Kapitel 32

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POV Taylor

Morgen fahren wir wieder nach Hause. Morgen schlafe ich wieder allein in meinem Bett und morgen muss ich mich wieder verstecken. Mila ist im Bad, während ich an die Decke starre und mein Kopf verrückt spielt. Schon den ganzen Tag kann ich nur daran denken, dass ich eine riesige Sünde begangen habe und es nicht rückgängig machen kann. Beim alleinigen Gedanken an Milas Berührungen, spüre ich jedoch, dass ich es am liebsten sofort wieder tun würde. Es war das schönste Gefühl, das ich je gespürt habe. Ich sollte glücklich darüber sein, dass sie meine Freundin ist. Sie ist der Wahnsinn und ich habe sie gar nicht verdient. Ich wünschte, wir könnten für immer hier bleiben und ich müsste mich nie mehr verstellen. Ich seufze und stehe nochmal aus dem Bett auf. Draußen ist es dunkel und die Sterne glitzern am Himmel. Ich öffne das Fenster und atme die kühle Nachtluft ein. Dann falte ich meine Hände ineinander und sehe in den Nachthimmel. Ich teile Gott meine Gedanken mit, obwohl ich weiß, dass er sie sowieso schon hört. „Ich weiß, du hast mich so erschaffen wie ich bin und hattest einen Plan dabei", flüstere ich und greife an den Anhänger an meinem Hals. Hinter mir knarzt der Holzboden und Mila stellt sich neben mich. Ich erwarte schon, dass sie einen blöden Kommentar abgibt, doch sie sieht nur zum Himmel hinauf. „Manchmal wünsche ich mir, ich würde an etwas glauben", sagt sie leise und streicht über das Fensterbrett. Überrascht muss ich leicht lächeln. Es erfüllt mich mit Wärme, dass sie so offen mit mir redet. „Denkst du, er passt auch auf meine Mutter auf?", fragt sie und ihre Hand zittert leicht dabei. Schnell lege ich meine Hand auf ihre und flüstere: „Ich denke, er beschützt alle, die geliebt werden." Mila lächelt leicht und der Wind erzeugt eine Gänsehaut auf ihrem Arm. Ihre Haare liegen nicht mehr so perfekt, wie den Tag über, doch ich finde es fast noch schöner so. Ohne darüber nachzudenken, hebe ich meine Hand und streiche durch ihre dunklen Strähnen. Ich liebe es, ihre weichen Haare anzufassen und zu wissen, dass das kein anderer darf. Sie sieht zu mir und ihr Lächeln wird breiter: „Spinner." Ich grinse und ziehe sie an ihrer Hand mit zum Bett. Ich kuschele mich halb auf sie drauf und sie lässt es schmunzelnd zu. Sie legt ihren einen Arm unter ihren Kopf, um mich ansehen zu können, mit dem anderen streichelt sie über meinen Rücken. Ewig liegen wir so da und reden. Mila erzählt mir von ihrer Mutter und den schrecklichen Wochen, nachdem sie ihre Familie verlassen hatte. „Noah versteht es noch nicht, aber er wird irgendwann sich selbst die Schuld dafür geben. Immer wenn er fragt, warum Mama nicht wieder kommt, weiß ich nicht welche Lügen ich mir ausdenken soll." Vorsichtig streiche ich über ihren Unterarm und nicke verständnisvoll. Noah tut mir sehr leid und ich kann mir vorstellen, wie schwer es für Mila sein muss. „Es tut mir leid, dass ich dich nie vor Lea verteidigt habe", sage ich ehrlich, weil ich mich deswegen schuldig fühle. Mila sieht mir in die Augen und schüttelt den Kopf: „Ich bin dir nicht böse." Ich seufze: „Du bist mir nie böse, aber darum geht es auch nicht. Du bist mir wichtig, ich sollte dich verteidigen." Milas Augen verengen sich, doch sie sieht nicht wirklich ernst aus. „Ich kann sehr wohl böse auf dich sein", protestiert sie. Ich lache und nicke ironisch: „Sicher." Ich weiß mittlerweile genau, dass Milas harte Art nur ein Schutzmechanismus ist und sie mich immer beschützen wird. „Jetzt gerade werde ich böse auf dich", sagt sie und tut so, als wäre sie eingeschnappt. Schnell ziehe ich sie zu mir und küsse sie. Sie erwidert den Kuss sofort und zieht mich auf sich. Ich liebe ihre Nähe und es macht mich traurig, dass ich morgen nicht mehr neben ihr schlafen kann. Als ich mich von ihr löse, stupse ich mit meinem Zeigefinger auf ihre Nase und flüstere: „Wirst du nicht." Sie schließt ihre Arme fest um mich und haucht: „Du spielst mit unfairen Mitteln." Ich grinse und sie zieht mich wieder zu sich in einen innigen Kuss. Als sie meine Haut unter meinem Shirt streichelt, löse ich mich von ihr und sehe auf den Wecker. „Wir sollten schlafen", sage ich, was nur die halbe Wahrheit ist. Ich weiß genau, dass ich Mila nicht widerstehen kann, wenn sie mich so berührt. Ich sehne mich sehr danach, ihr wieder so nah zu sein, aber ich darf es nicht. Schnell rolle ich mich von Mila herunter und lege mich ein Stück von ihr weg. Der Mond scheint heute Nacht in unser Zimmer, sodass ich gut sehen kann, dass sie mich mustert.

„Tay?", fragt sie und ich weiß schon, dass sie mich wie immer durchschaut. Ich brumme nur als Antwort und sehe an die Decke. „Bereust du die letzte Nacht?", fragt sie und ihre Stimme ist nicht so klar, wie sonst. Ich schüttele sofort den Kopf, denn ich bereue nicht eine Sekunde. Es ist viel mehr so, dass es mich überfordert. Ich war in meinem Leben noch nie zuvor mit jemandem so intim. Ich war auf einer katholischen Mädchenschule, das Wort Sex hat in meinem Wortschatz keinen Platz gehabt. „Ich wollte dich zu nichts drängen", murmelt Mila und wirkt so, als würde sie sich selbst Vorwürfe machen. Wie konnte ich jemals denken, dass sie ein egoistischer Mensch sein könnte? Sie ist vermutlich der sensibelste Mensch, den ich kenne, auch wenn sie es keinem zeigt. Wenn sie so ist, entflammt es mein Herz und ich spüre genau, dass ich zu viel für sie empfinde. Viel mehr als ich darf und als gut für mich wäre. „Es ist einfach nur neu für mich", sage ich, um ihr die Sorgen zu nehmen. Sie dreht ihren Kopf zu mir und mustert mich prüfend. „Es war dein erstes Mal?", fragt sie vorsichtig und ich muss fast etwas lachen. „Komm schon, du hast mich doch schon als Jungfrau abgestempelt, als ich das erste Mal beim Boxen war." Ich erreiche mein Ziel, Mila zum Lachen zu bringen und ihre Augen strahlen wieder. „Du bist so blöd", sagt sie und haut mir leicht gegen den Arm. Ich grinse und rücke wieder näher zu ihr. „Nee jetzt komm hier nicht so an", neckt Mila mich, doch ich kuschele mich an sie und sie lässt es zu. Ihr Duft umhüllt mich sofort und ihr Körper wärmt meinen. Ich wünschte, diese Nacht würde ewig andauern. „Ich will nicht nach Hause", flüstere ich und verschränke meine Finger mit Milas. Sie seufzt und gibt mir einen Kuss auf den Haaransatz. „Wir schaffen das", flüstert sie und ich glaube ihr.

Ich habe eine Freundin und das kann mir so schnell keiner nehmen.

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