Kapitel 14

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POV Taylor

Abends besuche ich Nick und lerne seine Eltern kennen. Sie sind wirklich freundlich und kennen sich erstaunlich gut mit meinem Glauben aus. Sie erinnern mich etwas an meine Eltern und mir wird bewusst, wie sehr Nick sich vermutlich oft verstellen muss. Als wir später allein in seinem Zimmer sind, fragt er mich, wie das Training mit Mila läuft. „Ziemlich gut eigentlich, wir verstehen uns." Er runzelt die Stirn und seufzt dann: „Ich hoffe, du verstehst sie nicht falsch. Mila freundet sich mit niemandem an und bestimmt nicht mit einer Tänzerin." Verwirrung macht sich in mir breit, wie meint er das? Er sieht, dass ich seine Andeutung nicht verstehe, also redet er weiter. „Du bist ihr Typ. Sie hatte schon mit ein paar Tänzerinnen irgendwelche Bettgeschichten und hat sie danach nicht mehr beachtet. Mila weiß ziemlich genau, was sie machen muss, um die Mädchen zu verführen. Ehrlich gesagt bin ich davon immer wieder beeindruckt." Ich denke über seine Worte nach, sage aber gleich: „Selbst wenn, ich lasse ganz bestimmt nichts zu." Er lächelt und nickt: „Ich weiß, sei trotzdem vorsichtig. Ich will nicht, dass du verletzt wirst." Seine Sorge rührt mich und ich lächele ihm dankbar zu.

Seine Worte lassen mich den ganzen Abend nicht mehr los und es verunsichert mich ziemlich. Auch am nächsten Morgen in der Klasse, muss ich noch daran denken. Mila ist wie immer zu spät gekommen und sitzt seitdem zurückgelehnt an ihrem Handy. Wie immer passt sie nicht auf und ich frage mich wirklich, wie sie die Klasse überstehen soll. Bestimmt hat es einen guten Grund, dass sie so abgelenkt ist, aber sie wird sich alle Noten versauen. Ich versuche mich auf den Stoff zu konzentrieren, vielleicht kann ich ihr ja meine Notizen später geben. Allerdings ist sie in der Pause schneller weg, als ich überhaupt mitkriege, sodass ich zu Lea und den anderen gehen muss. „Lass dich nicht von Milas Stimmung runterziehen, die ist immer so", sagte Lea zu mir und tätschelt meine Schulter. Ich nicke nur stumm und denke mir meinen Teil. Ich weiß schließlich genau, dass Mila nicht immer so ist und es Gründe hat, wenn sie schlecht drauf ist. Es macht aber wohl keinen Sinn, Lea davon irgendetwas zu erzählen. Ich rede mich bei Lea wegen gestern mit einer Ausrede raus und sie nimmt es so hin. Sie braucht mich in ihrer Choreo und das weiß sie. Trotzdem merke ich, dass ich besser aufpassen muss, weil mein Leben hier sonst schwerer wird, als es sein muss. Ich sehe Mila auch nach der letzten Stunde nicht mehr, was vielleicht besser so ist. Nicks Worte schwirren immer noch in meinem Kopf herum und verunsichern mich. Mila hat nie versucht, mir irgendwie näherzukommen. Tatsächlich kann ich mich daran erinnern, dass ich sie auf der Party fast schon bedrängt habe. Ich sollte wirklich keinen Alkohol trinken. Sie ist allerdings gar nicht darauf eingegangen, was wohl dafür spricht, dass sie kein Interesse an mir hat. Dieser Fakt sollte mich erleichtern, aber ein Teil von mir ist damit nicht zufrieden. Ich muss endlich aufhören diese Gedanken zu haben, sie sind falsch. Während ich das Kreuz an unserer Flurwand betrachte, fühle ich mich schuldig. Ich muss diese Gefühle in mir kontrollieren und unterdrücken. Ich will meine Eltern stolz machen und keine Sünden begehen.

POV Mila

Wie fast jeden Tag komme ich exakt beim Klingeln in der Klasse an und lasse mich erschöpft auf dem Stuhl nieder. Ich sehe zu Taylor rüber, doch sie redet mit ihrer anderen Sitznachbarin. Gestern habe ich gar nicht mit ihr geredet, was mir im Nachhinein leid tut. Einerseits, weil es meinen Tag vielleicht erträglicher gemacht hätte und andererseits, weil sie mir nichts getan hat. Ich will es mir nicht mit dem einzigen Menschen verscherzen, den ich seit langem mal wieder einigermaßen leiden kann. Ich musste mich gestern darum kümmern, dass mein Vater ins Krankenhaus kommt. Er hatte eine Schlägerei in einer Bar, die in der Nähe meiner Bar ist und hat ordentlich was abbekommen. Es fiel mir schwer, Noah die Situation zu erklären, während sie mich selbst ziemlich belastet. Zum Glück habe ich heute Training und kann meine Aggressionen etwas rauslassen. Der Unterricht zieht sich, doch ich versuche heute etwas besser aufzupassen. Anna mustert mich in der Pause prüfend, lässt mir aber wie immer meinen Freiraum. Wir rauchen auf dem Schulhof und Anna erzählt von dem Konzert, auf das sie am Wochenende geht. „Sicher, dass du nicht mit willst?", fragt sie und sieht mich besorgt an. Ich schüttele den Kopf und murmele: „Alles gut." Mal davon abgesehen, dass ich meinen Bruder nicht allein lassen kann, kann ich mir schöneres vorstellen, als auf einem Konzert das fünfte Rad am Wagen zu sein. Anna geht dort mit ihrem Freund hin, der nur selten hier ist, weil er bereits studiert. Ich finde ihn ziemlich anstrengend, aber Anna ist glücklich mit ihm, also akzeptiere ich es. Er ist einer dieser Medizinstudenten, die sich viel zu viel auf ihren Namen einbilden und immer so reden, als wärst du ihrem IQ nicht gewachsen. Manchmal frage ich mich, warum er sich mit jemandem abgibt, der noch nicht mal Abi gemacht hat. Dann erzählt mir Anna allerdings, was bei den beiden im Bett abgeht und es erklärt sich von selbst.

„Deine Tänzerin starrt dich übrigens ständig an", meint Anna irgendwann und ich runzele die Stirn. Ich schaue zum Tisch von Lea und ihren Freundinnen und sehe, dass Taylor auch dort sitzt. Sie sieht aus, als würde sie Lea kein bisschen zuhören und stattdessen herumträumen. Ihr Blick schweift über den Schulhof und trifft kurz meinen. Ich will ihr schon zulächeln, doch sie wendet den Blick sofort wieder ab und schaut auf ihre Hände.

„Sie ist nicht meine Tänzerin", murmele ich und stehe beim Klingeln auf, um die letzten beiden Stunden über mich ergehen zu lassen.

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