in der letzten Reihe.


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Hey Freunde,

es geht wieder los und ich hoffe, dass ich einige von euch wieder mit mir nehmen kann. Ich versuche euch nicht zu sehr, das Herz zu brechen :D

Auf ein Neues

eure skamy2009

My own heavenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt