Kapitel 34

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POV Taylor

Das Tanztraining dauert mir heute viel zu lang, vor allem, weil Lea ständig alle kritisiert. Sie wirkt ziemlich durch den Wind und ich habe das Gefühl, dass dahinter ein Junge steckt. Ich höre bei dem Tratsch meistens nicht zu, doch am häufigsten haben wir über Jonathan Brooks geredet. Er ist Basketballer und viele Mädchen finden ihn super heiß. Ich habe ihn vielleicht zwei Mal gesehen seitdem ich auf der Schule bin und er hat mir nicht den Kopf verdreht. Das könnte aber natürlich auch daran liegen, dass ich auf das Mädchen stehe, auf das laut Nick auch fast jeder schon mal geflogen ist. Als ich neulich mit ihm Mittag gegessen habe, hat er mir von Milas Zeit in der Mittelstufe erzählt. Davon, dass sie eine Zeit lang mit niemandem geredet hat und Anna die erste Person war, die sie wieder etwas aus der Down-Phase herausgeholt hat. Mila hat mir am Wochenende erzählt, wie schlimm die Zeit war, nachdem ihre Mutter sie verlassen hat. Sie hat mir allerdings nicht erzählt, wie sie in den letzten Jahren drauf war. Scheinbar hatte Nick schon auf seiner alten Schule von ihr gehört, weil einige Freunde von ihm auf sie standen. Ihre Art schien für viele einfach anziehend gewesen zu sein, sodass sie im Grunde jedes Wochenende jemanden abschleppen konnte. Hin und wieder sei das auch passiert in der Oberstufe, doch es gab auch oft Zeiten, in denen sie alles abgeblockt hatte. Ich glaube Nick, was er sagt, aber ich möchte, dass Mila es mir selbst erzählt. Außerdem ist es mir egal, dass sie vor mir mit vielen Mädchen etwas hatte. Es macht mich natürlich nervös, dass ich so unerfahren bin, aber das würde es auch, wenn sie weniger Erfahrung hätte. Ich weiß, dass Vergebung eins der wichtigsten Dinge ist und ich würde nie nachtragend sein. Mila arbeitet in einer Bar, sie wird versucht haben einen anderen Weg zu finden, ihre Wut herauszulassen. Ich verstehe mittlerweile, warum das Boxen ihr so wichtig ist und kann mir gut vorstellen, dass sie auch mal körperliche Nähe brauchte.

„Pause", schreit Lea verärgert und geht genervt zu einer Bank. Wir anderen setzen uns kurz hin und trinken etwas. Vera sitzt neben mir und schnappt sich ihr Handy. Sie entsperrt es und aus Zufall sehe ich, mit wem sie schreibt. Sofort spüre ich ein ungutes Gefühl in mir und meine Augen verengen sich. Wieso schreibt sie mit Mila? Ich erinnere mich daran, dass Mila vorhin am Handy war, als ich zu ihr kam. Ich spüre in mir deutlich, dass mich dieser Chat nicht kalt lässt. Ich bin wütend, verletzt und eindeutig eifersüchtig. Ich versuche es mir nicht anmerken zu lasse, doch Vera sieht meinen Blick. Schnell steckt sie das Handy weg und lehnt sich zu mir. „Bitte sag es Lea nicht, sie war echt sauer, als ich letztes Jahr mit ihr mitgegangen bin", flüstert sie mir zu und hat meinen Blick eindeutig falsch gedeutet. Sie denkt wohl, dass ich hinter Lea stehe und deswegen böse gucke. Ich zwinge mich zu einem Lächeln und nicke ihr zu: „Alles gut." Sie lächelt dankbar und ich versuche, ihr nicht aus Versehen ins Gesicht zu schlagen. Es ist falsch von mir, wütend auf sie zu sein, wo sie doch keine Ahnung von meinen Gefühlen für Mila hat. Ich sollte viel mehr sauer auf meine Freundin sein, die scheinbar noch mit ihren verflossenen Liebschaften schreibt. Den Rest des Trainings bin ich ziemlich unkonzentriert, aber es ist mir auch egal. Lea freut sich eh darüber, wenn ich Schritte falsch mache.

Genervt laufe ich nach dem Training zum Bus und er ist wie immer montags ziemlich voll. Mila hält den Platz neben sich frei, was mich unterbewusst ziemlich freut. Ich versuche, meine Eifersucht herunterzuschlucken und setze mich zu ihr. Sie ist an ihrem Handy und sieht kurz zu mir auf. „Hey", murmelt sie und wirkt, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz woanders. Sofort muss ich an Vera denken und es macht mich innerlich rasend. Schreibt sie gerade mit ihr? Genervt hole ich mein eigenes Handy heraus und schreibe mit Sam. Sie erzählt von ihrem Typen und es lenkt mich etwas ab. „Wie war Tanzen?", fragt Mila mich, ihre Konzentration hat jedoch immer noch das Handy. Ich zucke nur die Achseln und meine: „Ganz okay." Zum Glück ist der Bus nach einigen Minuten an meiner Haltestelle und ich kann aussteigen. „Bis dann", sage ich genervt und bei meinem Tonfall sieht Mila zum ersten Mal wirklich zu mir. Jetzt ist es allerdings zu spät, denn ich springe aus der Tür an die frische Luft. Ich laufe mit schnellen Schritten die Straße herunter und fummele meine Kopfhörer aus meiner Jackentasche. Der Tag heute nervt mich einfach und ich hoffe, dass meine Eltern noch an der Arbeit sind. Ich habe keine Lust auf Smalltalk und so zu tun, als wäre alles toll.

„Tay, warte", höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir rufen und ich drehe mich verwundert um. Mila ist mir nachgelaufen, der Bus ist schon weiter gefahren. Verwirrt runzele ich die Stirn: „Was machst du?" Sie seufzt und steckt ihr Handy weg. Dann fährt sie sich durch ihre kurzen Strähnen und fragt: „Ist alles okay?" Ich murmele: „Ja alles gut." Ich sehe sofort, dass sie mir kein Wort glaubt, doch ich drehe mich einfach weg und gehe weiter. „Tut mir leid, dass ich so abgelenkt bin. Ich muss was wichtiges klären." Genervt verdrehe ich die Augen, während sie mir hinterherläuft. „Vera hat mir das schon erläutert", sage ich zickiger als geplant und gehe noch etwas schneller. Kurz bleibt Mila stehen, doch dann holt sie mich schnell ein und hält mich am Arm fest. „Jetzt warte mal, was meinst du?", fragt sie verwirrt und ich versuche, mich loszureißen. Schnell stellt sie sich vor mich und zwingt mich, sie anzusehen. „Tay, was redest du da?", fragt sie ernst und ich seufze. „Ich habe gesehen, dass du mit ihr schreibst", sage ich beschämt und wütend gleichzeitig. Milas Stirn legt sich verwirrt in Falten und sie schüttelt den Kopf: „Ich habe mit unserer Nachbarin geschrieben, weil mein Vater im Flur etwas beschädigt hat." Meine Wut ist mit einem Schlag erloschen und wird durch Sorge ersetzt. Ich hätte mir doch denken können, dass etwas mit ihrer Familie ist. Wenn sie im Unterricht am Handy war, lag das auch immer an ihrem Vater. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen, weil ich so zickig zu ihr war und sie mir sogar nachgelaufen ist. „Vera hat mir geschrieben, aber die ist mir so egal", sagt sie und mir fällt ein Stein vom Herzen. Es hilft mir ungemein, es aus ihrem Mund zu hören und wischt meine Sorgen weg. „Ist alles okay zwischen uns? Die Busfahrt war das einzige, worauf ich mich heute gefreut habe. Es tut mir leid, dass ich so abgelenkt war", sagt Mila und ich muss lächeln. Ich gehe einen Schritt auf sie zu und schlinge meine Arme um ihren Hals. Dann nicke ich und lege meine Lippen sanft auf ihre. Sie erwidert den Kuss und erst nach einigen Sekunden fällt mir wieder ein, dass wir nur eine Straße entfernt von meinem Haus sind. Schnell löse ich mich von ihr und grinse verschmitzt, meine Wangen sind ganz heiß. Milas Ausdruck ist warm und ich spüre, wie sehr es mich getroffen hätte, wenn sie jemand anderes gut fände. „Jetzt hast du den Bus verpasst wegen mir, soll ich dich irgendwo hinbringen?", frage ich schuldbewusst, doch sie schmunzelt. „Ist schon okay, Noahs Kindergarten ist nur ein paar Straßen entfernt", sagt sie und streichelt mit ihrer Hand meine Wange. Wenn sie mich so ansieht mit ihren dunklen, warmen Augen, spüre ich es deutlich in mir. Ich habe mich in sie verliebt und ich will sie nie mehr hergeben. Sie bringt mich noch zu meinem Gartentor und grinst auf dem Weg: „Du klangst eben ziemlich eifersüchtig. Ist das nicht eine deiner Todsünden?" Ich verdrehe die Augen und haue ihr leicht gegen die Seite, auch wenn sie nicht so falsch liegt. Eifersucht ist etwas Schlechtes und ich bin nicht stolz, sie nicht unterdrückt zu haben. „Ich finde das ziemlich süß", sagt Mila grinsend und will nach meiner Hand greifen, doch ich weiche ihr aus. Sie hebt ihre Hände und sagt: „War nicht so gemeint." Ich schüttele den Kopf: „Ich bin nicht böse auf dich, meine Eltern können uns nur hier sehen." Erkenntnis tritt in Milas Augen und ich sehe genau, wie ihre Pupillen kurz zucken. Es verletzt sie, dass ich sie verstecke und das tut mir weh. Sie hat das nicht verdient, doch ich kann es meinen Eltern unmöglich sagen. „Dann sehen wir uns morgen?", fragt Mila und lächelt schief. Sie ist so lieb und zieht mich mit ihrer Art so sehr an, dass ich sie am liebsten mit mir reinnehmen würde. Ich ziehe sie in eine feste Umarmung und flüstere ihr zu: „Wenn du was brauchst, schreib mir." Sie nickt und drückt mir unbemerkt einen Kuss auf meinen Hals.

Dann zwinkert sie mir beim Gehen zu und ich sehe ihr schmunzelnd hinterher.

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