Kapitel 18

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POV Taylor

Am Sonntag sitze ich mit meinen Eltern in der Kirche und versuche, dem Gottesdienst zu folgen. Allerdings fällt mir das diesmal schwerer als sonst und der Grund dafür hat grüne Augen und einen kleinen Bruder. Ich kann nicht aufhören, an Mila zu denken und daran, wie sich ihre Lippen auf meinen anfühlen. Keine Ahnung, was gestern in mich gefahren ist, dass ich sie einfach geküsst habe. Jetzt kann ich wohl kaum mehr so tun, als würde ich es nicht wollen. Wie soll ich ihr klar machen, dass zwischen uns nichts sein darf? Wie soll ich es mir selbst überhaupt klar machen, wenn ich doch gerade nur daran denke, wann ich sie wieder sehen kann. Ich denke sogar schon an mögliche Zufälle, durch die wir uns über den Weg laufen könnten. Ich wünschte Sam wäre hier und würde mir eine runterhauen, damit ich wieder klar denke. Beim Glaubensbekenntnis fühle ich mich, als würde ich lügen und den ganzen restlichen Tag gehe ich meinen Eltern aus dem Weg.

Als meine Gedanken abends immer noch genauso laut sind, schnappe ich mir Sportklamotten und gehe joggen. Ich nehme die gleiche Runde wie beim letzten Mal und muss automatisch grinsen, als ich eine Person vorm alten Kino sitzen sehe. „Dancingqueen", begrüßt sie mich, als ich vor ihr zum Stehen komme. Sie hat wieder das Lächeln drauf, was sie echt cool aussehen lässt und was mir zeigt, dass sie sich in meiner Nähe wieder wohl fühlt. „Käpt'n", erwidere ich und tue so, als würde ich meinen nicht vorhandenen Hut anheben. Sie grinst und rückt etwas, um mir Platz auf der Bank zu machen. „Was führt dich her?", fragt sie und mustert mich von der Seite. Ich zucke die Achseln und sage: „Gott." Kurz sieht Mila wirklich verdutzt aus, dann muss sie lachen. Ich schmunzele und schnipse ihr gegen die Stirn: „Wann verstehst du endlich, dass religiös nicht automatisch verklemmt bedeutet?" Sie grinst und schlägt meine Hand leicht weg. Ich mag es, wenn sie so beflügelt wirkt und nicht wie in der Schule gestresst.

„Du hast also keinen Freund?", fragt sie wieder etwas ernster und sieht mir in die Augen. Ihre Hand liegt noch immer auf meiner und ich streichele leicht über ihren Daumen. Ihren Fingern sieht man an, wie viel Arbeit sie jeden Tag hat und kleine Farbkleckse verraten, was sie heute mit Noah gemacht hat. „Ich hatte nie einen, Lea hat mich nur genervt", gestehe ich und Mila lächelt verständnisvoll. „Du hättest es mir sagen können", sagt sie und ich weiß, dass sie Recht hat. Ich vertraue ihr, aber das will ich nicht zugeben. Ich lehne mich etwas näher zu ihr und mustere ihr hübsches Gesicht: „Ich dachte eigentlich, dass du mich nicht leiden kannst." Ihr Blick fällt kurz auf meine Lippen, dann sieht sie wieder in meine Augen und raunt: „Vielleicht beruht das ja auf Gegenseitigkeit." Ich weiß nicht, ob ich mich vorlehne oder ob wir es beide tun, doch unsere Lippen treffen sich. Ich lege wie von selbst meine Hand auf ihre Wange und sie schlingt ihren Arm um meine Hüfte, um mich dichter zu sich zu ziehen. Das lasse ich zu gerne zu und auch, dass sie anfängt mich mit Zunge zu küssen. Unser Kuss fühlt sich vertraut und sicher an, ein bisschen verboten und trotzdem als wäre er das Unschuldigste der Welt. Meine Haut kribbelt und ich spüre die Endorphine durch meinen Körper schießen. Wenn ich nur noch eine Sache in meinem Leben tun könnte, würde ich Mila küssen. Dieses Gefühl lässt sich mit nichts vergleichen und ich bin absolut süchtig danach. Als ich mich kurz von ihr löse, um Atem zu schnappen, sind ihre Wangen leicht gerötet. Mir fällt erst jetzt auf, dass ich mittlerweile auf ihrem Schoß sitze und meine Hand an ihrer Hüfte liegt. Ich lehne meine Stirn gegen ihre und schließe meine Augen. Für eine Sekunde will ich diesen Moment genießen und in mein Herz einschließen. Diesen Moment kann mir keiner nehmen. „Schon okay", flüstert Mila mir zu und streichelt meine Wange. Als ich mich von ihr löse, ist ihr Blick voller Wärme und Zuneigung. Wie konnte ich jemals denken, dass dieses Mädchen nicht liebenswert ist? Ich stehe auf und sehe in ihren Augen, dass sie nichts von mir erwartet und mich nicht unter Druck setzen wird. Die Art, mit der sie mich ansieht, macht es mir umso schwerer, zu gehen. „Wir sehen uns morgen", sage ich und spüre ihr Lächeln in meinem Rücken, als ich mich auf den Heimweg mache. Dieses Mädchen hat meinen Kopf verdreht und ich weiß nicht, wie ich mich dagegen sträuben soll.

POV Mila

Am Montagmorgen kommt Anna sofort zu mir und erzählt von ihrem Konzert. Ich höre ihr zu und freue mich für sie, es scheint unfassbar gewesen zu sein. Ich verspreche ihr beim nächsten Mal mitzukommen, was sie erstmal zufrieden stellt. „Aus dem Weg, ihr Loser", unterbricht Lea unser Gespräch und schubst uns auseinander. Ich verdrehe die Augen, als sie mit ihren Anhängseln zwischen uns durch in die Klasse läuft. Wie kann man so eine blöde Person sein? Meine Laune verschlechtert sich, obwohl ich heute Mal früh genug in die Schule gekommen bin. Dann spüre ich jedoch eine Hand an meinem Rücken und Atem an meinem Ohr. „Hey Loser", flüstert Taylor mir zu und folgt den anderen. Ich versuche ein Grinsen zu unterdrücken, doch Anna mustert mich kritisch. Als die anderen weg sind, kommt sie wieder zu mir und hält mich fest, bevor ich in die Klasse kann.

„Ist am Wochenende irgendwas passiert?", fragt sie und ich versuche ihrem prüfenden Blick aus dem Weg zu gehen. „Versuch gar nicht erst, mich anzulügen", sagt Anna mit Nachdruck und ich weiß, dass das eh keinen Sinn hätte. Ich kratze mir an meinem Hinterkopf und seufze: „Wir haben uns geküsst, aber das ist ja nichts Besonderes." Anna zieht fragend eine Augenbraue hoch und haut mir dann leicht gegen die Schulter: „Du weißt genau, dass du die Finger von ihr lassen solltest. Wenn du sie fallen lässt, wird Lea dir dein Leben zur Hölle machen." Ich hebe abwehrend die Hände und erwidere: „Ich habe nicht vor, sie fallen zu lassen." Verwirrt runzelt Anna die Stirn und mir ist klar, was sie denkt. Ich habe Mädchen immer nur benutzt, um meinen Stress abzubauen. Nie habe ich irgendwen an mich herangelassen, weil ich selbst ein einziges Chaos bin. Deshalb nimmt mir keiner ab, dass ich jemanden wirklich kennenlernen will. Nicht mal meine beste Freundin traut mir zu, dass ich es ernst meine. Taylor wird vermutlich auch oft genug gesagt bekommen, dass ich ein Arschloch bin. Das stimmt vermutlich auch, aber ich habe nicht vor, sie zu verletzen. Ich habe das Gefühl, dass es diesmal anders sein könnte und dass Taylor in mir auch etwas anderes sieht. Die Mädchen, mit denen ich in den letzten anderthalb Jahren geschlafen habe, waren angetan von dem, was ich vorgebe zu sein. Ein Mädchen, das selbstbewusst und stark ist, das sich nichts sagen lässt und alles bekommt, was es will. Taylor weiß schon jetzt mehr über mich, als jedes andere Mädchen zuvor und sie weiß, dass ich Probleme habe. Trotzdem scheint sie mich zu mögen und das würde ich nicht so einfach hergeben.

„Ich hoffe, du weißt, was du tust", sagt Anna und sieht jetzt eher besorgt aus. Ich nicke schnell und schiebe sie in die Klasse, um das Gespräch zu beenden.

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